Menü in einer Bowl im Zukunftsmuseum Nürnberg
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Dieses "social-media-fähige" Gericht repräsentiert in der Sonderausstellung "Essen neu denken. NewFoodSystems" die kulinarische Gegenwart.
Bildrechte: BR/Inga Pflug
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Dieses "social-media-fähige" Gericht repräsentiert in der Sonderausstellung "Essen neu denken. NewFoodSystems" die kulinarische Gegenwart.

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Wie wir in Zukunft essen (könnten) – Schau im Zukunftsmuseum

Wie wir in Zukunft essen (könnten) – Schau im Zukunftsmuseum

Klimafreundlich, gesund und fotogen – so könnte das Essen der Zukunft aussehen. Schmecken sollte es freilich auch. Um all das auf einem Teller zu vereinen, sind noch ethische und technische Tücken zu meistern, zeigt das Zukunftsmuseum in Nürnberg.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Morgen am .

Vom Toast Hawaii über Dosenravioli, den Sonntagsbraten oder die Insta-taugliche Sushi-Bowl: Essen und was wir gerne essen, hat sich schon immer gewandelt und das wird auch künftig so sein – aus unterschiedlichen Gründen. "Das sehen wir allein, wenn wir auf die letzten Jahrzehnte schauen. Was wir damals gegessen haben, was wir jetzt essen", sagt die Kuratorin der Sonderausstellung "Essen neu denken. NewFoodSystems", Jana Grasser. "Essen muss mittlerweile besser aussehen, es muss fotogen sein, wir wollen es auf Social-Media posten, zum Beispiel. Viele Leute wollen regional und saisonal essen. Und woher mein Lebensmittel kommt, wird in Zukunft wahrscheinlich noch eine wichtigere Rolle spielen."

Das Auge isst mit: Essen mit Social-Media-Faktor

Ein "social-media-fähiges" Gericht repräsentiert in der Sonderausstellung die kulinarische Gegenwart: Angerichtet in einer Bowl, perfekt arrangiert in Farbe und Form – und das Handy griffbereit daneben, unterscheidet es sich optisch deutlich vom Mikrowellen-Gericht der 1980er-Jahre. Ein Drittel der auf Social Media geposteten Inhalte seien Essensdarstellungen, sagt Jana Grasser. Essen heutzutage müsse also gut aussehen. Ein Teller aus Israel beweist in der Ausstellung, wie sehr das Auge inzwischen mitisst: Mit einer integrierten Handyhalterung verspricht die Anrichteschale den stets perfekten Abstand zwischen Kamera und Essen – damit der Gast im Restaurant sein Essen auf die beste Art und Weise in Szene setzen und dann fotografieren kann.

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Dieser Teller aus Israel verspricht, Essen gezielt in Szene zu setzen.

Diskussion erwünscht

Ob solche Teller in Zukunft zum Standard im Restaurant gehören, stellt das Zukunftsmuseum zur Diskussion. Genauso wie zum Beispiel den Ressourcenverbrauch und die Treibhausemmissionen, die hinter einer Mahlzeit stecken: Bei einem Kilo Rindfleisch etwa schlagen 100 Kilogramm klimaschädliches CO2 zu Buche, zeigt eine Schautafel. 326 Quadratmeter Land werden dafür benötigt und mehr als 2.700 Liter Wasser. Ein Kilo Erbsen lässt sich auf gerade einmal sieben Quadratmetern Ackerfläche anbauen – mit nur 400 Litern Wasser und einem Kilo CO2-Ausstoß.

Weitere Themen in der Ausstellung sind die Vermeidung von Abfall schon beim Anbau oder neue, platzsparende Anbaumethoden. Beim Vertical Farming beispielsweise sind Pflanzen vor Wettereinflüssen und Schädlingen geschützt. Weiter zeigt die Schau, dass nicht nur technische Innovationen unseren Speiseplan beeinflussen, sondern auch Lebensmittelskandale – und nicht zuletzt der Geldbeutel.

Pflanzliche Wurst ohne tierisches Knack

Fleisch-Alternativen oder sogenannte Ausweichprodukte haben oft noch ihre Tücken: Leonie Fink vom Innovationsraum "NewFoodSystems", das die Ausstellung mit Ergebnissen aktueller Forschungsprojekte unterstützt hat, nennt als Beispiel die Pelle eines veganen Würstchens: Pflanzliche Proteine sollen den gewohnten "Wurst-Knack" möglichst naturgetreu nachbilden. Beim präsentierten Fall sind die Lebensmittelingenieure an der fehlenden Bratstabilität gescheitert und die Hülle löste sich in der Pfanne auf. "Laborfleisch", also im Reagenzglas gezüchtetes Fleisch, ist noch weit von der Massenproduktion entfernt.

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Noch wenig appetitlich: ein Würfel "Laborfleisch"

Dennoch sind Lebensmittel ein wichtiges Zukunftsfeld – sowohl für die Industrie, als auch für die Wissenschaft. Fink: "Wenn ich jetzt der Erste bin, der das schafft, und mir dann ein Patent draufsetze, dann kann man sich ja auch vorstellen, was dann in den Folgejahren damit geldtechnisch wieder reingeholt oder überhaupt generiert wird. Und von daher ist bei diesen ganzen Themen natürlich ein immenses Forschungsinteresse."

Bauchgefühl entscheidet

Auch Insekten rücken immer wieder als Nahrungsquelle in den Fokus. Ob Konsumenten Neues akzeptieren, hängt viel von kulturellen Einflüssen ab – und vom Bauchgefühl. Essen ist hochemotional, zeigt die Ausstellung. Und so überlässt die Schau es auch jedem, ob und wie der Besucher "Essen neu denken" will. "Die Ausstellung soll zum ethischen Diskurs anregen. Wir möchten, dass unsere Besucher hier ins Gespräch kommen und zum Nachdenken angeregt werden, aber hier soll keiner mit einem schlechten Gewissen rausgehen." Dafür aber mit gestilltem Wissensdurst und Appetit auf Neues.

Umfangreiches Begleitprogramm

Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Mitmach-Programm. Unter anderem sind Interessierte dabei eingeladen, selbst Pilze zu züchten oder Seitan herzustellen. Menschen mit Sehbehinderung steht eine HoloAudio-Tour zur Erkundung der Ausstellung zur Verfügung. Die Sonderschau ist bis zum 1. März 2026 im Zukunftsmuseum zu sehen.

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