Es ist ein Verbrechen, das viele im Gerichtssaal sprachlos zurückließ – selbst erfahrene Anwälte zeigten sich schockiert von dem Ausmaß menschlicher Abgründe, die sich hier auftaten: Hinter einer gutbürgerlichen Fassade im Bamberger Landkreis hat ein 56-jähriger Mann mindestens dreimal versucht, seine Ehefrau mit Gift umzubringen.
Bei dem letzten Versuch aß auch sein heute 26-jähriger Sohn von einer vergifteten Pizza. Beide schwebten danach in akuter Lebensgefahr. Dass die Ehefrau noch lebt, sei nur dem Ringen der Rettungskräfte zu verdanken, so der Richter. Dafür wurde der Mann nun vom Landgericht Bamberg zu elf Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.
Die Frage nach dem "Warum?" bleibt ungeklärt
Warum trennte sich der 56-Jährige nicht einfach von seiner Ehefrau, als er im Jahr 2022 im Internet eine deutlich jüngere Frau kennenlernte, sondern schmiedete stattdessen Mordpläne? Diese Frage konnte auch der Prozess nicht beantworten. Der Angeklagte legte zwar ein Geständnis zu den Taten ab, aber zu seinem Motiv äußerte er sich nicht.
Als Mordmerkmal nimmt das Gericht deshalb 'Heimtücke' an - aus der "sehr komfortablen Beweislage" lasse sich ein zweifelsfreies Bild nachzeichnen, was der Verurteilte vorgehabt habe, so der Richter bei der Urteilsverkündung.
Ehefrau sollte sterben, mit Giftpflanzen aus dem Internet
Weil er mit der jüngeren Frau sich ein neues Leben in dem Haus, das auch seiner Frau gehört, erträumt habe, sollte die Ehefrau sterben. Und zwar so "unauffällig", dass es seinen Sozialstatus nicht gefährdet. Der Staatsanwalt drückte es in seinem Plädoyer am Donnerstag so aus: "Sie haben ihre Frau so aus dem Weg räumen wollen, dass sie mit der Neuen händchenhaltend am Friedhof spazieren gehen können".
Darum begann der Mann ab Sommer 2023 von seinem Arbeits-Computer aus, im Internet nach Giftpflanzen zu recherchieren, wie Paternostererbsen, Eibe, Tollkirsche und Blauer Eisenhut. Die Anklage ging noch von sieben Mordversuchen aus, doch weil sich vier nicht zweifelsfrei belegen ließen, blieben am Ende drei übrig.
Taten fliegen auf, als Sohn mit vergiftet wird
Nach dem er ihr im April 2024 Paternostererbsen ins Essen mischte, erlitt seine Frau schon massive Herz-Kreislaufbeschwerden, lag tagelang im Krankenhaus. Und noch während sie dort lag, suchte der Täter im Internet nach neuen, wirksameren Pflanzen. Wie ein Polizist berichtete, der die Internetverläufe ausgewertet hat, googelte er auch "kann man eine Beerdigung von der Steuer absetzen?".
Dieses Vorgehen löste im Gerichtssaal bei vielen Fassungslosigkeit aus. Ein zweiter Versuch mit einer vergifteten Lasagne scheitert ebenfalls. Doch als der Vater an einem Freitag im Dezember 2024 der Familie eine mit Blauem Eisenhut vergiftete Pizza auftischt, woraufhin Mutter und Sohn kollabieren, fliegen seine Taten auf.
Flucht nach Frankreich
Laut Gericht, ist es nur dem Rettungsdienst und zwei Notärzten zu verdanken, dass Mutter und Sohn überlebten. Der Jüngere übergibt sich mehrfach, muss aber trotzdem reanimiert werden. Die Mutter sei bereits ohne Lebenszeichen ins Krankenhaus transportiert worden, erst dort gelingt die Reanimation. Der Täter redete während der Rettungsaktion abfällig über seinen Sohn und flüchtete noch an dem Wochenende mit seiner neuen Liebe, die er bisher nur durch Videotelefonate kannte, nach Frankreich.
Weil die Ärzte schnell erkannten, dass mit der Pizza etwas nicht stimmte und das Gift nachgewiesen wurde, konnte er kurz darauf in Toulouse festgenommen werden. Hätte nicht - zufällig oder geplant, blieb offen - auch der Sohn von der präparierten Pizza gegessen, hätten Mediziner bei der Frau wohl ein Herzversagen angenommen und der Mordplan wäre aufgegangen, so der Staatsanwalt.
Lebenslange Haft wäre möglich gewesen
All das spricht gegen den Angeklagten und hätte auch eine lebenslange Haftstrafe ermöglicht, so der Richter. Doch weil die Opfer überlebten und es bei den Mordversuchen blieb, war auch ein milderes Urteil möglich. Zudem sprach für den Angeklagten sein Geständnis, dass er bisher ein unbescholtener Bürger war und eine persönliche Entschuldigung bei der Familie.
Zwischenzeitlich hatte der 56-Jährige sogar noch versucht, den Mordverdacht auf seinen Sohn zu lenken. Trotz alledem hat sich die Ehefrau mittlerweile mit ihrem Mann ausgesöhnt. Sie wolle, dass er zwar angemessen bestraft, aber nicht "zerstört" werde, sagte ihr Verteidiger in seinem Plädoyer. So verhängte das Gericht die Haftstrafe von elf Jahren und vier Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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