Söder beim Sommerinterview der ARD.
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Söders Aussagen beim ARD-Sommerinterview im Faktencheck

Söders Aussagen beim ARD-Sommerinterview im Faktencheck

Viele der Aussagen von CSU-Chef Markus Söder halten einer Überprüfung stand. Bei der Aufnahme von Migranten liegt Bayern aber hinter NRW - und bei seinen Äußerungen zu Ukrainern und der Wärmepumpe lässt er Kontext weg.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Dieser Faktencheck ist im Rahmen des ARD Faktencheck-Netzwerks entstanden. Mitarbeit: Paula Nießing (SWR), Marco Reinsberger (MDR), Christian Saathoff (ARD Faktenfinder) und Sarah Schmidt (Deutschlandradio).

Der CSU-Vorsitzende Markus Söder war im ARD-Sommerinterview zu Gast. Zu einigen seiner Aussagen fehlte der Kontext oder der konkrete Bezug, andere waren irreführend.

Ein dominierendes Thema im ARD-Sommerinterview mit dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder waren die Finanzen, und oft ging es dabei nicht nur um Deutschland, sondern auch um Bayern. Da es während eines solchen Gesprächs nicht immer möglich ist, falsche oder irreführende Behauptungen sofort zu korrigieren, werden hier einige Aussagen von Söder noch einmal genauer beleuchtet.

Zu Aussagen über Ukrainer fehlt der Kontext

So behauptet Markus Söder, Deutschland schaffe durch Sozialleistungen falsche Anreize. Insbesondere Ukrainerinnen und Ukrainer sollen in Zukunft kein Bürgergeld mehr erhalten, sondern die gleichen Leistungen erhalten wie Asylbewerber. Aktuell sind das 441 Euro monatlich und damit etwas weniger als die 563 Euro Bürgergeld. So steht es auch im Koalitionsvertrag.

Die Ukrainerinnen und Ukrainer sollen so dazu gebracht werden, durch Erwerbstätigkeit stärker selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Laut Söder seien die Sozialleistungen für ukrainische Geflüchtete nirgendwo so hoch wie in Deutschland, was dazu führe, dass die Erwerbsquote hierzulande vergleichsweise niedrig ist. Doch Expertinnen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) widersprechen Söder hier: Bei der Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter liegt Deutschland im europäischen Mittelfeld, einen Zusammenhang zwischen Transferleistungen und Erwerbsquote konnten die Forscherinnen nicht feststellen.

Richtig ist, dass in Ländern wie dem Vereinigten Königreich, den Niederlanden und Litauen bereits Ende 2022 über die Hälfte der aus der Ukraine Geflüchteten eine Arbeit aufgenommen hatten, während es in Norwegen, Rumänien, der Schweiz und Spanien jeweils unter 15 Prozent waren. In Deutschland lagen die Zahlen zu diesem Zeitpunkt bei rund 20 Prozent, in Deutschland ist die Erwerbsquote also kontinuierlich angestiegen.

Fokus auf Qualifikation

Söder weist im Interview explizit auf die guten fachlichen Qualifikationen hin, die viele Ukrainerinnen und Ukrainer mitbringen. Genau hier liegt aber auch einer der Gründe für ihre langsame, aber stetig steigenden Arbeitsmarktintegration: Im Vereinigten Königreich oder in Dänemark sollen Geflüchtete möglichst schnell eine Beschäftigung aufnehmen, die damit aber oft auch deutlich unter ihrer Qualifikation liegt und wenig Jobsicherheit bietet. Deutschland setzt dagegen zuerst auf den Sprach- und Qualifikationserwerb durch Integrationskurse und Weiterbildungen – dadurch soll in Zeiten des Fachkräftemangels eine nachhaltigere Beschäftigung der gut ausgebildeten Ukrainer erreicht werden.

Bayern nimmt nicht die "meisten Migranten" auf

Im Q&A auf Twitch sagte Söder unter anderem, Bayern hätte mehr Migranten aus anderen Ländern – und gleichzeitig den niedrigsten Bürgergeldanteil. Was Söder mit "mehr Migranten" meint, lässt er offen. Schaut man auf die Anzahl der Asylerstanträge, lag Bayern laut Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Jahr 2024 mit 35.953 Asylanträgen bundesweit auf Platz 2, hinter Nordrhein-Westfalen (45.280 Asylanträge).

Meint Söder mit "mehr Migranten" die ausländische Bevölkerung in den jeweiligen Bundesländern, so liegt Bayern mit knapp 2,4 Millionen Ausländern ebenfalls hinter Nordrhein-Westfalen (knapp 3,3 Millionen Ausländer). Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes und des Ausländerzentralregisters hervor. Beim Bürgergeldanteil hat Söder dagegen Recht. Laut der Bundesagentur für Arbeit hat Bayern im Bundesvergleich mit Stand Juli 2025 den niedrigsten Anteil an Bürgergeldempfängern – nämlich 4,2 Prozent. Den höchsten Anteil hat Bremen, mit einer Quote von 17,1 Prozent.

Empfänger von Bürgergeld vs. Rente

Mit Blick auf das Bürgergeld sagte Söder, die Hälfte der Bezieher seien Nicht-Deutsche. Er setzt es in Relation zur Rente - hier seien es überwiegend Deutsche. Mit dieser Aussage hat er Recht, das zeigt ein Blick in die aktuellen Daten zu Bürgergeld- und Rentenempfängern.

Laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit vom März 2025 bezogen 3,97 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Darunter waren etwas mehr als zwei Millionen Deutsche (51,4 Prozent) und 1,86 Millionen Ausländer (47 Prozent.) Die Deutsche Rentenversicherung gibt für das Jahr 2024 rund 26 Millionen gezahlte Renten an. 23 Millionen davon gingen an Versicherte mit deutscher Staatsangehörigkeit; drei Millionen an Versicherte mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit.

Subventionierung nur ein Grund für Wärmepumpenpreise

Söder sieht den Grund der hohen Wärmepumpenpreise in Deutschland in dem bisherigen Fördermodell. Das ist richtig, jedoch gibt es neben dem Fördersystem auch weitere Gründe für die Preisunterschiede im europäischen Vergleich.

In Deutschland wird die Förderung für Wärmepumpen prozentual (bis zu 70 Prozent) zum Kaufpreis ausgezahlt, das heißt je teurer die Anlage ist, desto mehr kann laut Bundeswirtschaftsministerium potenziell gefördert werden (bis zu einem Maximalbetrag von 21.000 Euro). Förderungsfähig sind laut Verbraucherzentrale u.a. "die Anschaffungskosten, Installation, Inbetriebnahme und erforderliche Umfeldmaßnahmen" für Wärmepumpen. In anderen europäischen Ländern gibt es hingegen Festbeträge, die z.B. bei 7.500 Pfund (umgerechnet ca. 8.653 Euro) in Großbritannien, oder zwischen 4.000 und 7.000 Euro in Frankreich liegen.

In Deutschland sind Wärmepumpen deutlich teurer als in anderen europäischen Ländern, darauf weist eine Studie des Lehrstuhls für Gebäude- und Raumklimatechnik der RWTH Aachen und des Strom- und Wärmepumpenanbieters Octopus Energy hin. Als Gründe für diesen hohen Preisunterschied nennt die Studie unter anderem die höheren Anforderungen an Effizienz und Technik beim Einbau der Wärmepumpen in Deutschland, sowie die unterschiedlichen Steuer- und Fördersysteme. So werden Wärmepumpen in Großbritannien von der Mehrwertsteuer befreit, während in Deutschland der Steuersatz von 19 Prozent gilt. Auch andere länderspezifische Faktoren wie der Fachkräftemangel oder der erhöhte bürokratische Aufwand sieht der Verband "Sanitär Heizung Klima" als mögliche Erklärungen für die Preisunterschiede.

Söder fordert Regionalisierung der Erbschaftssteuer

Im Hinblick auf Steuern sagte Markus Söder, er schließe Erhöhungen aus, offen sei er hingegen für eine "Regionalisierung" der Erbschaftssteuer. Während SPD-Länder höhere Steuersätze fordern, möchte Bayern sie senken.

"Bayern hat allein ein Drittel des gesamten Erbschaftssteueraufkommens in Deutschland", sagte Söder im Sommerinterview dazu. Das Verhältnis stimmt in etwa, 2022 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 11,8 Milliarden Euro Erbschafts- und Schenkungssteuer fällig; 3,35 Milliarden davon in Bayern, was rund 28 Prozent entspricht. Diese Steuer ist aber - wie Söder selbst sagt - eine Ländersteuer. Die Einkünfte aus der Steuer gehen dementsprechend an den Freistaat und nicht an den Bund.

Söder sieht die Bayern durch die aktuelle Ausgestaltung der Steuer benachteiligt, seine Regierung hat gegen das Gesetz bereits 2023 Verfassungsklage eingereicht. Im Sommerinterview führt er beispielhaft "ein Haus in Garmisch" an, das bei Vererbung von den Großeltern oder Eltern "ganz andere Grundstückspreise" habe, als Häuser in anderen Teilen Deutschlands, was eine höhere Steuerbelastung nach sich ziehe.

Ausnahmeregelungen bei Erbschaftssteuer

Grundsätzlich stimmt, dass sich die Höhe der Erbschaftssteuer sich am Verkehrswert der Immobilie orientiert. Für jedes Kind etwa gilt aber einheitlich ein Freibetrag von 400.000 Euro. Dass die Steuerlast in oberbayerischen Regionen wie im Alpenvorland, wo die Immobilienpreise im Vergleich zu anderen Orten Deutschlands deutlich höher sein können, liegt rechnerisch also auf der Hand.

Allerdings gibt es zum einen auch in Bayern Regionen, etwa in Niederbayern oder in Franken, in denen die Grundstücks- und Immobilienpreise bundesweit im unteren Bereich liegen. Zum anderen gibt es Ausnahmeregelungen, die von der Erbschaftssteuer befreien: Erbt etwa der überlebende Lebenspartner oder die Ehefrau das Haus und bleibt darin wohnen, so wird keine Erbschaftssteuer fällig - egal wie hoch der Wert des Hauses ist. Wenn Kinder das Familienheim nach dem Erbe selbst bewohnen, sind bis zu 200 Quadratmeter Wohnfläche steuerfrei. Das gilt auch für teure Immobilien in Bayern.

Mütterrente als zentrales CSU-Thema

Im ARD-Sommerinterview betonte Markus Söder die Bedeutung der Mütterrente als sozialpolitisches Kernanliegen der CSU. Er erklärte: "Wir haben uns bei der Rente, bei der Mütterrente für neun Millionen Frauen durchgesetzt. Das trifft ganz Deutschland, das trifft die Frauen in Bottrop genauso wie in Schleswig-Holstein und anderswo." Diese Aussage bezieht sich auf die geplante Ausweitung der sogenannten Mütterrente II zur Mütterrente III, die im Rahmen des Rentenpakets 2025 von der Bundesregierung beschlossen wurde.

Konkret sieht die Reform vor, dass die Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder von bisher 2,5 auf drei Jahre angehoben werden. Damit erhalten betroffene Eltern künftig einen halben Rentenpunkt zusätzlich, was aktuell (Stand 2025) einem monatlichen Rentenzuwachs von etwa 20,40 Euro entspricht. Die Zahl von rund neun Millionen Frauen, die von der Reform profitieren sollen, ist korrekt und wird durch die Deutsche Rentenversicherung bestätigt.

Der genaue Auszahlungsbeginn ist derzeit noch offen. Während die Bundesregierung eine Umsetzung zum 1. Januar 2027 vorsieht, nennt die Deutsche Rentenversicherung den 1. Januar 2028 als realistischen Starttermin. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Mütterrente auf die Grundsicherung angerechnet wird. Dies kann dazu führen, dass eine Erhöhung der Rente durch die Aufstockung ausbleibt.

Im Video: CSU-Chef Markus Söder im ARD-Sommerinterview

CSU-Chef Markus Söder im ARD-Sommerinterview
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CSU-Chef Markus Söder im ARD-Sommerinterview

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Disclaimer, 26.08.2025, 9:10: Wir haben im Teaser den zweiten Satz verändert, um die Aussage von Söder besser zu beschreiben. Vorher stand dort: "Bei einer Aussage zu Migranten in Bayern im bundesweiten Vergleich liegt er jedoch falsch." Jetzt steht dort: "Bei der Aufnahme von Migranten liegt Bayern aber hinter NRW".