"Ein grauer Tiguan hat uns nicht durchgelassen. Der blaue Skoda hat uns drüber gelassen", sagt Polizistin Monika Zeiler. So ging es am Donnerstag zur Schul-Rush-Hour im Minutentakt. In Marktoberdorf am Mühlsteig stand die Polizei und kontrollierte das Verhalten der Autofahrer. Denn beim Abbiegen an der Einmündung müssen sie halten, um Fußgänger und Fahrradfahrer passieren zu lassen. Nicht nur die Verkehrsordnung, auch ein roter, nicht übersehbarer Streifen weisen darauf hin. Wer ihn missachtet, musste bei der Sonderaktion entweder ein Verwarngeld zahlen oder in eine saure Zitrone beißen.
Grundschüler als Testpersonen
In zwei Teams ging es auf die Straße: Ein Team, bestehend aus zwei Viertklässlern der St.-Martin-Grundschule Marktoberdorf und Zivilpolizistin Monika Zeiler, stand an einer Einmündung zum Schulkomplex Marktoberdorf. Sie waren die Testpersonen und kreuzten immer wieder die Straße, um zu sehen, ob die Autos hielten. Die zehnjährige Mila ist extra um sechs Uhr morgens für die Aktion aufgestanden. "Es ist blöd, wenn die Autofahrer uns ignorieren. Das ist einfach nicht so schön. Da hat man das Gefühl, man berücksichtigt uns Kinder nicht."
Zitrone oder Verwarngeld?
Das zweite Team aus zwei Grundschülern und Polizei stand ein Stück weiter und hielt die Autofahrer an. Wer das erste Team nicht über die Straße ließ, der wurde von Polizisten wie Rudolf Stiening belehrt: "Sie sind gerade an der Einmündung reingefahren und haben Kinder nicht über die Straße gelassen. Deswegen halte ich sie an. Ich biete Ihnen eine Verwarnung von 20 Euro an. Aber für unsere Sonderaktion würde die Mila Ihnen noch ein anderes Angebot machen." Mila steht schon mit einem kleinen Glas mit einer Zitronenscheibe bereit. "Also Sie können jetzt 20 Euro zahlen oder in die Zitronenscheibe beißen."
Ein Dankeschön fürs Aufpassen
In einer dreiviertel Stunde wurden 24 Verkehrssünder erwischt, die nicht gehalten hatten. Eine Person zahlte das Verwarngeld, die anderen bissen tapfer in die Zitrone. Verständnis hatten sie größtenteils, so wie Ismael: "Man ist noch gut davongekommen. In Zukunft pass' ich da besser drauf auf", "es ist mir ganz peinlich, sonst achte ich da schon drauf, tut mir leid", sagte ein Lehrer der Mittelschule.
Diejenigen, die für die Kinder gestoppt haben, wurden auch angehalten – aber um ihnen zu danken. "Sie haben gerade die Kinder über die Straße gelassen, vielen Dank." Als Belohnung gab es ein Bonbon.
Sonderaktion: Sensibilisieren statt Gelder einkassieren
Der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Marktoberdorf Frank Von der Wehd schaut positiv auf die Aktion: "Wir wollen die Leute sensibilisieren, wenn wir bei einem guten Prozentsatz das dauerhaft in Erinnerung rufen, ist allen geholfen, generell beim Abbiegen."
Sensibilisieren ist wichtig: Der neunjährige Maurice hat schon schlechte Erfahrungen mit rücksichtslosen Autofahrern machen müssen: "Meine Mama und ich waren mit dem Fahrrad unterwegs auf dem Zebrastreifen. Und dann hat einer angehalten und hat meine Mama rübergelassen, dann bin ich auch gefahren. Und bei der Hälfte, wo ich da war, hat er einfach wieder Gas gegeben."
Die Schülerinnen und Schüler sind zufrieden mit ihrer Arbeit und der Aktion: "Es wurden schon viele rausgezogen", beschreibt es Mila. "Ich finde die Idee super gut, weil die Leute sich dann einfach merken, 'okay ich habe sie jetzt nicht rübergelassen und das nächste Mal muss ich es halt besser machen". "Ich fand's gut, weil es den Kindern hilft über die Straße zu gehen", so Leopold. Mila hat noch einen Appell: "Jetzt passt auf im Straßenverkehr, schaut nicht auf eure Handys oder macht was anderes und achtet auf uns Kinder!"
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