(Symbolbild) Zwei ältere Menschen mit Fahrrädern vor einer See-Kulisse
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(Symbolbild) Der Ökonom Fratzscher fordert ein Dienstjahr für Rentner.
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Viel Kritik am Pflichtjahr für Rentner – aber auch Zuspruch

Viel Kritik am Pflichtjahr für Rentner – aber auch Zuspruch

Der Ökonom Fratzscher fordert ein Dienstjahr für Rentner. Senioren sollten für soziale Dienste oder für die Bundeswehr herangezogen werden. Gegen den Vorschlag gibt es viel Widerstand. Fratzscher ist allerdings mit seiner Forderung nicht allein.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hat ins sprichwörtliche Wespennest gestochen mit seinem Vorschlag. Marcel Fratzscher will, dass sich die ältere Generation gesellschaftlich stärker einbringt, beispielsweise im Sozialbereich, aber auch bei der Verteidigung. Die Bundeswehr würde dann von den technischen Fähigkeiten vieler Rentner profitieren, sagte Fratzscher im Interview mit dem "Spiegel". Warum solle man die nicht nutzen, gerade von Leuten, die früher bei der Bundeswehr ausgebildet wurden?

Organisiert werden könnte dies laut Fratzscher über ein soziales Pflicht-Jahr. Der DIW-Chef versucht damit, die Debatte um eine andere Lastenverteilung zwischen den Generationen voranzutreiben. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten.

Politikreaktionen: "Schnapsidee" und "dümmlich"

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kann Fratzschers Vorschlag nichts abgewinnen. "Wir sollten zur Abwechslung mal anerkennen, was ältere Menschen in diesem Land leisten, anstatt ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie faul sind und der Gesellschaft auf der Tasche liegen", so Bentele. Sie verwehrt sich dagegen, die Boomer-Genration zum Sündenbock zu machen (externer Link).

Laut Bentele pflegen viele Rentner Familienangehörige oder kümmern sich um Enkel, damit Eltern arbeiten können. Andere engagierten sich in Vereinen und Initiativen und handelten so im Sinne einer solidarischen Gesellschaft. Da brauche es kein verordnetes soziales Pflichtjahr. Eine Schnapsidee, so das VdK-Urteil.

Als dümmlich bezeichnet Joachim Lautensack vom baden-württembergischen Seniorenverband Öffentlicher Dienst die Forderungen. Er verweist ebenfalls auf die ehrenamtlichen Tätigkeiten vieler Senioren. Fast jeder Zweite ist demnach engagiert.

Keine Unterstützung durch Politik

Auch in der Politik stößt Fratzschers Vorstoß auf wenig Gegenliebe. Es sei eine Quatsch-Idee und Blödsinn, so CSU-Chef Markus Söder, ein Schlag ins Gesicht aller Fleißigen, die dieses Land aufgebaut hätten, sagte René Springer (AfD) und es geht an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei, laut Sarah Vollath (Linke).

Das Bundessozialministerium äußerte sich zu dem Vorschlag nicht. Es gebe grundsätzlich enorm viele Forderungen und Vorstellungen beim Thema Rente, die derzeit im Raum stünden, so eine Sprecherin. Deshalb werde nun Anfang 2026 auch eine Rentenkommission eingesetzt, in der diese diskutiert würden. Sie soll 2027 ihre Ergebnisse vorlegen.

Pflichtjahr setzt laut Experte Notfall voraus

Grundsätzliche Unterstützung erhält Fratzscher dagegen vom Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswissenschaftler, Klaus Hurrelmann. Seiner Ansicht nach braucht es für ein Pflichtjahr allerdings gewisse Voraussetzungen. Nur in einem Notfall, etwa einem Krieg oder einer Naturkatastrophe, könne man Menschen zu Pflichtprogrammen zwingen.

Dabei wäre es laut Hurrelmann wichtig, solche Programme gut auszutarieren. Wer sich bereits sozial engagiert, soll diese Tätigkeit angerechnet bekommen. Wer im Alter zu wenig Rente bekommt, könnte für das soziale Pflichtjahr entlohnt werden.

Hurrelmann: Rentenalter kann kein Dauerurlaub sein

Hurrelmann spricht sich dafür aus, die Diskussion über die Wehrpflicht nicht nur auf die junge Generation zu konzentrieren. Diese einseitige Debatte solle man hinter sich lassen, so der Professor, der selbst bereits über 80 ist. Man muss seiner Ansicht auch der Entwicklung Rechnung tragen, dass Menschen 80 und 90 Jahre alt werden und dementsprechend 20 oder sogar 30 Jahre in Rente verbringen würden. Das Rentenalter zu definieren als Phase des permanenten Urlaubs mache keinen Sinn, so Hurrelmann.

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