Der Zug mit sieben Castor-Behältern steht am Bahnhof Wörth.
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Der Zug mit sieben Castor-Behältern steht am Bahnhof Wörth.

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Castor-Transport mit Atommüll erreicht bald Niederaichbach

Castor-Transport mit Atommüll erreicht bald Niederaichbach

Der erste und einzige Castor-Transport mit hochradioaktivem Atommüll nach Bayern soll heute sein Ziel erreichen. Der Transport hat Unterfranken ohne Zwischenfälle passiert. Nun ist er auf dem Weg von Landshut nach Niederaichbach.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Niederbayern am .

Die Ankunft der sieben Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll in Niederaichbach steht unmittelbar bevor - Zielort ist das dortige Zwischenlager Isar.

Bereits am Mittwoch vor einer Woche hatte der Schiffstransport der sieben Behälter vom englischen Sellafield in Richtung Norddeutschland begonnen. Am Morgen des 1. April erreichte das Schiff planmäßig den Zielhafen in Nordenham (Niedersachsen). Die Castoren wurden umgeladen, am Mittwochabend hat der Zug dann planmäßig um 21.45 Uhr den Hafen verlassen, wie ein Sprecher der Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) mitteilte. Inzwischen passierte der Transport Unterfranken ohne Zwischenfälle. Nach Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken waren größere Polizeikräfte im Einsatz, jedoch blieb die Lage ruhig. Am Nachmittag kam der Transport in Landshut an. Inzwischen ist er weitergefahren.

Zielbahnhof Wörth an der Isar

Am Nachmittag erreichte der Zug den Bahnhof Wörth an der Isar. Dort sollen mehrere Personenwaggons abgekoppelt werden, in denen ein Großaufgebot der Polizei die gesamte Fahrtstrecke über den Transport begleitet. Anschließend werden die Behälter zum nahegelegenen Brennelemente-Zwischenlager in Niederaichbach transportiert. Das Lager befindet sich auf dem Gelände des 2023 stillgelegten Kernkraftwerks Isar.

Bahnstrecke wird mehrere Stunden gesperrt

Wie der BR aus Sicherheitskreisen erfahren hat, wird es auf der Bahnstrecke zwischen Landshut und Dingolfing zu Einschränkungen für den Personenverkehr kommen. Der Streckenabschnitt, der durch Wörth an der Isar führt, soll am Donnerstag für mehrere Stunden in beide Fahrtrichtungen voll gesperrt werden.

Sicherheitskräfte rechnen mit Protesten

Zwar stellen sich die Einsatzkräfte auf keine größeren Proteste oder Blockaden ein, dennoch werden mehrere hundert Kräfte von Bundespolizei und Landespolizei im Einsatz sein. Bundespolizeisprecher Werner Straubinger erklärte im Interview mit dem BR: "Immer wieder ist es in der Vergangenheit zu größeren Störaktionen von Aktivisten gekommen. Unsere Aufgabe ist es hier, Gefahren von den Bahngleisen und von den Bahnanlagen abzuwehren." Mit kleineren Protesten müsse man aber zu jeder Zeit rechnen, so Straubinger. Bereits am Mittwoch haben Atomkraftgegner vor dem Landshuter Rathaus und dem Regensburger Hauptbahnhof Mahnwachen abgehalten.

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Mahnwache für den Ausbau erneuerbarer Energien am Hauptbahnhof Regensburg

Castoren enthalten Reste aus der Wiederaufarbeitung

In den sieben Castoren befinden sich atomare Abfälle aus der Wiederaufarbeitung, erklärt Stefan Mirbeth von der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ): "Bis 2005 war es gängige Praxis, dass abgebrannte Brennelemente aus den Kernkraftwerken in Wiederaufarbeitungsanlagen nach Frankreich oder England geliefert wurden. Die dortigen Abfälle müssen jetzt zurückgeführt werden."

Nach ihrem Einsatz in den deutschen Kernkraftwerken beinhalteten Brennelemente noch immer sogenannte Brennstoffreste, deren Aufarbeitung und Wiederverwendung lohnend war. Übrig blieben bei der Wiederaufbereitung aber auch radioaktive Abfälle, die nicht weiter verwertet werden konnten. Diese Abfälle wurden in einem speziellen Verfahren verglast.

Kraftwerksbetreiber zum Rücktransport der Abfälle verpflichtet

Seit 2005 ist in Deutschland der Transport in eine Wiederaufbereitungsanlage gesetzlich verboten. Die verglasten radioaktiven Abfälle müssen aus dem Ausland zurückgenommen werden. Dazu hat sich Deutschland völkerrechtlich verpflichtet. Vor allem aber die Kraftwerksbetreiber sind privatrechtlich dazu verpflichtet, die Abfälle zurückzuholen und für den Transport aufzukommen.

Zwar ist es der erste Castor-Transport nach Bayern, hochradioaktiver Atommüll liegt im Freistaat jedoch schon lange, untergebracht in Zwischenlagern auf den Arealen der früheren Kernkraftwerke Gundremmingen, Grafenrheinfeld und Isar.

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Das Atommüll-Zwischenlager Niederaichbach am stillgelegten Kernkraftwerk Isar

Zwischenlagerung auf unbestimmte Zeit

Am Standort Isar sind nach Angaben der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung derzeit 88 Castor-Behälter eingelagert. Weil das Kernkraftwerk Isar 2 erst vor knapp zwei Jahren im Zuge des Atomausstiegs abgeschaltet wurde, liegen dort noch immer Brennelemente im Abklingbecken des Reaktorgebäudes. Auch sie werden voraussichtlich Ende des Jahrzehnts ins Zwischenlager gebracht. Darin sollen dann etwa 125 von 152 genehmigten Behälter-Stellplätzen belegt sein, darunter auch die sieben Behälter, die derzeit unterwegs sind. Der hochradioaktive Atommüll wird auf unbestimmte Zeit in den bundesweit 16 Zwischenlagern bleiben.

Suche nach Endlager dürfte Jahrzehnte dauern

Die Suche nach einem Endlagerstandort läuft. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung geht davon aus, bis Mitte des Jahrhunderts einen Standort benennen zu können. Andere Prognosen reichen bis in die 2070er Jahre. Anschließend sollen der Bau und schlussendlich die Einlagerung anstehen. Beides dürfte Schätzungen zufolge ebenfalls Jahrzehnte in Anspruch nehmen.

Im Audio: Castor - die Antworten auf die wichtigsten Fragen

Archivbild: Ein Zug ist im November 2024 mit Castor-Behältern auf dem Weg nach Philippsburg bei Karlsruhe.
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BR Korrespondent Philip Kuntschner beantwortet im Gespräch die wichtigsten Fragen zum Atommüll-Transport.

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