Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt ihre drei Leitzinssätze erneut um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Der zentrale Leitzins, der Einlagezins, zu dem Geschäftsbanken Geld bei der EZB anlegen, liegt so zukünftig bei 3,0 Prozent. Das hat die Bank am Donnerstag in Frankfurt am Main mitgeteilt. Es ist die insgesamt vierte Leitzinssenkung in diesem Jahr und die dritte in Folge. Banken und Analysten rechnen damit, dass es 2025 in diesem Stil weitergeht.
- Zum Artikel: "EZB-Zinssenkung: Die Folgen für Wirtschaft und Verbraucher"
Schuldenmachen wird leichter – Sparzinsen werden weniger
Für Menschen, die einen Kredit aufnehmen wollen, beispielsweise, um ein Haus zu bauen, sind das gute Neuigkeiten: In absehbarer Zukunft dürften die Kreditzinsen sinken. Die Banken haben zwar weitere Zinssenkungen bereits eingepreist bei der Refinanzierung von Hypothekendarlehen, aber wahrscheinlich nicht so viele.
Auch Leasingraten, Verbraucherkredite, Dispozinsen und vieles mehr, dürften im nächsten Jahr noch um einiges günstiger werden. Nur eben die Sparzinsen nicht: Wer mehr Rendite für sein angelegtes Geld will, muss von Bankeinlagen auf Anleihen und andere Finanzprodukte umschwenken.
EZB will bei Inflation am 2-Prozent-Ziel festhalten
Entscheidungsgrundlage für die Zinssenkung ist die Prognose der EZB für die Inflation im Euroraum. Soll heißen: Ziel ist es, dass die Verbraucherpreise mittelfristig – also auf Sicht von etwa zwei Jahren – im Schnitt nur noch um etwa zwei Prozent steigen. Das kann die EZB beeinflussen, indem sie es den Banken ermöglicht, günstig Geld anzulegen und auszugeben. Denn dann wird sparen unattraktiver und Konsum im Verhältnis günstiger.
Die gemessene Inflation lag heuer sogar schon unter zwei Prozent: Im Sommer befand sie sich bei 1,7 Prozent, allerdings stieg sie zum Herbst wieder an und lag bei 2,3 Prozent. Kleinere Schwankungen bei den Werten sind in den Augen der EZB kein Grund zur Sorge, aber der Trend sollte intakt bleiben. Auch deshalb dürften die Währungshüter bei der EZB sich jetzt wieder für eine Absenkung der Leitzinsen entschieden haben.
Inflation bleibt Thema für die Geldpolitik
Wer genauer auf die Zahlen schaut, findet noch einen Hinweis darauf, warum die EZB sich für die Leitzinsabsenkung entschieden hat: Die Kerninflation, also die Teuerungsrate ohne Energie und Nahrungsmittel, lag im Euroraum zuletzt bei 2,7 Prozent. Außerdem steigen die Preise für Dienstleistungen schon seit längerem kontinuierlich an. Die höheren Lohnabschlüsse der vergangenen Monate haben dagegen bisher nicht zu einem Preisschub geführt, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher beim Geldausgeben immer noch zurückhaltend sind.
Schwache Konjunktur bremst Inflation
Diese Zurückhaltung hängt wahrscheinlich mit der schlechten Stimmung in der Wirtschaft zusammen, zudem mit der schwachen Konjunktur und dem Wegfall einiger Arbeitsplätze in der Industrie. Das ist auch der Grund dafür, dass viele Unternehmen derzeit nicht investieren. Daran können niedrigere Kreditzinsen allein nicht viel ändern.
Denn ein Kredit wie für eine neue Maschine wird nur dann aufgenommen, wenn die Unternehmensleitung die positive Erwartung hat, dass sich damit in Zukunft auch mehr Geld verdienen lässt. Dieser Optimismus fehlt allerdings derzeit vor allem in Deutschland und Frankreich. Die beiden größten und wichtigsten Euroländer leiden gleichzeitig unter einer Stagnation der Wirtschaft und einer politischen Führungskrise ohne stabile Regierung.
Prognose 2025: Am Ende ein Einlagenzins um die 2 Prozent
Um die Wirtschaft in einer solchen Situation zu entlasten, will die EZB an ihrem Kurs festhalten und die Zinswende fortsetzen. Gegen eine Straffung der Geldpolitik mit gleichbleibenden oder sogar höheren Zinsen spricht auch das globale Umfeld. Dazu gehören die Drohungen des wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump gegen die EU, die zunehmenden Auseinandersetzungen mit China, der Ukraine-Krieg und andere Krisenherde wie im Nahen Osten.
Grafik: Entwicklung des EZB-Leitzinses und der Inflation
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!