Im Sommer vor drei Jahren kostete das Deutschlandticket neun Euro. Im Mai 2023 stieg der Preis dann auf 49 Euro. Ab diesem Jahr kam der Ursprungspreis nochmal obendrauf: Aktuell liegen die Kosten bei 58 Euro.
Heute beraten die Verkehrsminister über eine mögliche weitere Preissteigerung. Experten warnen, dass das Ticket seine Attraktivität verlieren könnte. Wie denken Menschen in Bayern darüber und wann ist ihre Schmerzgrenze erreicht?
Auszubildender: Ab 60 Euro ist Schluss
Jiannis Schtzegrgou ist Auszubildender in Ingolstadt. Er muss auf seine Ausgaben achten. "Lebensmittel werden teurer, alles steigt", sagt er. Mehr als 60 Euro kann er für das Deutschlandticket nicht ausgeben. Schtzegrgou könnte sich allerdings auch ein Modell vorstellen, bei dem er nur innerhalb seiner Stadt vergünstigt fahren kann.
Herbert Kempter hingegen will das Deutschlandticket weiter nutzen – ob mit oder ohne Preissteigerung. Er und seine Frau sehen einen Vorteil darin, dass sie den ÖPNV in jeder Stadt nutzen können, ohne überlegen zu müssen, welches Ticket benötigt wird. Dass er als Stadtbewohner mehr vom Ticket profitiert als Menschen auf dem Land, ist ihm bewusst. Aber: "Ich muss mit meinen Steuern auch für die Straßen und Autobahnen mitbezahlen, nutze sie aber nicht", so der Rentner.
Familien mit Kindern sollten mehr mitgedacht werden
Eine Mutter aus Baden-Württemberg, die ihren Namen nicht im Artikel lesen will, wünscht sich beim Deutschlandticket mehr Vereinbarkeit für die Familie: "Wenn man sich maximal auf 50 Euro einigen könnte und die ganze Familie mitnehmen könnte – das wäre richtig toll", sagt sie im Gespräch mit BR24. Das derzeitige Modell sieht eine kostenlose Mitnahme nur für Kinder bis sechs Jahren vor.
Die junge Frau kritisiert auch die unzuverlässigen Verbindungen: Oft gebe es Zugausfälle. Das sei so unpraktisch, dass sie häufig doch mit dem Auto unterwegs sei. Einen Preis von 70 Euro würde sie beim Deutschlandticket noch akzeptieren, teurer dürfe es nicht werden.
Pro Bahn: Preiserhöhung wäre "fatale Signalwirkung"
Auch Lukas Iffländer, bayerischer Landesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn, warnt vor den möglichen Folgen einer Erhöhung. "Schon die letzte Preissteigerung von 49 auf 58 Euro hat viele Kunden vergrault. Die erhofften Mehreinnahmen blieben aus, weil zu viele abgesprungen sind", warnt er. Gerüchte sprechen laut Iffländer von einem Anstieg auf 62 bis 64 Euro. Das wäre seiner Ansicht nach ein "fatales Signal", gerade für Geringverdiener.
Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert stattdessen bessere Angebote im ländlichen Raum. "Anstatt das Ticket ständig teurer zu machen, sollte die Politik überlegen, wie man den Nahverkehr attraktiver und einfacher gestalten kann."
"Benutze es nicht, weil ich vom Dorf komme"
Diese Forderung ist häufig auch von Menschen zu hören, die auf dem Land leben. An Orten, wo der Bus nur zweimal am Tag kommt, lohnt sich ein Deutschlandticket kaum. "Ich nutze es eigentlich gar nicht", erzählt eine Frau BR24. Sie habe es sich nur ausnahmsweise einmal gekauft, weil sie in diesem Monat häufiger unterwegs war. "Aber eigentlich benutze ich es nicht, weil ich vom Dorf komme und wir nicht so gute Verbindungen haben."
Anders geht es Menschen, die gerne mal ins Grüne hinausfahren: "Mein Elternhaus befindet sich im Landkreis Kronach. Regelmäßig fahren wir am Wochenende und in den Ferien dorthin", erzählt Kilian Peetz aus Fürth. Obwohl sich die Kosten für ihn und seine Familie durch das Deutschlandticket sogar etwas erhöht haben, will er weiter darauf setzen und erzählt zufrieden: Die mit dem Auto zurückgelegten Kilometer habe er von 15.000 auf 6.000 im Jahr reduziert.
Was wäre der richtige Preis für möglichst viele?
Wie viel müsste das Deutschlandticket kosten, um möglichst viele Menschen anzusprechen? Verkehrsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung hat errechnet, dass 29 Euro der optimale Preis wäre. Bei diesem Angebot würden zusätzlich 30 bis 40 Millionen Menschen mehr das Ticket nutzen. Viele Menschen haben seiner Ansicht nach wenig Vertrauen in den Öffentlichen Nahverkehr, deshalb könne man sie nur mit einem radikalen Preis einfangen. Nach Einschätzungen des Experten könnten sich die Nutzerzahlen bei einer Preiserhöhung auf 64 Euro gar halbieren.
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