Auf 355 Hektar Freiland wurde im Jahr 2024 in Deutschland Holunder angebaut. Zum Vergleich: die Fläche für Himbeeren war in etwa gleich groß, die für Heidelbeeren allerdings zehnmal so groß. Etwa 2,5 Hektar Holunder-Anbaufläche mit rund 1.500 Bäumen liegen im schwäbischen Ried, Ortsteil Burgstall. Auf dem Hof der Familie Näßl steht derzeit die Haupternte an.
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Keine unreifen Holunderbeeren essen!
Xaver Näßl zeigt den acht Erntehelferinnen und -helfern, welche Holunderbeeren sie pflücken dürfen und welche nicht. Schön blauschwarz müssen sie sein, ja nicht rot! Denn unreife Früchte, die Blätter und die Rinde enthalten den Giftstoff Sambunigrin. Der Genuss kann laut Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) zu Erbrechen, leichten Krämpfen und Durchfall führen. Ernten solle man den Holunder erst, wenn alle Beeren blauschwarz gefärbt sind. Reife Früchte seien zwar weitgehend Sambunigrin-frei, bei empfindlichen Menschen löse der Rohverzehr dennoch Übelkeit aus. Durch Erhitzen über 80 Grad zerfällt das Gift und die Frucht kann zum Beispiel für Saft, Mus oder Marmelade verwendet werden.
Auslöser für Holunderanbau bei den Näßls war BSE
Angefangen mit dem Holunder haben die Näßls vor über 25 Jahren. Der Auslöser war die Rinderseuche BSE in Großbritannien. Damals bestritt die Familie ihr Einkommen hauptsächlich über Rinderhaltung. Dann hatte Ottilie Näßl die Idee mit dem Holunder. Ungefähr genauso lange wie es den Holunder am Hof gibt, ist Sohn Max auf der Welt. Er will den Hof übernehmen. Auch wenn die Ernte komplett in Handarbeit erledigt werden muss, Maschinen gibt es dafür keine. Aber Max gefällt die Arbeit mit "der alten Superfrucht", wie er sagt. "Natürlich ist man voll abhängig vom Wetter, aber für mich wär' das nix im Büro zu sitzen, da bekomm' ich die Krise".
Vor fast genau zwei Jahren hat sich allerdings gezeigt, wie abhängig der Familienbetrieb vom Wetter ist. Ein Hagelschauer hat in der Region gewaltige Schäden angerichtet. Auch der Hof der Näßls blieb nicht verschont, die ganze Ernte wurde zerstört. Doch heuer läuft es bislang gut beim Pflücken.
Saft, Gelee und Nudeln aus Holunder
Max fährt die empfindlichen Beeren mit dem Traktor zum Hof. Dort muss er sie mit Wasser kühlen, damit sie nicht der Hitze zum Opfer fallen. Danach wird weitergepflückt, bis alle Bäume leer sind. Das braucht etwa drei ganze Tage. Die Beeren werden zu Holundersaft gepresst.
Verkauft wird der Saft vor allem im eigenen Hofladen. Max Mutter Ottilie hat aber nicht nur Saft im Angebot, sondern zum Beispiel auch Sirup, Gelee und sogar Nudeln.
Hut ab vor dem Holunder!
Die Germanen haben den Holunder der Hausgöttin Freya (Holla) geweiht, wie es von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) heißt. Demnach gab es früher keinen Bauernhof ohne Holunder. Früher hütete man sich auch davor, einen Hollerbaum zu fällen. Er galt laut LfL als Schutzbaum und wurde mit seinen Blättern, Blüten, Früchten und Rinde als Obstbaum sowie als Hausapotheke genutzt.
Laut Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) haben die Blüten viel Vitamin C, der enthaltene Farbstoff Sambucyanin gelte als probates Mittel zur Herz-Kreislauf-Stärkung und gegen Erkältungen. Aus Respekt vor den segensreichen Wirkungen hieß es sogar, man solle beim Vorübergehen stets den Hut ziehen.
Von Sirup und Hollerküchle bis Buttermilch-Holunder-Basilikum-Torte
Aus den reifen Beeren lässt sich zum Beispiel Saft machen. Aber in der bayerischen und österreichischen Küche spielen auch die Blüten eine Rolle - unter anderem für Hollerküchle. Auch Holundersirup aus den aromatischen Blüten erfreut sich großer Beliebtheit.
Aber auch Salz, Nudeln, Tee und Wein kann aus beziehungsweise mit Holunder hergestellt werden. Noch exotischer sind Holunder-Panna cotta und Buttermilch-Holunder-Basilikum-Torte.
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