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Nächste Transfer-Revolution? Milliarden-Klage gegen FIFA und DFB

Nächste Transfer-Revolution? Milliarden-Klage gegen FIFA und DFB

Nach einem Urteil des höchsten europäischen Gerichts zu Transferregeln droht dem Fußball-Weltverband FIFA und auch dem Deutschen Fußball-Bund DFB eine Milliardenklage. Das Transfersystem könnte vor dem größten Beben seit dem Bosman-Urteil stehen.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport im Radio am .

Die Organisation Justice for Players (JfP) will vor einem niederländischen Gericht Schadenersatz für Fußballprofis erstreiten, denen Gehaltseinnahmen entgangen sind. JfP bezieht sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom vergangenen Oktober. Das höchste europäische Gericht hatte damals entschieden, dass bestimmte Transferregeln der FIFA gegen EU-Recht verstoßen.

Bosman-Anwalt vertritt Kläger Lassana Diarra

Geklagt hatte damals der ehemalige französische Fußballprofi Lassana Diarra, der von der Kanzlei "Dupont - Hissel" vertreten wurde. Der Rechtsanwalt Jean-Louis Dupont erstritt 1995 auch das Bosman-Urteil, das den ablösefreien Wechsel von Spielern nach Ende ihrer Vertragslaufzeit ermöglichte und das Transfersystem revolutionierte.

Dupont-Hissel ist auch an Justice for Players beteiligt. Der DFB bestätigte nun, ein Schreiben zu internationalen Transferregelungen erhalten zu haben. Dieses werde nun intern geprüft, zu den Inhalten wolle sich der Verband derzeit nicht äußern. Die FIFA reagierte bislang nicht auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

EuGH hatte gegen Transferregeln geurteilt

Konkret geht es um den Fall, wenn es zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung kommt und der Spieler dafür von seinem Verein mit einer Strafe belegt wird. Laut den FIFA-Regularien haftete dann auch der Verein, der den Spieler neu unter Vertrag nehmen würde. Diese hätten damit die vom EU-Recht gewährte Freizügigkeit der Spieler und den Wettbewerb zwischen den Vereinen eingeschränkt, rügte der EuGH in seinem Urteil.

Organisation sieht Nachteile für 100.000 Spieler

Die JfP-Verantwortlichen sprechen von immensen Auswirkungen. Die Transferregeln hätten es Spielern jahrzehntelang erschwert, ihre Verträge auch ohne triftigen Grund vorzeitig zu kündigen, schreibt die Organisation. Nach "vorläufigen Schätzungen" seien in der EU um die 100.000 Spieler davon betroffen gewesen, heißt es von der Organisation.

Zudem habe die Untersuchung einer Beratungsfirma ergeben, dass Profi-Fußballer durch die für unrechtmäßig erklärten Transferregeln im Verlauf ihrer Karriere um acht Prozent geringere Gehälter verdient hätten. Woraus sich diese Schätzungen genau ergeben, teilte Justice for Players nicht mit.

Klagen gegen fünf Nationalverbände geplant 

Neben dem Weltverband und dem DFB plane die Organisation auch Klagen gegen die Fußballverbände in Frankreich, Belgien, Dänemark und den Niederlanden. Allen wolle man zunächst bis September die Möglichkeit für Verhandlungen bieten - kommt es dabei zu keiner Einigung, sollen die Klagen Anfang 2026 allesamt an einem niederländischen Gericht eingereicht werden. Nur dort würden die nötigen rechtlichen Bedingungen für die Sammelklagen bestehen, gibt die Organisation an.

Hat die Klage Aussicht auf Erfolg?

Ob die Pläne von Justice for Players Aussicht auf Erfolg haben, ist offen. Sammelklagen müssten eine "ausreichend nahe Verbindung zum niederländischen Rechtssystem" haben, heißt es im Gesetz des deutschen Nachbarlandes - die meisten betroffenen Verbände, darunter die FIFA und der DFB, sind jedoch in anderen Ländern beheimatet.

Weitreichende Folgen für das Transfersystem?

Der Münchner Sportrechtsanwalt Mark-Eduard Orth, zu dessen Mandanten unter anderem internationale Sportverbände, und Bundesliga-Klubs gehören, hatte im Oktober vor dem EuGH-Urteil gegenüber BR24Sport eine gewisse Grundskepsis geäußert, dass es nun zu einer ähnlichen Revolution wie bei Bosman kommen könnte. Der renommierte Sportrechtler Antoine Duval schrieb dagegen, aus seiner Sicht sei es unwahrscheinlich, dass das Transfersystem, wie es aktuell praktiziert wird, Bestand haben werde.

Im Video: Archiv - Das Bosman-Urteil

Vor der Urteilsverkündung stecken der belgische Fußball-Profi Jean-Marc Bosman (m) und zwei seiner Anwälte, Marc Lucan (l) und Jean-Claude Dupont die Köpfe zusammen.
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Vor der Urteilsverkündung stecken der belgische Fußball-Profi Jean-Marc Bosman (m) und zwei seiner Anwälte die Köpfe zusammen.

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