"Eine herausragende Journalistin", nennt die Jury des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises Sophie von der Tann. Die ARD-Tel-Aviv-Korrespondentin liefere "erstklassige Arbeit, die – gestützt auf ihre Kenntnis der Sprachen und Kulturen des Landes – den Menschen und ihren Schicksalen nahe ist, ohne dazuzugehören, cool – aber nicht kalt."
Für Sophie von der Tann ist die Ehrung "eine Anerkennung meiner und vor allen Dingen auch unserer Arbeit". Die Berichterstattung sei nicht möglich ohne das Team im ARD-Studio Tel Aviv und die Mitarbeitenden vor Ort in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen. "Es ist die Anerkennung einer differenzierten, unabhängigen Berichterstattung, die sich von Erwartungshaltungen und Druck von verschiedenen Seiten nicht beeinflussen lässt", sagt die BR-Journalistin.
Katharina Willinger ist Leiterin der ARD-Studios in Istanbul und des ARD-Büros Teheran. Als eine von wenigen westlichen Journalistinnen berichtet sie trotz massiver Einschränkungen regelmäßig aus dem Iran und ordnet die politischen Entwicklungen kompetent und kenntnisreich ein.
"Wir berichten von den Hotspots dieser Welt", erklärt BR-Informationsdirektor Thomas Hinrichs. Die Arbeit von Sophie von der Tann und Katharina Willinger (Leiterin ARD-Studio Istanbul und Büro Teheran) sei eine große Herausforderung, bei der es auch darum gehe, über Wirklichkeiten zu berichten, die schwierig sind und die manchen wehtun. Die beiden Journalistinnen erledigten diese Aufgabe mit einer außergewöhnlichen Präzision, mit viel Mut, mit Einsatzbereitschaft auch unter Inkaufnahme von Gefahren. "Das so zu bewerkstelligen, dass es dafür den renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis gibt, der für unabhängigen Journalismus steht – das freut mich sehr, das ist die Belohnung für eine Arbeit, die höchsten Ansprüchen genügen muss und die unverzichtbar ist in einer Zeit, in der Desinformation an der Tagesordnung ist."
BR-Informationsdirektor: "Wir werden diesem Druck nicht nachgeben"
Es gibt immer wieder Menschen, die sich lautstark an der Arbeit der Israel-Korrespondenten stören. Hier müsse man zwischen konstruktiver Kritik und gezielten Kampagnen unterscheiden, sagt Thomas Hinrichs. "Es gibt einen Rahmen, mit dem wir gut umgehen können, den wir auch wollen und akzeptieren", sagt der Informationsdirektor. "Aber es gibt Aktionen, die weit darüber hinausgehen, die die Linie der Kritik überschritten haben. Ich sage es klar und deutlich: Wir werden dem Druck nicht nachgeben." Der BR werde entschieden entgegentreten, wenn einzelne Personen aus dem Studio gezielt herausgegriffen und attackiert werden.
"Wir sind im Prinzip über Nacht zu Kriegsberichterstattern geworden", sagt Sophie von der Tann. "Ich war wenige Tage nach dem Angriff der Hamas in einem der Kibbuzim, die attackiert wurden. Da lag noch der Geruch von verbrannten Leichen in der Luft - das Bild, das sich uns da geboten hat nach diesen brutalen Terrorangriffen, werde ich nie vergessen." Die Ereignisse und Folgen des 7. Oktober und des Krieges im Gazastreifen bestimmen seitdem die Arbeit der Korrespondentinnen und Korrespondenten. "In den Monaten danach haben wir quasi nonstop berichtet über das Leid der Menschen in Israel, die um die Geiseln im Gazastreifen gebangt haben, und über das Leid der Menschen dort."
Die Arbeit der Korrespondentinnen und Korrespondenten wird durch Israels Anordnungen erschwert. "Die größte Herausforderung ist, dass wir als Journalisten von Israel aus nicht in den Gazastreifen 'reingelassen werden seit dem 7. Oktober", sagt von der Tann und sieht darin "eine fundamentale Einschränkung der Pressefreiheit".
"Deshalb arbeiten wir im Gazastreifen mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, die wir lange kennen, zu denen es persönliche Beziehungen gibt, zu denen wir ein jahrelanges Vertrauensverhältnis haben", erklärt Thomas Hinrichs. "Material, das das ARD-Studio Tel Aviv verwendet, kommt überdies von etablierten Nachrichtenagenturen und wird auch mit anderen Quellen abgeglichen, etwa internationalen Hilfsorganisationen", so Hinrichs.
Preisverleihung am 4. Dezember
Die Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises mit der Ehrung von Katharina Willinger und Sophie von der Tann findet am 4. Dezember beim Westdeutschen Rundfunk in Köln statt.
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