In Berlin treffen sich am heutigen Mittwoch zum ersten Mal Gewerkschaften und Vertreter des öffentlichen Dienstes der Länder am Tisch, um über den Tarifvertrag zu verhandeln. Dabei geht es erst einmal um die Tarifkräfte. Der Abschluss könnte dann auf die Beamten übertragen werden. Ausgenommen ist nur Hessen, dort wird eigenständig verhandelt.
7 Prozent – mindestens aber 300 Euro
Kaum stand die Forderung der Gewerkschaften, wurde sie auch schon von der Arbeitgeberseite als zu hoch kritisiert. Verdi und die Tarifunion des Beamtenbundes, die federführend auf Arbeitnehmerseite am Tisch Platz nehmen, hatten sich unter anderem auf diese Forderungen festgelegt:
- 7 Prozent höhere Einkommen, mindestens aber 300 Euro mehr im Monat
- 200 Euro plus für die Auszubildenden, was im Schnitt 16 Prozent wären
- Erhöhung aller Zeitzuschläge (z.B. Schichtdienst) um 20 Prozent
- Laufzeit von 12 Monaten
Das ist nur die Forderung zum Einstieg. Den Gewerkschaften ist klar, dass sie sich da noch bewegen müssen. Am Ende steht ein Kompromiss.
Nicht weniger als bei Kommunen
Verdi und der Beamtenbund haben ihrem Gegenüber aber auch eines klar signalisiert: unter dem Tarifabschluss von Bund und Kommunen vom April geht gar nichts. Der sah eine zweistufige Erhöhung um 5,8 Prozent über 27 Monate vor und höhere Zeitzuschläge. Sinan Öztürk, der bei verdi Bayern für den öffentlichen Dienst zuständig ist, verteidigt die Forderung: "Die Beschäftigen im öffentlichen Dienst haben ihren Wert und daher ist die Forderung nach 7 Prozent, mindestens 300 Euro, mehr als berechtigt", erklärt er im Interview mit BR24.
Ähnlich argumentiert Rainer Nachtigall, Vorsitzender des Bayerischen Beamtenbunds BBB, auf Nachfrage. Er hat da auch im Blick, dass mit der Babyboomer-Generation demnächst viele Beschäftigte des Freistaates in Rente gehen. Da die Privatwirtschaft oft besser zahlt, dürfte die Suche nach Personal schwierig werden. "Wir brauchen konkurrenzfähige Beschäftigungsbedingungen im öffentlichen Dienst und wir alle wissen, dass der Tarifabschluss auch Maßstab für den Beamtenbereich sein wird."
So fordern die Gewerkschaften die Länder auf, das Ergebnis für Tarifkräfte direkt auf die Beamtenschaft zu übertragen. Deren Bezüge werden vom jeweiligen Gesetzgeber festgelegt. Dass der Freistaat schon angekündigt hat, das diesmal erst sechs Monate später zu tun, stieß auf erhebliche Kritik bei den Gewerkschaften. Der Freistaat ist bisher das einzige Bundesland, das offiziell die Verschiebung verkündet hat.
Forderung nicht finanzierbar
Was für sie geht in der Tarifrunde und was nicht, das haben die Länder gleich deutlich gemacht: auf keinen Fall die 7 Prozent, mindestens aber 300 Euro mehr im Monat. Zuständig sind die Finanzminister und die haben natürlich den Haushalt im Blick. Der bayerische Finanzminister Füracker (CSU) will sich auf Nachfrage nicht dazu äußern. Er verweist auf den Verhandlungsführer Andreas Dressel (SPD). Er ist Finanzsenator in Hamburg.
Dass es eine ordentliche Erhöhung der Einkommen geben muss, versteht sich für Dressel von selbst. "Aber in einer Phase, wo wir etwas über zwei Prozent Inflation haben, geht die Forderung halt gar nicht." Zudem hätten die letzten Tarifrunden den Beschäftigten oft ein gutes Plus gebracht. Und in Konkurrenz zur Privatwirtschaft biete der öffentliche Dienst eben sichere Jobs und familienfreundliche Regelungen.
Mit Warnstreiks ist zu rechnen
Eines haben die Gewerkschaften auch schon durchblicken lassen: Wenn sie das von ihnen für das erste Treffen angemahnte Angebot der Länder nicht überzeugt, werden sie zu Warnstreiks aufrufen. Ihre Aktionen könnten dann Unikliniken, Ministerien, die Justiz, den Strafvollzug, KFZ-Betriebe der Polizei, Staatsopern oder Staatstheater und auch Schulen treffen. In Bayern sind die meisten Lehrkräfte aber verbeamtet und dürfen deshalb nicht streiken.
Aktionen drohen aber nicht nur im öffentlichen Dienst des Freistaates. Weil zeitgleich auch der Tarifvertrag für den Öffentlichen Personennahverkehr verhandelt wird, müssen sich Bürgerinnen und Bürger wohl auf unruhige Zeiten im neuen Jahr einstellen. Der Auftakt in Bayern ist hier am 19. Januar.
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