In Thaining im Landkreis Landsberg führt Stefanie Höfle ein Holzbauunternehmen, das nachhaltige Häuser aus regionalem Holz plant und realisiert. Doch immer häufiger muss Höfle Interessentinnen und Interessenten enttäuschen: "Eine Million Euro reicht heute fast nicht mehr. Das ist schon verrückt", sagt sie.
Denn die Kosten sind in den vergangenen Jahren explodiert. Eine Wohnung zu bauen, ist heute laut Statistischem Bundesamt fast doppelt so teuer wie im Jahr 2000. Für viele Familien ist der Traum vom eigenen Haus kaum noch erreichbar.
Hohe Energiesparstandards machen Bauen sehr teuer
Holger Höfle beobachtet dasselbe Problem. Sein Betrieb ist in 34 Jahren zu einem modernen Holzbauunternehmen gewachsen – doch die Förderlogik der vergangenen Jahre sieht er kritisch: "Im Regelfall wird auf die KfW-Förderung verzichtet. Gerade bei KfW-40 sind die Ansprüche so hoch, dass viele lieber auf KfW-55 gehen – sonst lohnt es sich kaum."
Bei den Werten handelt es sich um energetische Eigenschaften der Gebäude. Ein Haus der Effizienzklasse 55 beispielsweise benötigt nur 55 Prozent der Primärenergie im Vergleich zu einem Standardgebäude. Je kleiner der Wert, desto besser.
Kehrtwende bei der KfW-Förderung
Energieeffizientes Bauen ist politisch gewollt. Die Bundesregierung wollte schnell neuen Wohnraum schaffen – der aber auch Energie sparen sollte. Sie fördert deshalb Maßnahmen, die den Standard KfW-40 erfüllten. Doch diese Fördervoraussetzung war vielen zu teuer. Nun reagiert die Bundesregierung: Ab Mitte Dezember fließen 800 Millionen Euro in neue Fördergelder – und mit ihnen kehrt der KfW-55-Standard zurück: Ein etwas geringerer Energiestandard reicht für eine Förderung wieder aus – und senkt so die Baukosten.
Nicht nur Neubauten stehen unter Druck. Auch Sanierungen sind für viele Haushalte kaum zu stemmen. In Mering bei Augsburg versucht Björn Linse dennoch, ein Haus aus den 1950er-Jahren auf KfW-55-Standard zu bringen. Geld spart er, indem er möglichst viel selbst anpackt: "Wer handwerklich nicht viel selbst machen kann, für den ist es wohl kaum wirtschaftlich – auch nicht beim späteren Verkauf", meint er.
Björn Linse hat 150.000 Euro Kredit von der KfW bekommen, mit einem vergünstigten Zinssatz von 2,6 Prozent. Dazu kommen 45.000 Euro Tilgungszuschuss. Insgesamt aber muss er rund 300.000 Euro investieren.
Erleichterungen beim Kauf alter Immobilien für Familien
Auch bei der Sanierungsförderung lockert die KfW die Schrauben etwas. Beim Programm "Jung kauft alt", das Familien und Alleinerziehende beim Kauf und der Renovierung alter Immobilien unterstützt, reicht nun der Effizienzstandard 85 statt 70. Eine deutliche Erleichterung.
Andere Strategie: Weglassen bei Neubau
Doch niedrigere Förderstandards allein werden das Problem wohl nicht lösen. Viele Fachleute setzen deshalb auf eine andere Strategie: Weglassen. Ein Beispiel ist Architekt Christian Neuburger. In Ingolstadt hat er ein Wohnhaus für 15 Parteien gebaut – bewusst ohne Keller und mit stark reduzierten Fahrzeugstellplätzen. Durch den Wegfall von Tiefgarage und Unterkellerung spart er jede Menge Beton und Geld.
Doch Neuburger geht weiter: Er verzichtet komplett auf eine zentrale Heizungs- und Lüftungsanlage. Die Innenräume sollen sich durch die Wärme von Bewohnern, Geräten und Sonneneinstrahlung zwischen 22 und 26 Grad einpendeln. Der Bau ist ein Experiment, eines von 19 Pilotprojekten des Gebäudetyps E ("E" wie einfach oder experimentell) in Bayern. Das Ziel: Bauen durch mutige Konzepte wieder erschwinglicher machen.
Baumodule als Hoffnung für den Wohnungsmarkt
Auch die Zimmerei Höfle arbeitet an Zukunftslösungen. In der Werkhalle entstehen vorgefertigte Holz-Module, die später nur noch auf dem Bauplatz zusammengesetzt werden.
Architekt Christof Lampadius ist verantwortlich. Er ist überzeugt, dass mehr serielle Produktion dafür sorgt, dass sich die Mittelschicht Wohnen wieder leisten kann. "Wir versuchen, die Kosten unter 3.000 Euro pro Quadratmeter zu drücken", sagt Holger Höfle. "Wir kalkulieren mit spitzem Bleistift und hoffen, so wieder attraktiv für Investoren zu werden."
Die KfW-Lockerungen sind ein Schritt, um Bauen und Sanieren wieder erschwinglicher zu machen. Doch die Beispiele aus der Praxis zeigen: Ohne neue Baukonzepte, serielle Produktion und mutige architektonische Experimente wird es kaum gelingen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.
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