Nach den Untreue-Vorwürfen gegen die Vorsitzende der Regensburger Tafel will sich der Verein neu aufstellen. Ziel sei es, die Tafel zum 15. September oder auch etwas früher wieder zu öffnen, sagt Vorstandmitglied und Schriftführer Georg Forster dem BR. Inzwischen seien vereinzelt Spender abgesprungen, die monatlich Geld an die Tafel überweisen.
Ehemalige Vorsitzende in Untersuchungshaft
Die ehrenamtliche Vorsitzende der Tafel wurde laut der Staatsanwaltschaft Regensburg am 25. Juli festgenommen. Sie sitzt in Untersuchungshaft. Den Haftbefehl begründete das Amtsgericht Regensburg mit Flucht- und Verdunkelungsgefahr, so die Staatsanwaltschaft.
Vermögenswerte im Gesamtwert von 69.000 Euro veruntreut?
Die Ermittler beschuldigen die Vorsitzende, in den vergangenen Jahren Vermögenswerte veruntreut zu haben, die der Tafel zustanden. Dabei soll es sich sowohl um Geld als auch um Gegenstände handeln – in einem Gesamtwert von 69.000 Euro. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen geht es um 352 Fälle. Die Anwälte der Vorsitzenden wollen sich weiterhin nicht dazu äußern.
Außerdem gibt es laut Staatsanwaltschaft noch einen weiteren Tatvorwurf gegen die Vorsitzende, der nicht in Zusammenhang mit der Tafel stehe. Dazu macht die Staatsanwaltschaft nach wie vor keine näheren Angaben.
"Schlag in die Magengrube - Vorfall schadet uns"
Der Landesvorsitzende der Tafel in Bayern, Peter Zilles, spricht mit Blick auf die Vorwürfe gegen die Vorsitzende von einem "Schlag in die Magengrube". Man sei erst einmal fassungslos gewesen. "Natürlich schadet uns so ein Vorfall", so Zilles.
Auch Forster spricht von einem "großen Imageverlust für die Tafeln". Gleichzeitig betonen beide die Unschuldsvermutung. Forster sagt, ein neuer Vorsitzender solle bei einer Mitgliedervollversammlung gewählt werden. Ein Datum dafür stehe aber noch nicht fest.
Betroffener: "Folgen sind brutal für uns"
Seit die Ermittler die Räume der Tafel im Regensburger Norden Anfang Juni durchsucht haben, gibt es vor Ort keine Lebensmittelausgabe mehr. Für Georg Gonschor ist das ein Einschnitt. Der 49-Jährige bekommt Bürgergeld und war vor der Schließung jede Woche einmal bei der Tafel, wie er sagt. "Die Folgen sind brutal für uns", so Georg Gonschor. "Jeder weiß, wie teuer Lebensmittel sind." Er ist froh über andere Anlaufstellen in der Stadt, über die er sich mit Essen versorgen kann, etwa in der Bahnhofsmission, bei der Lebensmittelausgabe der "Rengschburger Herzen" und den Streetworkern der Caritas.
Auch Thomas Franz ist Tafel-Kunde. Er bezieht Erwerbsunfähigkeitsrente. "Man macht sich Gedanken, wie man über die Runden kommt", sagt der 42-Jährige. "Ein bisschen verzweifelt man auch." Beide hoffen, dass die Tafel schnell wieder aufmachen wird. Dass die Tafel in der Vergangenheit während der Schulferien größtenteils geschlossen hatte, darauf hatten sich die beiden schon eingestellt. Die lange Schließung seit Anfang Juni macht ihnen allerdings zu schaffen. Gleichwohl müsse in Regensburg niemand hungern, sagen sie.
Vorsitzende war CSU-Kandidatin für die Stadtratswahl 2026
Das sieht auch Regensburgs Sozialbürgermeisterin Astrid Freudenstein (CSU) so. Um das zu unterstreichen, veranstaltete sie kurzfristig am Montag eine mehrstündige Rundfahrt für Medienvertreter zu einzelnen Hilfseinrichtungen in der Stadt. Sie spricht von einem "stabilen Netz" an sozialen Initiativen und Vereinen.
Zu den Ermittlungen gegen die Vorsitzende der Tafel sagt sie: "Für mich war es auch ein Schock." Die Vorsitzende, die seit 2021 die Regensburger Tafel leitete, war bis vor kurzem CSU-Kandidatin für den Stadtrat bei der Kommunalwahl im März nächsten Jahres. Nach der Verhaftung gab die CSU bekannt, dass sie auf die Kandidatur verzichtet. Freudenstein selbst tritt bei der Wahl für das Amt der Oberbürgermeisterin an.
Im Video: Regensburg - Neubeginn bei der Tafel geplant
Seit Anfang Juni sind die Tore bei der Regensburger Tafel im Regensburger Norden geschlossen. Es gibt keine Lebensmittelausgabe für Bedürftige.
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