Bei der Besichtigung einer Baustelle im September 2023
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Rosneft-Chef Igor Setschin (links) und Wladimir Putin
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Unverkäufliches Öl: Wie groß ist der Sanktionsdruck auf Putin?

Unverkäufliches Öl: Wie groß ist der Sanktionsdruck auf Putin?

Bekommt der Kreml den Druck der Sanktionen doch zu spüren? Putins Sprecher hofft jedenfalls "inständig" auf eine Wiederbelebung des Dialogs mit Donald Trump, russische Beobachter spekulieren über einen Verlust der politischen Souveränität Moskaus.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Informationen am Mittag am .

"Offenbar erwies sich die angespannte Lage in den russisch-amerikanischen Beziehungen, die einem abermaligen 'Erfolgsrausch' folgte, für den Kreml weitaus unangenehmer, als er es darzustellen versucht", so der russische Politologe Wladislaw Inosemtsew [externer Link], der in seinem Heimatland als "ausländischer Agent" gebrandmarkt ist. Große Ölmengen seien neuerdings unverkäuflich, die größten Ölkonzerne hätten durch Trumps Sanktionen "irreparable Schäden" erlitten. Das US-Wirtschaftsportal Bloomberg behauptete [externer Link], die Zahl russischer Öltanker auf den Weltmeeren, die ihre Ware in keinem Hafen löschen könnten, habe stark zugenommen.

Deshalb mäßige der Kreml mittlerweile seine Rhetorik, so Inosemtsew: "Offenbar drosselte Wladimir Putin, der die Situation zunächst 'aus Trägheit' noch weiter anheizte, indem er von einer neuen nuklearen Wunderwaffe sprach, sein Tempo deutlich, als klar wurde, dass die USA durchaus zu Atomtests fähig sind und niemand die Sanktionen gegen die russische Ölindustrie aufheben will."

Die Sanktionen hätten "erhebliche Auswirkungen" auf Russland, aber eher indirekt, indem sie die "Bunkermentalität" des Kremls zementierten [externer Link]: "Das System zerstört nun mit Begeisterung seine eigenen Grundlagen – die Privatwirtschaft, die Marktwirtschaft, Informationsplattformen und -Möglichkeiten sowie jegliche Anzeichen von Eigeninitiative."

Kremlsprecher Dmitri Peskow hoffte in einem Interview mit dem US-Nachrichtensender CNN [externer Link] "inständig", dass Präsident Trump weiterhin bereit sei, eine "politische und diplomatische Lösung der Ukraine-Frage zu ermöglichen". Er stellte "neue Möglichkeiten für Handel und wirtschaftliche Zusammenarbeit" in Aussicht und sprach von "sehr vielversprechenden Perspektiven".

"Konzept Russlands ist gescheitert"

Aus solchen und ähnlichen, vergleichsweise zurückhaltenden Äußerungen leitete der Polit-Blogger Dmitri Sewrjukow ab [externer Link]: "Offensichtlich arbeitet die russische Führung mit allen Mitteln daran, den strategischen Dialog mit den USA und Donald Trump wieder aufzunehmen."

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Peter Jungblut

Was die Wirkung der westlichen Sanktionen betrifft, gehen die Meinungen in Russland naturgemäß weit auseinander. An düsteren Bestandsaufnahmen auf den größten Polit-Kanälen mangelt es mit Blick auf stark rückläufige Öl- und Gasexporteinnahmen nicht [externer Link]: "Die aktuelle Situation verdeutlicht die strategische Verwundbarkeit des rohstoffbasierten Wirtschaftsmodells. Trotz hoher Energiekosten verschärft Europa seine Sanktionspolitik weiter, und Russlands Möglichkeiten für eine asymmetrische Reaktion sind begrenzt. Das Konzept Russlands als 'Energie-Supermacht' ist in seiner bisherigen Form gescheitert. Der Verlust wirtschaftlicher Unabhängigkeit führt bekanntlich unweigerlich zum Verlust politischer Souveränität."

"Strikte Einhaltung amerikanischer Vorgaben"

Dieser Sichtweise schließt sich ein weiterer anonymer russischer Beobachter an [externer Link]. Bei den Sanktionen gehe es gar nicht darum, Putins militärische Möglichkeiten, sondern Moskaus Unabhängigkeit einzuschränken: "Die Sanktionen haben Russland in das Lizenz- und Exportkontrollsystem des US-Handelsministeriums und des US-Finanzministeriums hinein gezwungen. Das bedeutet, dass jeder potenzielle Partner Russlands, ob China, Indien, Ungarn, Mexiko oder die Vereinigten Arabischen Emirate, bei der Umsetzung größerer Projekte mit Russlandbeteiligung gezwungen ist, die strikte Einhaltung der [amerikanischen] Vorgaben zu garantieren."

"Russlands Ressourcen sind erschöpft"

Auf einem weiteren anonymen russischen Polit-Kanal mit 100.000 Abonnenten ist besorgt zu lesen [externer Link]: "Angesichts der offensichtlichen Eskalation sucht das russische Außenministerium nach Schuldigen und weigert sich, in der aktuellen, verfehlten Politik auch nur ansatzweise einen Grund für die militärischen Gegenmaßnahmen der Europäer zu erkennen, die stets als zahnlos und nachgiebig galten. Doch nun fehlt Russland ein klarer Waffenvorteil, seine innovativen Technologien brechen buchstäblich in sich zusammen, und seine personellen und finanziellen Ressourcen sind durch Putins langwierigen Krieg erschöpft."

Der Kreml habe sich selbst fatal überschätzt und Trump völlig missverstanden, argumentiert einer der russischen Kommentatoren [externer Link]: "Moskaus Versuch, den Druck auf Washington weiter zu erhöhen, hatte den gegenteiligen Effekt: Trump hat die Zähne zusammengebissen, das Weiße Haus hat einige im Frühjahr und Sommer dieses Jahres getroffene vorläufige Vereinbarungen aufgegeben."

Publizist Alexander Burenkow mahnte seine Landsleute sogar [externer Link]: "Wir müssen den Export von Rohstoffen, vor allem von Öl und Gas, als Triebkraft des Außenhandels aufgeben." Mit den Rupien aus Indien könne Russland ohnehin nichts anfangen, und die Zusammenarbeit mit China ruiniere auf Dauer die russische Industrie.

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