Johannes Buhl tunkt den Pinsel in die weiße Farbe. Im Hof vor dem Wohnhaus im Regensburger Süden herrscht konzentrierte Stille. Ein kurzer Blick auf das Blatt Papier mit der Vorlage, dann beugt sich der 79-Jährige vorsichtig nach vorn über die etwa fenstergroße Blechplatte und setzt den Pinsel an. "Das muss jetzt allmählich spitz zulaufen", sagt er und fährt sachte mit dem Pinsel die Kontur einer Lilie nach, die er auf den blauen Hintergrund gemalt hat.
Die Lilie symbolisiert Reinheit und Marienverehrung. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des offiziellen Wappens von Papst Leo XIV. Das Papstwappen malt Buhl ehrenamtlich für die Basilika St. Emmeram in Regensburg. Dort hat er sich lange als Kirchenpfleger engagiert. "Die Schwierigkeit ist natürlich, dass abschließend eine gewisse Übereinstimmung zwischen meiner Pinselei hier und dem veröffentlichten Wappen auftritt", sagt Buhl.
Das bedeutet das neue Wappen
Das Wappen von Papst Leo zeigt eine Lilie oben links, unten rechts ist ein von einem Pfeil durchbohrtes Herz über einem geschlossenen Buch. Es sind Motive des Augustinerordens, dem Robert Francis Prevost angehört. Von 2001 bis 2013 war er sogar dessen Generalprior, also weltweiter Chef. "Grundsätzlich gehören die Wappen ja in eine andere Zeit. Sie zeigten den Stand und die Herkunft aus einer bestimmten Familie an", sagt Kirchenhistoriker Jörg Ernesti von der Universität Augsburg. Im zwanzigsten Jahrhundert sei das Wappen zu einer Aussage über das Selbstverständnis des jeweiligen Papstes geworden.
Als Beispiel hebt Ernesti den Spruch ganz unten auf dem Wappen hervor: In illo uno unum. Auf Deutsch: In jenem sind wir alle eins. "Die Einheit in der Kirche zu fördern, kommt also im Wappen des aktuellen Papstes besonders stark zum Ausdruck", sagt der Historiker.
Welche Kirchen jetzt ein Wappen-Update brauchen – und warum
Weltweit tragen fast 2.000 Kirchen den Ehrentitel "Basilica minor". Dieser vom Papst verliehene Titel soll zeigen: Hier handelt es sich um ein geistliches Zentrum mit überregionaler Strahlkraft. Darauf weist unter anderem ein Papstwappen hin.
In Bayern nennen die bischöflichen Pressestellen auf Anfrage insgesamt 27 solcher Basiliken. Im Wallfahrtsort Altötting hat längst ein professioneller Kirchenmaler ein zinnernes Wappenschild mit Ölfarben gestaltet, es prangt an St. Anna. In Landshut hat die Mesnerin das Wappen gemalt – doch ihr ist ein Malheur passiert. "Sie hat das Papstwappen von Franziskus übermalt", sagt Pfarrer Joseph Baur. "Dabei sammeln wir die Wappen eigentlich, um sie im Treppenhaus des Pfarrhauses aufzuhängen."
In Straubing verweist der Pfarrer von St. Jakob auf die immer schlechter werdende Finanzlage und schreibt, man könne sich ein neues Wappen nicht mehr leisten. Statt das Wappen von Franziskus hängen zu lassen, habe man schlicht wieder das von Papst Johannes Paul II. aufgehängt. Denn der hatte die Kirche zur Basilika erhoben.
In Regensburg werden letzte Fehler korrigiert
Johannes Buhl in Regensburg hat sie alle schon gemalt: Das Wappen von Johannes Paul II., des großen Marienverehrers, verdeutlicht mit dem großen Buchstaben M. Das Wappen von Benedikt XVI., der seine Heimatverbundenheit mit dem Korbiniansbär unterstrich. Und auch das von Franziskus, mit einem Strahlenkreuz der Jesuiten. Dabei ist er kein Kirchenmaler, sondern hat BWL studiert und einen Handwerksbetrieb geleitet.
Mit dem Wappen von Papst Leo XIV. ist er fast fertig. Fehlt nur noch der Feinschliff bei den immer gleichen Papstsymbolen am oberen Ende. Doch da hat sich Johannes Buhl ein bisschen vermalt: Über den zwei gekreuzten Schlüsseln hat er die Mitra, die bischöfliche Kopfbedeckung, auf der goldene Bänder sind. Eigentlich sind es drei. Die Mitra auf dem Wappen von Johannes Buhl hat vier. Aber kein Problem. Er taucht den Pinsel fix ins Weiß – und übermalt eines.
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