Die Bandbreite reicht von Johann Wolfgang von Goethe über Otto von Bismarck bis Sophie Scholl – mehr als 130 Persönlichkeiten werden im Ruhmestempel Walhalla östlich von Regensburg mit Marmorbüsten geehrt. Laut dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) wird jetzt das Verfahren eingeleitet, um die "letzten beiden Plätze" in der Walhalla zu besetzen – mit der jüdischen Publizistin Hannah Arendt und der CSU-Ikone Franz Josef Strauß.
Söder hofft auf große Akzeptanz
Arendt sei aus der Akademie der Wissenschaften heraus vorgeschlagen worden, sagte Söder bei der CSU-Fraktionsklausur in Oberfranken. Die Aufnahme seines Vorbilds Strauß habe er selbst bereits vor einigen Jahren angeregt – neben "vielen anderen" Vorschlaggebern. Auf Social Media schrieb der Ministerpräsident, Strauß sei der Gründervater des heutigen modernen Bayerns, Arendt sei eine Kämpferin für Freiheit, Gleichheit und Demokratie gewesen.
"Ich glaube, das ist eine gute Mischung. Es zeigt übrigens auch den Anspruch der Walhalla, keine einseitige, sondern eine sehr breite Wahrnehmung zu haben", betonte Söder. Es sei ein Vorschlag, der auf "große Akzeptanz und Unterstützung stoßen könnte".
Kritik an Söders Vorschlag aus Fürth
Beim Fürther Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) stößt der Vorschlag allerdings auf Kritik. Er verweist darauf, dass die Stadt vor sechs Jahren die Aufnahme von Ludwig Erhard in die Walhalla beantragt habe. Die Staatsregierung habe dies damals wohlwollend aufgenommen.
Eine Entscheidung für Strauß und gegen Erhard wäre laut Jung eine "große Peinlichkeit" für die Staatsregierung und den gesamten Freistaat Bayern. Erhard habe es geschafft, zum Bundeskanzler gewählt zu werden, was Strauß angestrebt, aber nicht erreicht habe. "Wenn Strauß, dann nur gemeinsam mit Erhard."
Freie Wähler: Walhalla kein CSU-Stammtisch
Der Freie-Wähler-Kulturexperte im Landtag, Julian Preidl, hält Söders Vorschlag nur zur Hälfte für eine gute Idee. "Hannah Arendt hat die Welt gelehrt, die Abgründe totalitärer Systeme zu verstehen – genau solche Persönlichkeiten gehören in die Walhalla", teilte Preidl mit. Zudem seien Frauen in der Walhalla sehr unterrepräsentiert. "Es ist höchste Zeit, dass mehr weibliche Stimmen dort einen Platz finden."
Strauß sei zwar ebenfalls prägend gewesen, jedoch nicht für jeden im selben Ausmaß. "Die Walhalla ist kein CSU-Stammtisch und kein Fanclub für Ministerpräsidenten", betonte der FW-Politiker. Strauß in eine Reihe mit Persönlichkeiten wie Sophie Scholl, Goethe oder Albert Einstein zu stellen, sei "nicht stimmig". Die Auswahl solle sich an historischer Größe orientieren. Zudem habe Strauß bereits seinen Flughafen, zahlreiche Plätze und Statuen in Bayern. Er sei allgegenwärtig. "Ein Platz in der Walhalla ist dafür nicht nötig."
Ruhmeshalle nach dem Vorbild Akropolis
König Ludwig I. hatte die Walhalla in den Jahren 1830 bis 1842 errichten lassen von seinem –bevorzugten Architekten Leo von Klenze. Der klassizistische Bau in Gestalt eines von Säulen umgebenen Tempels gilt als eines der bedeutendsten deutschen Nationaldenkmäler des 19. Jahrhunderts. Inspirieren ließ sich Klenze dabei vom Parthenon auf der Athener Akropolis.
In der Walhalla werden Persönlichkeiten "teutscher Zunge" geehrt. Die Auswahl erfolgt durch das bayerische Kabinett auf Empfehlung der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Seit 2016 wird die Walhalla von der Bayerischen Schlösserverwaltung betreut.
Wer kommt rein – in die Walhalla?
Aufgenommen werden können laut Wissenschaftsministerium nur Persönlichkeiten, die mindestens 20 Jahre tot sind, der germanischen Sprachfamilie angehören und "Bedeutendes in Politik, Sozialwesen, Wissenschaft oder Kunst vorweisen können". Anträge könnten von jedermann beim Ministerium eingereicht werden. "Traditionell erfolgen neue Entscheidungen etwa im Abstand von fünf bis sieben Jahren nach einem in ständiger Praxis etablierten Auswahlverfahren."
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