ARCHIV - 12.07.2023, Schleswig-Holstein, Eekholt: Eine ausgewachsener weiblicher Wolf steht in seinem Gehege im Tierpark. (zu dpa: «Bayerns Wolfsverordnung wieder in Kraft - Bund klagt erneut») Foto: Christian Charisius/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Leichtere Abschüsse: Bayern setzt Wolfsverordnung wieder ein

Leichtere Abschüsse: Bayern setzt Wolfsverordnung wieder ein

Die erste Verordnung war vor Gericht gescheitert. Nun hat das Kabinett das Regelwerk zum leichteren Abschuss von Wölfen erneut erlassen – ohne inhaltliche Änderungen. Der Bund Naturschutz will wieder klagen und nennt das Vorgehen "unverantwortlich".

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Abschuss von Wölfen in Bayern ist wieder leichter möglich. "Es ist dringend nötig, dass wir die Bestände des Wolfes kontrollieren und reduzieren", sagte Jagdminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nach der Kabinettsitzung am Dienstag. Die abermals erlassene Wolfsverordnung soll ihm zufolge Weidetierhaltern und Landwirten helfen, die ihre Tiere nicht anderweitig vor Wolfsrissen schützen können. Solche Weidegebiete gebe es besonders in Bergregionen mit Felsen, Tälern und Gewässern.

Abgeschossener Wolf muss vorher nicht gerissen haben

Abschüsse waren auch bislang möglich. Nun muss jedoch nicht mehr nachgewiesen werden, dass der Wolf, der getötet werden soll, auch erwiesenermaßen für einen Riss, also die Tötung eines Weidetiers, verantwortlich ist. "Es bedarf keiner Individualisierung jedes Wolfs mehr", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU): "Sobald ein Riss durch Wölfe erfolgt ist, darf im Umkreis ein Wolf entnommen werden." Es brauche lediglich einen "räumlichen und zeitlichen Zusammenhang". Über einen Abschuss entscheiden laut Herrmann die Landratsämter vor Ort.

Erste Wolfsverordnung scheiterte vor Gericht

Neu sind diese Regeln nicht. Bereits im Mai 2023 hatte die Staatsregierung eine identische Wolfsverordnung erlassen - diese scheiterte allerdings vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH). Als Grund nannte das Gericht zunächst einen Formfehler. Allein weil die Staatsregierung den Naturschutz- und Umweltverbänden keine Gelegenheit gegeben hatte, sich zur Verordnung zu äußern, sei sie für unwirksam zu erklären, begründeten die Richter Mitte Juli. Man habe eine entsprechende Verbändeanhörung nun durchgeführt, sagte Herrmann, das erlassene Regelwerk sei "in der Sache aber inhaltsgleich".

Aiwanger sprach von "juristischen Querschüssen". Ihm zufolge leben in Bayern aktuell knapp 100 Wölfe in etwa zehn Rudeln: "Insgesamt ist die Situation so, dass hier ohne Probleme für den Wolf Einzeltiere entnommen werden könnten." Der Bund solle sich nun dafür einsetzen, den Schutzstatus des Wolfs auf EU-Ebene zu senken, "von streng geschützt auf geschützt". Das würde "die Bejagung massiv erleichtern".

Bund Naturschutz gegen "wahllose" Abschüsse

Richard Mergner, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern, beklagte, dass die Staatsregierung auf die gesamten Vorschläge seines Verbandes nicht reagiert habe: "Das ist ein unverantwortliches Vorgehen."

Mergner bezweifelt, dass die neue Verordnung Weidetierhaltern tatsächlich hilft. Der Wolf sei ein Herdentier. "Wenn man mit der Flinte beispielsweise ein Muttertier herausschießt, dann kommt das ganze Rudel durcheinander", so Mergner. Das könne dazu führen, dass dieses Rudel noch viel eher auf Weidetiere losgehe. Mit dem "wahllosen" Einsatz des Gewehrs erreiche man nichts.

Verband sieht Verstoß gegen nationales und EU-Recht

Der Bund Naturschutz sei nicht generell gegen den Abschuss von Wölfen, die Weidetiere reißen: "Wenn Wölfe übergriffig werden, wenn sie falsch sozialisiert sind, akzeptieren wir, dass sie geschossen werden." Die Staatsregierung aber wolle den Wolf "zum Feind" ausrufen und zeichne ein "mittelalterliches" Bild, so Mergner: "Der Wolf gehört zu Bayern und deswegen müssen wir lernen mit ihm umzugehen."

Nun sehe sich Bund Naturschutz zu einer erneuten Klage "gezwungen". Auch die inhaltlich unveränderte Verordnung verstoße gegen nationales und europäisches Naturschutzrecht, so Mergner. Jeder könne klagen "gegen alles, was er will", sagte Staatskanzleichef Herrmann und zeigt sich gelassen. Die Verordnung sei "juristisch abgewogen und durchdacht". Man könne nicht "vor lauter Angst vor möglichen Gerichtsentscheidungen" überhaupt nichts entscheiden.

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