Zahlreiche Autotransportwagen mit Neufahrzeugen der Unternehmen Audi und Volkswagen stehen am 25.03.2025 auf den Gleisanlagen von einem Rangierbahnhof in München (Bayern)
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Autotransportwagen mit Neufahrzeugen der Unternehmen Audi und Volkswagen stehen auf den Gleisanlagen von einem Rangierbahnhof in München

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Kein Plan fürs Auto in Bayern? Opposition und Regierung streiten

Kein Plan fürs Auto in Bayern? Opposition und Regierung streiten

Scharfe Kritik von Grünen und SPD an der Staatsregierung: Es fehle ein Plan für die Autoindustrie in Bayern. Auch Gewerkschaften sehen Handlungsbedarf. Das Wirtschaftsministerium kontert: "Völlig haltlos!" Bayern habe frühzeitig Weichen gestellt.

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Kommt Grünen-Haushaltsexpertin Claudia Köhler auf die Automobil-Strategie der bayerischen Staatsregierung zu sprechen, fällt ihr Urteil hart aus: "Meines Erachtens fehlt dieser Staatsregierung überhaupt ein Plan." Die von CSU und Freien Wählern propagierte "Technologieoffenheit" sei das Gegenteil von Planungssicherheit. "Unsere Industrie kann nicht fünf Antriebsarten parallel weltmarktfähig entwickeln. Sie muss wissen, wohin es geht."

Hilfreich wäre laut Köhler ein klarer Fokus auf eine Antriebsart: "nämlich Batterie". Ihr Fraktionskollege Markus Büchler stimmt zu: "Die bayerische Autoindustrie braucht eine klare Strategie, keine Glaubenskriege um Antriebe unter dem Vorwand der Technologieoffenheit."

SPD: "Sehe keine Strategie"

Ähnlich äußert sich SPD-Wirtschaftsexperte Florian von Brunn: Er sehe keine zusammenhängende Strategie für Bayerns Automobilindustrie, obwohl "hunderttausende Arbeitsplätze daran hängen". Viele Zulieferer seien auf Komponenten für Verbrennungsmotoren spezialisiert – auf dem Weltmarkt habe sich aber die Elektrotechnologie durchgesetzt. Probleme verursachten auch Fachkräftemangel, die Konkurrenz asiatischer Hersteller sowie Handelskonflikte.

Nötig sei ein "ausgeklügelter Rettungsplan". Dabei müssten Betriebsräte und Gewerkschaften einbezogen werden. Der Wille dazu fehle dem Wirtschaftsministerium bisher, lautet von Brunns Vorwurf.

IG Metall: "Keine Austauschkultur mit Aiwanger"

Die IG Metall Bayern ist laut Bezirksleiter Horst Ott zwar mit Ministerpräsident Markus Söder in regelmäßigem Austausch zur Auto- und Zulieferindustrie, auch zu Arbeitsministerin Ulrike Scharf (beide CSU) gebe es einen direkten Draht. Zum Wirtschaftsministerium bestünden Kontakte auf Arbeitsebene. "Es gibt allerdings keine direkte Austauschkultur mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler)."

Im Bereich Auto sieht die Gewerkschaft große Chancen für neue Industriearbeitsplätze beispielsweise in der Kreislaufwirtschaft, beim autonomen Fahren, in der Robotik. Hier seien Förderungen durch die Staatsregierung gefragt. Es liege in Aiwangers Verantwortung, eine Strategie zu entwickeln, sagt Ott. "Die bestehenden Förderkonzepte des bayerischen Wirtschaftsministeriums greifen zu kurz."

DGB: "Enttäuschend"

Damit Bayern ein Zentrum für zukunftssichere Industrien bleibt, braucht es laut DGB-Landeschef Bernhard Stiedl eine enge Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften. "Deshalb ist es enttäuschend, dass die Staatsregierung den begonnenen Zukunftsdialog mit Arbeitgebern und Gewerkschaften schleifen lässt, anstatt kraftvoll an der Zukunft zu bauen."

Ministerium: "Völlig haltlos"

Aiwangers Wirtschaftsministerium weist den Vorwurf einer fehlenden Strategie als "völlig haltlos" zurück. Die Staatsregierung habe frühzeitig auf die Transformation reagiert. Schon 2019 habe sie das Zukunftsforum Automobil initiiert und als Teil der Hightech Agenda den Automobilfonds aufgelegt. Zusammen mit Verbänden, Sozialpartnern, Herstellern und Zulieferern habe man Maßnahmen vereinbart, "durch die Fahrzeughersteller und insbesondere kleine und mittlere Zulieferer bei der Entwicklung und Fertigung neuer Produkte" unterstützt worden seien.

Dabei habe Einigkeit über einen "technologieoffenen Ansatz" bestanden, der "neben alternativen Antriebstechnologien wie Elektromobilität mit Batterie oder Wasserstoff-/Brennstoffzelle eine weitere Optimierung des Verbrennungsmotors einschließlich des Einsatzes nicht-fossiler Kraftstoffe zur CO2-Reduzierung" umfasse. Im Dezember habe es einen Auto-Gipfel der Staatsregierung gegeben. Das Verkehrsministerium von Christian Bernreiter (CSU) betont: "Die Haltung der bayerischen Staatsregierung zum Thema Automobilindustrie ist klar und einheitlich."

Ministerium will keine Technologien vorschreiben

Laut Wirtschaftsministerium ist es nicht Aufgabe des Staates, Technologien vorzuschreiben. Unternehmen müssten bestmögliche Produkte entwickeln, die sich am weltweiten Markt und Wünschen der Kunden orientieren. Die Zahlen seien eindeutig: "2024 hatten auf dem globalen Markt sechs von sieben Autos weiterhin (auch) einen Verbrennungsmotor."

Die Maßnahmen zur Bewältigung der Transformation entwickele die Staatsregierung in engem Austausch mit Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Tarifpartnern weiter: "Gewerkschaften und Betriebsräte wurden und werden dabei umfassend eingebunden."

vbw: Lob für Transformationsfonds

Unterstützung bekommt Aiwanger von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw). "Alle zur Zielerreichung gleichermaßen geeigneten Technologien müssen auch gleichberechtigt eingesetzt werden können", betont vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Hier sei der Staat gefordert, den Ausbau der Infrastruktur voranzutreiben.

Den von der Staatsregierung geschaffenen Transformationsfonds, der mit 350 Millionen Euro ausgestattet ist, begrüßt Brossardt als "klares Zeichen". Der Freistaat will damit Unternehmen fördern, die Hilfe bei der Transformation brauchen.

Zwei Stände auf der IAA

Als Sinnbild für die "industriepolitische Planlosigkeit der Staatsregierung" werten die Grünen die doppelte Präsenz auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) 2023 in München: Verkehrsministerium und Wirtschaftsministerium hätten sich "gleich zwei sündhaft teure Messestände" geleistet. Gesamtkosten laut Köhler: mehr als eine Million Euro. "Und das alles nur, weil man sich nicht mit einer gemeinsamen Stimme präsentieren will?"

Die Ministerien entgegnen, die Messestände hätten unterschiedliche Aufgaben gehabt. Das Wirtschaftsministerium war demnach im fachlich-professionellen Summit-Bereich der Messe vertreten, mit Fokus auf "technologie- und innovationsgetriebene Themen". Das Verkehrsministerium habe im Open Space die Bevölkerung über kommunale Mobilitätslösungen informiert. Ein gemeinsamer Auftritt hätte den Angaben zufolge diese Differenzierung "nicht adäquat abbilden" können.

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