Jetzt ist es offiziell: Im Ruhmestempel Walhalla östlich von Regensburg werden Büsten der jüdischen Publizistin Hannah Arendt und der CSU-Ikone Franz Josef Strauß aufgestellt, wie das bayerische Kabinett in Regensburg beschloss.
Damit würden dort "die letzten beiden freien Plätze" besetzt, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Arendt war von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften vorgeschlagen worden, Strauß von Söder "und vielen anderen".
Söder: "Immer ein Fan von Strauß"
Der Ministerpräsident betonte: "Ich war auch immer ein Fan von Franz Josef Strauß." Schon vor zehn Jahren und somit noch als Finanzminister hatte Söder einen Platz für Strauß in der Walhalla verlangt. Vergangene Woche gab Söder dann bei der CSU-Klausur in Kloster Banz bekannt, dass das Verfahren für die Aufnahme von Strauß und Arendt eingeleitet werde.
Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) würdigte beide Persönlichkeiten daraufhin als leuchtende Vorbilder: "Strauß ist der Vater des modernen Bayern, 'Praktiker der Freiheit' und erst der dritte Politiker neben Otto von Bismarck und Konrad Adenauer, der in der Walhalla aufgenommen wird. Arendt ist als Vordenkerin gegen Totalitarismus und 'Philosophin der Freiheit' eine der größten politischen Theoretikerinnen des 20. Jahrhunderts."
Kabinett hat das letzte Wort
In der Walhalla werden derzeit 132 Persönlichkeiten mit Marmorbüsten geehrt – von Johann Wolfgang von Goethe über Immanuel Kant bis Sophie Scholl. Aufgenommen werden können laut Wissenschaftsministerium nur Persönlichkeiten, die mindestens 20 Jahre tot sind, der germanischen Sprachfamilie angehören und "Bedeutendes in Politik, Sozialwesen, Wissenschaft oder Kunst vorweisen können".
Anträge auf die Aufnahme neuer Büsten kann jeder beim Wissenschaftsministerium einreichen. Das Ministerium übermittelt dann die gesammelten Anträge der Akademie der Wissenschaften, die zu den Verdiensten der Persönlichkeiten eine Bewertung abgibt. Die letzte Entscheidung trifft laut Ministerium aber das Kabinett, "ohne an die Empfehlung der Akademie gebunden zu sein". Zuletzt waren 2019 und 2022 Käthe Kollwitz und Max Planck aufgenommen worden.
Kritik an Aufnahme von Strauß
Die bayerische AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner lobte die Auswahl der Persönlichkeiten: die Werte des "großen Staatsmanns" Strauß – Stärke, Heimatverbundenheit und politische Weitsicht – seinen heute wichtiger denn je. Arendt sei eine "große Denkerin für die Freiheit" gewesen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Grießhammer zeigte sich erfreut über die Würdigung für Arendt, die Entscheidung für Strauß sieht er skeptisch: "Als ersten bayerischen Nachkriegspolitiker hätten wir zunächst gerne den Vater der Bayerischen Verfassung geehrt, den vor 80 Jahren ins Amt gekommenen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner." Hoegner war SPD-Politiker.
Für einen CDU-Politiker hatte der Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) plädiert: Ludwig Erhard, den Begründer der "Sozialen Marktwirtschaft". Erhard habe es geschafft, zum Bundeskanzler gewählt zu werden, was Strauß angestrebt, aber nicht erreicht habe, betonte Jung vergangene Woche. Er selbst habe schon vor sechs Jahren eine Aufnahme von Erhard beantragt, "und da war man in München noch begeistert".
Kritik hatte auch der Freie-Wähler-Kulturexperte im Landtag, Julian Preidl, geäußert: "Die Walhalla ist kein CSU-Stammtisch und kein Fanclub für Ministerpräsidenten." Strauß in eine Reihe mit Persönlichkeiten wie Sophie Scholl, Johann Wolfgang von Goethe oder Albert Einstein zu stellen, sei "nicht stimmig". Hannah Arendt dagegen gehöre in die Walhalla: Sie habe die Welt gelehrt, die Abgründe totalitärer Systeme zu verstehen.
Grünen-Kulturexpertin Sanne Kurz sprach auf BR-Anfrage von einem "Treppenwitz": "Die Walhalla ist ein nationales Denkmal, kein CSU-Souvenirshop." Wer dort Strauß neben Hannah Arendt stellen wolle, mache aus einem Ort der Demokratiegeschichte eine parteipolitische Bühne. "Hannah Arendt wird sich angesichts dieses CSU-Heiligenkults im Grabe herumdrehen."
Walhalla "ziemlich voll"
Die 1842 fertiggestellte Walhalla hatte der Architekt Leo von Klenze entworfen, der klassizistische Bau gilt als eines der bedeutendsten deutschen Nationaldenkmäler des 19. Jahrhunderts. Seit 2016 wird die Walhalla von der Bayerischen Schlösserverwaltung betreut.
Dass dort nur noch zwei Plätze vorhanden sein sollen, konnte die zuständige Außenstelle der Schlösserverwaltung in Kelheim vergangene Woche dem BR nicht bestätigen: Der Ruhmestempel sei "ziemlich voll", in der Höhe aber wäre "rein theoretisch" noch Platz, hieß es. Dort würde man die Büsten aber nur noch schlecht erkennen.
Im Video: Bayerisches Kabinett tagt in Regensburg
Ministerpräsident Markus Söder
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