Landwirt Markus Endres sitzt am Steuer seines Traktors. Vorne ein Frontmähwerk, hinten ein Seitenmähwerk. Er braucht viel Grünfutter für seinen Rinderzuchtbetrieb. Heute ist er dafür auf den Ländereien der Christusbruderschaft Selbitz unterwegs – eine Seltenheit. Auf anderen Wiesen mäht Endres alle sechs Wochen, hier nur ein- bis dreimal im Jahr. Der Grund: Die Ordensschwestern, denen die Fläche gehört, wollen, dass das Gras lange steht, damit es dazwischen blüht, summt und flattert.
Die Wiese der Schwestern ist eine von vielen Flächen, die den Kirchen gehören. Denn die Kirchen sind so etwas wie Großgrundbesitzer: Laut einer Untersuchung des Thünen-Instituts aus dem Jahr 2024 sind in Bayern rund 1,7 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Kirchenbesitz. Deutschlandweit sind es 2,3 Prozent. Das sind nach dieser Berechnung über 380.000 Hektar – was etwas mehr als der Fläche von Mallorca entspricht. Bei der Größe wird klar: Es ist relevant, wie dieses Land bewirtschaftet wird.
Moore schützen oder bewirtschaften?
Auch im Donaumoos, dem größten Niedermoorgebiet Bayerns, besitzt die Kirche Land. Die Böden hier sind kostbar. Denn die Torfschichten darunter sind noch bis zu sieben Meter dick – ein wichtiger CO₂-Speicher. Doch das Moor droht auszutrocknen. "Durch die Entwässerung entweicht dieser Kohlenstoff und wird zu schädlichen Klimagasen", sagt Leoni Henle, Moormanagerin bei der Regierung von Oberbayern.
Um den CO₂-bindenden Torf langfristig zu erhalten, will die bayerische Staatsregierung einen Teil des Donaumooses wiedervernässen, das heißt, den Grundwasserspiegel anheben. Mitziehen müsste aber die katholische Kirche, die hier Flächen besitzt und diese verpachtet, meist an Landwirte. Doch bisher hat die Kirche die Flächen nicht für den Moorschutz freigegeben.
Rückfrage beim zuständigen Bistum Augsburg: Die für den Boden zuständige Pfarrpfründestiftung, die die Ländereien verwaltet, sei gesetzlich zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Mit dem Pachtzins finanziere man etwa die Gehälter der Ortspfarrer. Aber ganz ausschließen will man nicht, Grundstücke für eine Wiedervernässung zur Verfügung zu stellen.
Nachhaltigkeit: Auch für die Kirche geht es ums Geld
Zurück auf der Wiese der Ordensschwestern aus Selbitz - hier soll das Grün lange stehen, damit sich beispielsweise Insekten dort ansiedeln können. Sie ab und an zu mähen ist für den Artenschutz sinnvoll, ansonsten würde sie verbrachen. Sträucher und Bäume würden wachsen und der Lebensraum Wiese verloren gehen. Die Mäharbeiten übernimmt Landwirt Endres. "Das erleichtert uns die Arbeit", sagt Schwester Silja Grotewold.
Was der Artenvielfalt hilft, schmeckt den Tieren von Landwirt Endres jedoch nicht so sehr: "Jeder Tag, den das Gras länger steht, macht es härter. Es hat dann weniger Energie und Eiweiß." Das seltene Mähen bedeutet weniger Belastung der Fläche, aber auch weniger Ertrag für den Landwirt. Und für die Schwestern. 310 Euro muss der Landwirt in Naturalien für die gepachtete Wiese pro Jahr bezahlen. Ohne die Öko-Vorgaben könnten die Ordensschwestern wohl mehr einnehmen. Die schonende Bewirtschaftung von Flächen hängt schlussendlich auch daran, ob sich kirchliche Träger das leisten können. Die Schwestern sind auf die Pacht der Wiese derzeit nach eigener Aussage nicht angewiesen.
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