"Die ersten Fragen sind noch leicht: ein Tiger, ein Elefant, eine Giraffe, weißt du." Auf einem Flug nach Japan prahlt US-Präsident Donald Trump vor Reportern mit seinem Intellekt und verweist auf einen "richtig schwierigen Test", dem er sich am Walter Reed Medical Center unterzogen habe. Im gleichen Atemzug versucht er, die US-Demokratinnen Alexandria Ocasio-Cortez und Jasmine Crockett zu diskreditieren: Die beiden seien "Niedrig-IQ-Personen", die solche Tests wohl kaum so gut bestehen könnten. "Lassen Sie Alexandria Ocasio-Cortez gegen Trump antreten", schlägt er vor.
Doch anders als vom US-Präsidenten erhofft, löste das Statement eine Welle der Belustigung aus. Die Frage nach dem Tiger, dem Elefanten und der Giraffe kam vielen bekannt vor: Es handelt sich dabei nicht um einen Intelligenz-Test, sondern mutmaßlich um das Montreal Cognitive Assessment (MoCA) (externer Link), das Ärzte nutzen, um kognitive Beeinträchtigung zu messen - etwa bei Demenzpatienten.
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MoCA-Test erkennt kognitive Beeinträchtigung
Entwickelt wurde der MoCA-Test in den Neunzigerjahren von einem kanadischen Neurologen. Dabei ging es seinem Erfinder Ziad Nasreddine darum, ein Screening-Instrument zur Früherkennung zu konstruieren. Eine beginnende Demenz lässt sich nämlich nur schwer von einer gängigen Vergesslichkeit oder Zerstreutheit unterscheiden. Die kurze Untersuchung mit 30 Fragen hilft Medizinern dabei, kognitive Beeinträchtigungen bei Patienten zu erkennen.
Auch in Bayern kommt der MoCA-Test in vielen Kliniken zum Einsatz - in einer deutschsprachigen Version. Stefan Werner, Leiter der Gedächtnisambulanz am medbo Bezirksklinikum in Regensburg, nutzt ihn einige Male im Monat. Vor allem dann, wenn Patienten zu ihm kommen, die über leichte Gedächtnisstörungen klagen. Allerdings sei MoCA in Deutschland nicht das am häufigsten gebrauchte Untersuchungsinstrument, so Werner. Deutlich populärer ist ihm zufolge der "zwar schon oft totgesagte, aber nach wie vor sehr beliebte" Mini-Mental-Status-Test (MMST).
Testaufgaben: Tiere benennen, eine Uhr aufzeichnen
Für gesunde Menschen sind die MoCA-Aufgaben relativ leicht zu lösen: Tiere benennen, eine Reihe von Wörtern wiederholen oder eine Uhr mit einer bestimmten Uhrzeit nachzeichnen. Die US-Demokratin Ocasio-Cortez reagierte in diesem Zusammenhang spöttisch auf Trumps Prahlerei: "Rein aus Neugier: Haben diese Doktoren Sie zufällig gebeten, eine Uhr zu zeichnen? War das auch schwierig für Sie?", fragte sie bei X.
In der deutschen Version müssen Patienten unter anderem Pferd, Tiger und Ente benennen. Es gibt allerdings auch hier verschiedene Versionen, damit bei wiederholten Testdurchläufen kein Lerneffekt auftritt. Den Test nutzen laut Werner auch viele Arztpraxen oder Einrichtungen wie die Caritas – da er eben als orientierender Kurztest zur Früherkennung dient. Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz seien teils gar nicht mehr in der Lage, die Aufgaben zu verstehen und auszuführen.
Allerdings ist der Test kein alleiniges Diagnoseinstrument für Demenz. Ein schlechtes Abschneiden kann etwa auch mit einer Depression oder einem Drogenmissbrauch zusammenhängen. Es geht vielmehr darum, zu überprüfen, ob Patienten sich weiteren Untersuchungen unterziehen sollten.
Ausschnitt aus der deutschen Version des MoCA-Tests
Neurologe Nasreddine: Das ist kein Intelligenztest
Es ist nicht das erste Mal, dass der US-Präsident getestet wurde und mit seinen angeblich herausragenden Ergebnissen prahlt. 2020 sagte er im Interview mit Fox News, er habe sich bei einer Untersuchung die Wörter "Person, Frau, Mann, Kamera, Fernseher" merken müssen, später seien diese abgefragt worden. Er sei dafür gelobt worden, weil er die Begriffe sogar in der richtigen Reihenfolge aufsagen konnte. "Es ist tatsächlich nicht einfach, aber für mich ist es einfach", so Trump.
Der Erfinder des MoCA-Tests, Nasreddine, reagierte damals im Interview mit CTVNews (externer Link) mit Unverständnis: "Für jemanden ohne kognitive Beeinträchtigung sollte das einfach sein. Es handelt sich nicht um eine Art Intelligenztest", erklärte der Neurologe. Dass die Ärzte ihn aufgefordert hätten, den Test zu machen, erklärte der Experte mit dem fortgeschrittenen Alter Trumps: "Wir wissen, dass kognitive Störungen nach dem 70. Lebensjahr immer häufiger auftreten." Insofern sei es sinnvoll, einen US-Präsidenten auch darauf zu testen.
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