Die Nerven liegen blank auf der Badeinsel Absberg am kleinen Brombachsee. Zum ersten Mal in der Geschichte verhängten die Behörden ein zweiwöchiges Badeverbot. Und damit musste auch die Wakeboard-Anlage ihren Betrieb vorübergehend einstellen. "In der beginnenden Ferienzeit ist das für uns eine schwere Katastrophe", sagt Betreiber Andreas Ficker. Die Befürchtungen sind wahr geworden: Das Problem aus dem benachbarten Altmühlsee hat inzwischen auch den Brombachsee erreicht.
Hochwasserspeicher Fränkisches Seenland: Alles hängt zusammen
Im Altmühlsee sind die gesundheitsschädlichen Blaualgen schon seit Jahren ein großes Problem. Doch im vorigen Jahr hatten sich die sogenannten Cyanobakterien so massenhaft vermehrt wie noch nie. Der flache See wurde als Hochwasserspeicher gebaut.
Vor 40 Jahren wurde das Seenland gebaut, um den trockenen Norden Bayerns mit Wasser zu versorgen. Das Wasser der Altmühl wird hier aufgefangen und anschließend in den Kleinen Brombachsee geleitet. Der Tourismus hat der Region einen gewaltigen Schub gebracht. Doch mit jeder Blaualgenwarnung bleiben Gäste weg. Und der Region entgehen viele Millionen Euro.
Klimaerwärmung macht die Lage schlimmer
Die Klimaerwärmung ist eine der wesentlichen Gründe für die Verschärfung des Problems. Durch wärmeres Wetter im Frühjahr bekommen die Blaualgen einen Entwicklungsvorsprung, sagt Thomas Keller, Leiter des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes Ansbach. "Und wenn sie einmal Überhand nehmen, dann sind sie einfach da und überdecken die normalen Algen." Sie finden im phosphatreichen Schlamm des Altmühlsees ausreichend Nährstoff. Und hier haben sich gewaltige Mengen angesammelt.
Phosphat im Schlamm: Wie kann man den loswerden?
Um das Blaualgenproblem zu lösen, müsste man den Schlamm loswerden. Geschätzt 800.000 Kubikmeter davon befinden sich derzeit im Altmühlsee. Das Wasser abzulassen, ist keine Option. "Man würde die komplette Ökologie zerstören, die sich in 40 Jahren entwickelt hat", sagt Helga Pfitzinger-Schiele, zuständige Abteilungsleiterin für den See beim Wasserwirtschaftsamt.
Außerdem würde der See für mehrere Jahre als Hochwasserspeicher ausfallen. Es müsste also nass gebaggert werden, ohne dabei zu viel Phosphat aufzuwirbeln. Dazu laufen wissenschaftliche Untersuchungen der Wiener Universität für Bodenkultur; die Ergebnisse werden in einigen Monaten erwartet.
BR24 vor Ort: Blaualgen im Urlaubsidyll
Landwirtschaft will Bodenbearbeitung verändern
Die Spur des Schlamms führt flussaufwärts. Die Altmühl führt hier an Wiesen und Feldern vorbei. Damit bei starkem Regen weniger phosphathaltiges Erdreich abgeschwemmt wird, hat die Landwirtschaft Unterstützung signalisiert.
Landwirt Reinhold Meyer aus Colmberg hat zusammen mit seinem Sohn bereits Erfahrung gesammelt und auf seinem Maisfeld nach der Ernte sogenannte Zwischenfrüchte angebaut. Deren Wurzeln halten das Erdreich fest. Er sei zuerst kritisch gewesen, sagt der Seniorlandwirt. Doch inzwischen sei er überzeugt. "Es ist eine Win-win-Situation. Wir haben wenig Aufwand und der Ertrag ist eigentlich gut."
Tourismus fordert Differenzierung bei Badeverboten
Bis sich alle Initiativen für klareres Wasser im Altmühlsee auswirken, wird einige Zeit vergehen. Doch Wassersport-Anbieter und Gastronomen können nicht mehrere Jahre warten. Sie wollen erreichen, dass bei der Messung der Blaualgen differenziert wird.
Und die Einschränkungen beim Baden damit nicht pauschal für alle gelten müssten, sagt Andreas Ficker vom Wakepark Brombachsee. Es sei ein Unterschied, ob ein Kleinkind am Strand Wasser trinkt, sagt er. "Oder ob ein geübter Wakeboarder die Anlage nutzt und bestenfalls gar nicht ins Wasser fällt."
Wie gefährlich sind Blaualgen?
Nicht alle Cyanobakterien produzieren Giftstoffe, sagt Jürgen Geist von der TU München. Unter welchen Umständen die toxinbildenden Arten giftige Stoffe bilden, ist noch nicht ausreichend erforscht. Sein Institut soll die Gene der Blaualgen am Altmühlsee beispielhaft untersuchen. Die ersten Sensoren sind bereits eingebaut. Denn mit dem wärmeren Klima werden die Blaualgen überall mehr werden. Die Erkenntnisse könnten dann auch anderen nützen.
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