Um zu reagieren, bleibt oft nur ein Sekundenbruchteil – meist ist das zu wenig. Wenn Radfahrende gegen eine unerwartet geöffnete Autotür prallen, sind die Folgen häufig fatal. Erst im Oktober starb die Schauspielerin Wanda Perdelwitz bei einem solchen Unfall. Dooring bezeichnet Unfälle, bei denen Autoinsassen die Autotür unvermittelt geöffnet haben – vom englischen Wort für Tür, "door" – und in dessen Folge Radfahrer, aber auch E-Rollerfahrer teils schwer verletzt werden.
Neue Vorschrift soll Radfahrende schützen
Dagegen will die Bundesregierung nun vorgehen und Autohersteller zur Einführung von "Assistenzsystemen wie der Türöffnungswarnung" verpflichten. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Rheinischen Post" (externer Link; möglicherweise Bezahl-Inhalt): Radfahrende, die dicht an parkenden Autos vorbeifahren, seien besonders gefährdet, hieß es. Demnach sollen automatische Türwarnsysteme in Fahrzeugen fest vorgeschrieben werden.
Konkret sehen die Pläne vor, dass künftig alle Neuwagen über Systeme verfügen, die den Bereich neben und hinter dem Auto überwachen. Registrieren Sensoren herannahende Radfahrende oder E-Roller, warnen sie akustisch oder visuell – in einigen Fällen blockieren sie die Tür sogar kurzzeitig. Dem Verkehrsministerium zufolge hat das Thema "hohe Priorität". Die Arbeiten auf internationaler Ebene liefen bereits. Ziel sei es, "die Zahl der Unfälle durch unachtsames Türöffnen deutlich zu reduzieren".
Der ADFC fordert mehr
Wie groß das Problem ist, lässt sich statistisch kaum fassen: Eine bundesweite Erhebung gibt es nicht, Dooring wird in der polizeilichen Unfallaufnahme nicht gesondert ausgewiesen. Unfallversicherer gehen jedoch davon aus, dass bei fast jedem fünften Unfall mit einem parkenden Auto Dooring eine zentrale Rolle spielt.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) begrüßt die Initiative. "Wir fordern seit Jahren, dass die Ausstattung von Kraftfahrzeugen mit einem Türöffnungswarnsystem und mit automatischem Stoppsystem zur Pflicht wird", sagte die politische Geschäftsführerin des ADFC, Caroline Lodemann, dem Bayerischen Rundfunk. Darüber hinaus brauche es eine Infrastruktur, "die Fehler verzeiht". Radwege müssten konsequent mit ausreichendem Abstand zu parkenden Autos geplant werden, um die gefährliche "Türzone" zu vermeiden.
Da die Pflicht voraussichtlich nur für Neufahrzeuge gelten werde, könne es Jahre dauern, bis sich Effekte in der Unfall-Statistik zeigen. Zudem seien entsprechende Systeme bei vielen Herstellern bereits verfügbar – jedoch oft nur gegen Aufpreis. Fahrzeugstandards würden zudem auf EU-Ebene festgelegt, nationale Vorstöße müssten daher europäisch abgestimmt werden.
Vorbild "Holländischer Griff"
Um Dooring-Unfälle zu reduzieren, könnte auch der sogenannte "Holländische Griff" helfen. Dabei öffnen die Insassen eines Fahrzeugs die Autotür mit der vom Verkehr abgewandten Hand – Fahrerinnen und Fahrer also mit der rechten Hand, Beifahrerinnen und Beifahrer mit der linken. Durch diese Bewegung dreht sich der Oberkörper automatisch nach hinten, sodass ein natürlicher Schulterblick entsteht. Dadurch werden herannahende Fahrradfahrende oder E-Roller frühzeitig wahrgenommen. Gleichzeitig bleibt die Tür besser kontrollierbar und schlägt nicht unkontrolliert weit auf. Auch so ließen sich Unfälle vermeiden – und das ganz ohne teure Technik.
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