Nach dem Chemieunfall am Dienstagabend in einem Industriebetrieb in Mainaschaff mit gelb-orangefarbener Gefahrstoffwolke über dem Aschaffenburger Stadtgebiet hat die Kreisbrandinspektion Aschaffenburg weitere Details bekanntgegeben. Das Metallteil, das in ein Becken gefallen war und damit die Wolke samt Großeinsatz ausgelöst hatte, sei sehr groß gewesen. Der Einsatz für die Feuerwehrleute war den Angaben zufolge anspruchsvoll.
Großes Metallstück in Becken mit Salpetersäure
Die Feuerwehr sei am Dienstag um 18.23 Uhr von der Integrierten Leitstelle alarmiert worden. Bei dem Einsatz habe sich dann herausgestellt, dass ein großes Metallstück in ein Becken mit 6.000 Litern Salpetersäure geraten war und dort eine chemische Reaktion ausgelöst hatte. Dadurch sei die gelb-orangefarbene, möglicherweise giftige Wolke entstanden.
Die Einsatzleitung ließ das betroffene Gebiet der Meldung zufolge großräumig absperren, um eine Gefährdung für Einsatzkräfte und Bevölkerung auszuschließen. Einsatzkräfte seien mit Chemikalienschutzanzügen in das Gebäude gegangen und hätten zunächst versucht, das "sehr große Metallstück" aus dem Säurebecken zu entfernen, um den chemischen Prozess zu stoppen.
Säurebecken musste abgepumpt werden
Das sei jedoch nicht gelungen, weshalb die Feuerwehrleute schließlich unter Vollschutz die Säure kontrolliert in ein anderes Becken umgepumpt hätten. "Bei diesen anspruchsvollen Maßnahmen wirkten auch Mitarbeitende des Unternehmens unterstützend mit", wie die Kreisbrandinspektion betont. "Es ist tatsächlich eine hohe Belastung und auch einfach eine gefährliche Arbeit", sagte der Aschaffenburger Kreisbrandrat Frank Wissel am Mittwoch im BR-Gespräch. Er sei froh, dass seinen "Einsatzkräften nichts passiert ist".
Einen Chemieunfall in dieser Dimension habe der Kreisbrandrat in den letzten zwanzig Jahren im Landkreis nicht erlebt. Neben den örtlichen Feuerwehren haben am Dienstag auch der Gefahrgutzug der Stadt Aschaffenburg sowie ein Fachberater des Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystems (TUIS) der chemischen Industrie bei dem Einsatz unterstützt. Insgesamt waren mehr als 400 Kräfte im Einsatz.
Umfangreiche Luftmessungen im Umfeld der Giftwolke
Um eine Gefährdung für die Bevölkerung auszuschließen, hätten Warntrupps mit Lautsprecherdurchsagen in den betroffenen Bereichen die Bevölkerung über notwendige Schutzmaßnahmen informiert. Zeitgleich seien Messtrupps mit spezialisierten Messfahrzeugen unterwegs gewesen, um umfangreiche Luftmessungen sowohl in der Nähe der Einsatzstelle als auch im Umfeld zu machen. Eine mögliche Gefahrstoffkonzentration sollte so gegebenenfalls frühzeitig erkannt werden.
Zum Schutz der Bevölkerung seien neben den Lautsprecherdurchsagen auch frühzeitig Warnungen über NINA, KATWARN und Cell Broadcast veranlasst worden. Anwohnerinnen und Anwohner wurden gebeten, Fenster und Türen geschlossen zu halten, Lüftungsanlagen auszuschalten und geschlossene Räume nicht zu verlassen. Im Rotkreuzhaus Kleinostheim gab es eine Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger.
Entwarnung gegen 22.30 Uhr
Gegen 22.30 Uhr am Dienstagabend konnte schließlich Entwarnung gegeben werden. Nachdem Messungen nochmals bestätigt haben, dass keine gefährlichen Konzentrationen mehr vorhanden waren, wurden die zuvor verhängten Schutzmaßnahmen aufgehoben, heißt es weiter.
Schon während des noch laufenden Einsatzes sei bei der Überwachung der Umgebungsluft "trotz einer deutlich wahrnehmbaren Geruchsbelastung" im Nahbereich und an anderen Messstellen "zu keinem Zeitpunkt gefährliche Werte" festgestellt worden, hieß es am Mittwochmorgen. Auch nachdem der Wind kurzfristig gedreht hatte, seien alle Messergebnisse unauffällig geblieben.
Nach Auskunft der Integrierten Leitstelle in Aschaffenburg vom Dienstagabend wurden durch den Zwischenfall in dem Galvanikbetrieb sogenannte "nitrose Gase" freigesetzt. Diese gelten als hochgiftig und können beim Einatmen schwere Lungenödeme verursachen. Bei dem Zwischenfall wurden Berichten zufolge vier Menschen leicht verletzt.
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