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"Wie ein abgestochener Vogel": Wellinger verliert den Anschluss

"Wie ein abgestochener Vogel": Wellinger verliert den Anschluss

Völlig überraschend hat der Oberbayer Andreas Wellinger, Deutschlands Vorzeigespringer der Vorjahre, zum Start der neuen Skisprung-Saison den Kontakt an die Weltspitze verloren - was wohl auch am neuen Reglement liegt.

Über dieses Thema berichtet: BR24Sport im Radio am .

Der ARD-Skisprung-Experte Sven Hannawald hatte sich am ersten Wochenende der neuen Skisprung-Saison schon ein paar Sprünge von Andreas Wellinger angesehen, als er am Sonntagnachmittag in Lillehammer ein erstes Urteil zu den Sprüngen des Oberbayers abgab: "Der Ski hängt nach wie vor tot am Fuß", sagte Hannawald. Bei allem Hin- und Herüberlegen, so leicht werde das nicht, dass Wellinger es in den kommenden Wochen direkt wieder zurück in die Weltspitze schafft. "Wenn es ganz unten ist, dann kann es ja nur noch bergauf gehen", sagte Wellinger selbst in der Sportschau.

Denn der Olympiasieger von 2014 (Team) und 2018 (Normalschanze) hat einen heftigen Fehlstart hingelegt in diesen Weltcup-Winter. Nach dem ersten Wochenende kann Wellinger, der mit Abstand stärkste deutsche Skispringer der Vorjahre, noch gar keine Punkte vorweisen - und das ausgerechnet in der so wichtigen Olympia-Saison. Am Sonntag konnte er sich nicht für den zweiten Durchgang qualifizieren, am Samstag verpasste er als Qualifikations-56. gar den gesamten Wettkampf.

"Es ist für den Arsch", sagt Wellinger

"Es ist für den Arsch, was ich fabriziere gestern und heute", sagte Wellinger nach einem 110-Meter-Hüpfer am Samstag. "Ich hänge über dem Eck wie ein abgestochener Vogel. Es ist keine Leichtigkeit. Skispringen verzeiht momentan keine Fehler, da mache ich zu viele davon." Dem 30-jährigen Modellspringer der Vorjahre ist die Leichtigkeit, die die Skispringer so sehr wie wenige andere Athleten zum erfolgreichen Abschneiden verhilft, abhandengekommen. Sie ist stattdessen ein klein wenig der Ratlosigkeit gewichen.

Für Hannawald kommt der überraschende Leistungsabfall von Wellinger dagegen gar nicht so überraschend. Denn einerseits habe er im Sommer schon beobachten können, dass sich Wellinger aktuell schwertut. Und andererseits haben sich die Regeln der Skispringer nach der vergangenen Saison verändert, die Anzüge sind insgesamt enger geschnitten. "Das gibt es leider ab und zu mal. Es gibt Springer, die passen besser in ein neues Reglement. Dann gibt es Springer wie Wellinger, die reingepasst haben und jetzt passt grundsätzlich irgendwie nichts mehr zusammen."

Wellinger vermisst die hohe Flugbahn der Vorjahre für weite Flüge

Wellinger selbst stimmt dem Vierschanzentournee-Sieger von 2002 zu. Im Gegensatz zu den Vorjahren komme er nach dem Absprung nicht in die obere Flugbahn, die er für lange Flüge so sehr braucht wie wenige andere. "Der Airliner beschleunigt auf der Startbahn aber er hält nie die Nase oben, dass er Höhengewinn bekommt. Genauso ist mein Sprung im Moment und dann hänge ich mich raus wie ein abgestochener Vogel", erklärt der 30-Jährige.

Es ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für eine Formkrise. Schließlich wollte Wellinger, das hatte er in den vergangenen Wochen betont, in diesem Jahr wieder in den Kampf um den Tourneesieg eingreifen, den goldenen Adler endlich wieder nach Deutschland holen. Noch immer ist Hannawald der letzte DSV-Sieger.

Auf der Suche nach dem Gefühl für die großen Wettbewerbe

Doch aktuell erscheint ein Tournee-Sieg ähnlich weit weg wie Erfolge bei den anderen Wettbewerben, zu sehr ist die Weltspitze - und auch die eigenen Mannschaftskollegen - wohl auch aufgrund des Reglements enteilt. Felix Hoffmann und Philipp Raimund freuten sich am Sonntag beispielsweise über die Ränge drei und vier. In der Saison, in der für den so erfolgshungrigen Wellinger übrigens auch noch die Highlights Heim-Skiflug-WM in Oberstdorf sowie Olympia in Italien anstehen.

"Im Moment ist es erst einmal wichtig, dass ich wieder ein Gefühl aufbaue", sagt der Athlet vom SC Ruhpolding nun. "Es ist so, wie es ist, wir haben nur die Sprünge, die wir bekommen. Und am Dienstag geht es schon wieder weiter." Dann soll in Falun zumindest das Gefühl und das Vertrauen in die eigenen Stärken wieder ein weiteres Stück zurückkehren. Abgestochene Vögel kann man im Skispringen nämlich wirklich nicht gebrauchen.