05.10.2025, Bayern, München: Menschen stehen bei der Kundgebung «Dach gegen Hass» gegen Antisemitismus am Königsplatz. Foto: Tobias Hase/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Kundgebung gegen Antisemitismus in München
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Kundgebung gegen Antisemitismus in München

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1.500 Menschen setzen ein Zeichen gegen Antisemitismus

1.500 Menschen setzen ein Zeichen gegen Antisemitismus

In München haben rund 1.500 Menschen gegen Antisemitismus demonstriert. Unter den zahlreichen prominenten Rednerinnen und Rednern waren der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, Landtagspräsidentin Ilse Aigner und Ahmad Mansour.

Über dieses Thema berichtet: BR24 TV am .

Ein ungewöhnliches Bild bot sich am Sonntagnachmittag auf dem Münchner Königsplatz: Auf der Bühne der Kundgebung spielte das israelische Kfar Vradim Orchester zusammen mit der Blaskapelle Feldmoching unter anderem ein Stück von Leonard Cohen. Die Musikgruppe aus München ist dafür sogar in Tracht gekommen.

Kultur soll verbinden, nicht ausgrenzen

Denn Kultur solle verbinden, nicht trennen oder ausgrenzen. Das war eine der zentralen Aussagen der Kundgebung gegen Antisemitismus. Laut Polizei nahmen 1.500 Menschen teil. Organisiert hat sie der Münchner Professor Guy Katz.

Die Veranstaltung fand unter der Schirmherrschaft von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, statt. Viele der zahlreichen Rednerinnen und Redner forderten sowohl von der Zivilgesellschaft als auch von der Politik eine klare Haltung gegen den Antisemitismus.

Söder: "Nicht mehr weit weg von dem, was war"

"Wenn es heute so stattfindet, dass Radfahrten in Spanien abgesagt werden, weil man gegen israelische Fahrer ist. Wenn beim ESC darüber nachgedacht wird, Israel auszuschließen, wenn Lokale schreiben 'Hier sind Israelis nicht erwünscht' – dann ist das nicht weit weg von dem, was war – und das darf nicht mehr passieren", betonte Ministerpräsident Söder.

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer erklärte, der Antisemitismus sei in den Straßen, in den Schulen und auch im Kulturbetrieb zu finden. Kultur aber dürfe niemals Werkzeug der Ausgrenzung werden, warnte Weimer: "Kultur ist das Fenster in die Welt des anderen."

Aigner: Nichts rechtfertigt, jüdische Menschen zu bedrohen oder anzugreifen

Ilse Aigner kritisierte in ihrer Rede auch die israelische Regierung und deren Vorgehen in Gaza. Doch nichts rechtfertige, jüdische Menschen zu bedrohen oder anzugreifen. Auch dass vergangenen Donnerstag ausgerechnet am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur am Marienplatz eine "Pro Palästina"-Demo stattgefunden hat, habe gezeigt, dass "nicht für, sondern gegen jemand demonstriert" werde, so die Landtagspräsidentin.

Aigner übte auch Kritik an diversen Petitionen, die beispielsweise den Ausschluss israelischer Wissenschaftler fordern: "Hinter so mancher Petition steht ein Denken, das der Terrororganisation Hamas näher steht als dem einzigen jüdischen Staat".

Wie sehr die aktuelle Situation Jüdinnen und Juden belaste, das berichtet auf der Kundgebung auch die Deutsch-Israelin Nirid. Sie sei extra nach München gekommen, weil sie glaube, dass die Kundgebung eine der letzten Chancen ist, zusammenzustehen. "Mir fehlt der Rückhalt, der Zusammenhalt, die Menschlichkeit seit dem 7. Oktober, das vermisse ich das sehr. Ob jüdisches Leben in Deutschland noch eine Zukunft hat, da bin ich mir absolut nicht mehr sicher", so die Teilnehmerin der Kundgebung.

Ahmad Mansour: Den Hass überwinden

Einer der Redner am Königsplatz war auch Ahmad Mansour. Der arabische Israeli gehört in Deutschland zu den bekanntesten Stimmen gegen Antisemitismus. Er berichtete, dass es einmal eine Zeit gab, in der auch er Juden für alles verantwortlich gemacht habe, was in seinem Leben schiefgelaufen war. "Ich stehe heute hier als Palästinenser, als Araber, als Muslim. Ich habe den Nahostkonflikt nicht studiert, ich habe ihn als Teil meiner Familie, als Teil meiner Biografie mitbekommen", sagte er. Doch irgendwann habe er sich gefragt: "Soll das ewig laufen?"

Erst als er in Tel Aviv ein Studium angefangen habe, habe sich sein Denken verändert: "Plötzlich begegnete ich denjenigen, die meine Feinde waren. Doch durch die Begegnungen habe ich viel reflektiert. Feinde wurden zu Freunden".

Mansour sagt, dass er nach München gekommen sei, um Haltung zu zeigen. Nicht nur als Deutscher und Palästinenser, sondern vor allem auch als Mensch.

Antisemitismus für viele Betroffene wieder Alltag

Antisemitische Erfahrungen, Beleidigungen oder sogar Angriffe sind für viele Jüdinnen und Juden mittlerweile wieder Alltag, das belegen auch Zahlen des Innenministeriums und der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismismus (RIAS).

Auch eine kürzlich von der Bundesregierung geförderte Studie zu den Auswirkungen des terroristischen Anschlags der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 auf jüdische und israelische Communitys in Deutschland zeigt: Viele Jüdinnen und Juden in Deutschland erleben Ausgrenzung und Anfeindungen – im öffentlichen Nahverkehr, in Schulen, Universitäten, am Arbeitsplatz.

Im Video: Münchner Demo gegen Antisemitismus

Demonstrierende mit Plakaten und Fahnen in München
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Demonstrierende mit Plakaten und Fahnen in München

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