Die Verlagerung der Hochschule für Finanzbeamte nach Kronach ist beschlossene Sache. Ab dem Semester 2030/2031 sollen rund 400 junge Finanzbeamte künftig nicht mehr im oberbayerischen Herrsching, sondern in Oberfranken unterrichtet werden. Im Zuge zahlreicher Behördenverlagerungen in strukturschwache Regionen ist der Umzug für Kronach ein Glücksfall, aus Sicht der Finanzgewerkschaft hingegen bedeutet sie eine mögliche Schwächung der gesamten Bayerischen Finanzverwaltung.
Finanzgewerkschaft erwartet Mangel an Dozenten
Die Bayerische Finanzgewerkschaft befürchtet, dass es rund um Kronach an Dozenten fehlen wird. "Unter den heutigen Bedingungen wird Kronach nicht laufen", sagt Gerhard Wipijewski, Vorsitzender der Bayerischen Finanzgewerkschaft. Größtenteils sind nebenberufliche Dozenten im Einsatz, also Finanzbeamte, die nebenbei noch unterrichten.
Während im Raum Herrsching und dem Ballungsraum München mehr als 500 Betriebsprüfer in den Finanzbehörden arbeiten, sind es rund um Kronach nur 30, sagt Wipijewski. "Dieser Personenkreis ist für die nebenamtliche Lehre am wichtigsten." Rund 200 dieser nebenberuflichen Dozenten würden in Kronach benötigt, so die Gewerkschaft.
Probleme für gesamte Finanzverwaltung befürchtet
Fehlendes Personal in der Lehre würde später auch die gesamte Finanzverwaltung in Bayern gefährden, so Wipijewski. Die sei schon jetzt auf Kante genäht und habe einen extremen Personalbedarf. Wenn die hauptamtliche Lehre weiterhin nicht durch gut bezahlte Professoren, sondern nebenamtliche Dozenten laufen soll, sieht Wipijewski schwarz: "Der Bedarf von über 200 Personen wird nie und nimmer zu decken sein." Auch sorgt sich die Gewerkschaft um die Möglichkeit an kurzfristigen Unterkünften für Dozenten, aber auch für Studierende. Die Situation rund um Herrsching sei derzeit sehr gut, in Kronach fehlten diese Angebote.
Landtagsabgeordnete sieht Kronach gut aufgestellt
Die Kritik der Gewerkschaft ist auch im Kronacher Rathaus angekommen. Die Bürgermeisterin Angela Hofmann (CSU) versucht allerdings, was die Übernachtungsmöglichkeiten angeht, zu beruhigen. Kronach sei auf den kurzfristigen Wohnungsmarkt eingestellt, sagt sie. Bereits jetzt habe die Stadt durch Ärztinnen und Ärzte im Praktikum oder Studierende ausreichend Wohnraum zur Verfügung. Auch die Landtagsabgeordnete Sabine Gross (SPD) sieht Kronach gut aufgestellt. Es gebe rund um Kronach viele Finanzbeamte, die gerne als Dozenten arbeiten würden, sagt sie im BR24-Gespräch.
Ähnliche Bedenken habe es auch bei der Verlagerung der Beamtenfachhochschule nach Hof gegeben: "Es gab genau den gleichen Zirkus und was ist passiert? Die Welt ist nicht untergegangen", so die Abgeordnete weiter. Kronach sei gut aufgestellt und freue sich auf den "großen Gewinn für die Stadt".
Ministerium: "Möglichkeiten heimatnaher Ausbildung erweitert"
Rund 400 Millionen Euro sind derzeit für den Neubau und den Umzug nach Kronach veranschlagt. Der Ministerrat hatte im Sommer 2025 beschlossen, aus einer angedachten Teilverlagerung eine Komplettverlagerung nach Kronach voranzutreiben. Die Kritik der Finanzgewerkschaft ist im zuständigen Finanzministerium bekannt.
Man arbeite mit Hochdruck, um baldmöglichst mit dem Bau beginnen zu können, heißt es von einer Ministeriumssprecherin auf BR24-Anfrage: "Durch die Komplettverlagerung des Standorts Herrsching nach Kronach werden die Möglichkeiten einer heimatnahen Ausbildung für aus dem nordbayerischen Raum stammende Studierende erweitert." Etwa die Hälfte der Teilnehmenden komme aus dem Norden Bayerns.
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