Ein Schild in Form einer roten Hand mit der Aufschrift "Mindestlohn".
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Ein höherer Mindestlohn hört sich für die betroffenen Arbeitnehmer gut an. Was bleibt netto übrig?
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Höherer Mindestlohn: Was bleibt wirklich beim Arbeitnehmer?

Höherer Mindestlohn: Was bleibt wirklich beim Arbeitnehmer?

Ein höherer Mindestlohn hört sich für Arbeitnehmer zunächst gut an. Doch von dem Plus zwacken Staat und Sozialkassen so viel ab, dass es sich für manche angeblich nicht mehr lohnen könnte, zu arbeiten. BR24 hat nachgerechnet.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

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Die angekündigten Mindestlohnanhebungen bedeuten für viele Menschen eine erhebliche Lohnsteigerung. Allein in Bayern werden laut dem Landesamt für Statistik 994.000 Jobs von der Anhebung betroffen sein. Für diese Menschen klingt ein Lohnzuwachs zunächst mal interessant. Brutto werden sie bis 2027 im Vergleich zu heute ein Plus von 13,9 Prozent haben. Netto sieht die Sache aber wieder anders aus. Da beträgt der Zuwachs nur 11,2 Prozent. Das liegt an dem dann steigenden Steuerabzug.

Darauf wiesen auch BR24-User in den Kommentarspalten hin. User "AWMmonaco" bat daher um eine Vorher-Nachher-Rechnung der Mindestlohnerhöhung. "Ich denke, dass sich manche wundern werden, wie sehr der Staat (also wir) von höheren Lohnsteuern und Sozialabgaben profitiert."

Wie viel jemand mit dem Mindestlohn tatsächlich an die Sozial-, Renten- und Steuerkassen abgibt, hängt sehr stark von seiner oder ihrer familiären Situation ab. Beim Bundesministerium für Arbeit gibt es einen Mindestlohnrechner, der zumindest einen groben Überblick ermöglicht (externer Link).

Ansonsten gibt es mit dieser Grafik einen schnellen Überblick für zwei Fallbeispiele:

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Grafik: Wie viel bleibt vom Mindestlohn übrig?

Mindestlohnerhöhung: Mehr Plus beim Brutto als beim Netto

Der DGB Bayern sieht den geplanten Mindestlohn-Anstieg dennoch fast euphorisch: Das dürfte für viele Millionen Menschen eine der deutlichsten Lohnsteigerungen sein, die sie jemals erhalten haben, sagt Vorsitzender Bernhard Stiedl. Tatsächlich liegen laut statistischem Landesamt derzeit rund 15 Prozent aller mindestlohnberechtigten Beschäftigungsverhältnisse aktuell unter dem geplanten Mindestlohn von 13,90 Euro. Frauen werden mit einem Anteil von 18 Prozent deutlich häufiger von der Anpassung der gesetzlichen Lohnuntergrenze profitieren als Männer mit elf Prozent.

Der Haken ist nur: Wenn die Steuer- und Abgabenlast weiter steigt, dann könnte es sein, dass von dem Plus nicht mehr viel übrig bleibt. BR24-User "Ichhabeeinemeinung" formulierte es so: "(...) Der Staat tut so, als würde er mit immer höheren Mindest- und anderen Löhnen das Problem lösen, leider falsch! Durch höhere Steuern und Sozialabgaben nimmt sich der Staat gleich einen großen Teil wieder für sich weg. (...)"

Für die Arbeitgeber bedeutet das oft, dass ihre Bewerberinnen und Bewerber kurzfristig wieder absagen, weil es sich für sie gefühlt "nicht lohnt", arbeiten zu gehen. Solche Erlebnisse haben Unternehmerinnen und Unternehmer gerade aus dem Hotelgewerbe recht häufig.

Gastronomieverband fordert mehr Netto vom Brutto

Hinzu kommt noch ein Problem: Dehoga-Bayern-Geschäftsführer Thomas Geppert beklagt, dass die Kosten für die Arbeitgeber parallel zum Mindestlohn steigen. Zu den höheren Lohnkosten kommen noch die damit verbundenen höheren Arbeitgeberanteile bei den Sozialversicherungen. Geppert schreibt auf eine Anfrage des BR: "Der Arbeitgeber zahlt auf die Bruttovergütung zusätzlich noch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) in Höhe von in der Regel 20,45 Prozent. Das Arbeitgeberbrutto beträgt folglich 2.590,87 Euro."

Dieser erhöhte Arbeitgeberanteil, so Geppert, bringe viele Betriebe in Existenznot. An diesem Missverhältnis müsse sich dringend etwas ändern, so Geppert. Er fordert Reformen bei den Sozialversicherungen. Außerdem strengere Bürgergeldgesetze, um mehr Menschen in Arbeit zu bringen.

DGB sieht Verantwortung beim DEHOGA

Auf der Gewerkschaftsseite findet dies keinen Anklang. Statt über angeblich zu hohe Abgaben zu klagen, sollte sich der DEHOGA seiner Verantwortung für die Beschäftigten bewusst werden, sagt Bernhard Stiedl. Sein Vorwurf: Viele Menschen in der Gastronomie würden unbezahlte Überstunden leisten und teilweise würden sie nicht mal den ihnen gesetzlich zustehenden Mindestlohn erhalten.

Allerdings lässt sich noch nicht sagen, wie 2027 die Abzüge tatsächlich aussehen werden. Möglicherweise geht dann noch mehr vom Lohn weg als heute. Ob Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- oder Pflegeversicherungen: Alle haben bereits angekündigt, dass sie dringend mehr Geld brauchen. Beitragserhöhungen stehen im Raum. Wie es mit der Steuer dann aussieht, ist ebenfalls unklar. Die Abzüge könnten allerdings auch weniger werden, sofern die steuerlichen Freibeträge angehoben werden.

Im Video: Mindestlohn - Groß-Kontrolle auf dem Kiliani-Volksfest Würzburg

Die Zoll-Beamten auf dem Weg zurück zur Wache.
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Groß-Kontrolle auf dem Kiliani-Volksfest

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