Seit Jan Ullrich hat kein Deutscher mehr die Tour de France gewinnen können. In diesem Jahr liegen die Hoffnungen auf Florian Lipowitz. Der Mann vom bayerischen Team Red Bull-Bora-hansgrohe überzeugt bisher bei seiner Premiere und liegt nach zehn Etappen auf Rang acht der Gesamtwertung - mit nur dreieinhalb Minuten Rückstand auf das Gelbe Trikot.
Lipowitz vorne dabei und happy über Ruhetag
"Ich bin mehr als happy, da vorne mit dabei zu sein", freut sich Lipowitz im Interview mit sportschau.de. Genauso erfreut ist er über den Ruhetag. "Zehn Tage am Stück sind schon kräftezehrend." Dabei deutete zu Beginn der Tour wenig auf diesen Zwischenstand hin. "Vor allem nach den ersten Etappen habe ich mich nicht ganz so gut gefühlt. Ich habe ein bisschen an mir gezweifelt, an meiner Vorbereitung. Aber es hat sich jetzt gezeigt, dass die Form gut ist", erklärt Lipowitz.
Lipowitz merkt gestiegene Erwartungshaltung
Vor der Tour hatte sich Lipowitz mit dem dritten Platz bei der Dauphiné-Rundfahrt angemeldet. Seine starke Form scheint er in den ersten Etappen der Tour bestätigen zu können. Zugleich merkt er die gestiegene Erwartungshaltung: "Ich versuche, das so gut wie möglich auszublenden. Am Ende kann man eh nicht mehr geben als sein Bestes." Für Lipowitz ist es "schön zu sehen, dass man ein bisschen was für den deutschen Radsport machen kann und man den ein oder anderen begeistern kann, aufs Rad zu steigen. Das ist auch irgendwo die Aufgabe von uns Profis."
"Edelhelfer" Lipowitz noch vor Roglic: "Rollenverteilung ist klar"
Bisher kommt der 24-Jährige damit aber gut zurecht und hilft auch seinem Teamkollegen Primoz Roglic. Der slowenische Top-Radprofi liegt derzeit noch sieben Sekunden hinter dem Deutschen. Dennoch gibt sich Lipowitz bescheiden. "Die Rollenverteilung ist ganz klar. Wir müssen einfach Tag für Tag schauen. Primoz hat gezeigt, dass es ihm von Tag zu Tag besser geht. Gestern war er auch super stark und die längeren Berge liegen ihm. Da versuche ich dann, ihn so gut wie möglich zu unterstützen." Er sehe sich eher als "Edelhelfer" denn als "Co-Kapitän" stellt Lipowitz klar.
Auch sonst gibt sich der ehemalige Biathlet Lipowitz bescheiden und meldet keine Ansprüche an: "Es ist erst mein sechstes Jahr überhaupt im Radsport, ich bin seit zweieinhalb Jahren in diesem Team. Ich kann noch viel lernen, vor allem von einem Fahrer wie Primoz", weiß der 24-Jährige. "Er hat schon so viel gewonnen in seinem Leben, da hat er auf jeden Fall den ein oder anderen Tipp. Wir kommen ganz gut miteinander aus. Wir kommen beide vom Wintersport, das verbindet vielleicht auch ein bisschen." Roglic war vor seiner Radsport-Karriere Skispringer.
Lipowitz: "Ich bin jemand, der gerne mal etwas riskiert"
Lipowitz ist ein junger aufstrebender Fahrer. Geht es nach seinem Teamchef Rolf Aldag manchmal noch etwas zu ungestüm. Man müsse Lipowitz manchmal zügeln, gab Aldag jüngst zu Protokoll. Lipowitz gibt sich auch hier demütig. Natürlich sei er "unerfahren", weiß der deutsche Hoffnungsträger. Zugleich sei er aber "vom Fahrertyp jemand, der lieber mal was probiert. Auch wenn es vielleicht unnötig ist oder ich unnötig Energie verschwende", so Lipowitz. "Einfach zu warten, bis Jonas und Pogacar was machen, und dann versuchen hinterherzufahren - dann kommt man irgendwo auf Platz fünf oder zehn ins Ziel. Ich bin jemand, der lieber mal was riskiert und dann vielleicht auch mal verliert."