Schreie dringen aus einem Hubschrauberwrack. Rauch steigt auf. Ein Offizier kniet außen, versucht mit den Insassen Kontakt aufzunehmen. "Rettungskräfte sind auf dem Weg", ruft der Leutnant. Immer wieder will er wissen, wie viele Männer und Frauen in der Maschine sind. Er ist einer der ersten, der sich dem Wrack nähert. Der Hubschrauber ist abgeschossen worden. Trümmerteile liegen auf dem Boden.
Auf einem Platz nicht weit von der Absturzstelle fahren unterdessen Militärfahrzeuge und Kleinbusse des Roten Kreuzes vor. Hauptmann Max nennt das, was gerade passiert, die "Chaosphase". Die Bundeswehr bittet, nur seinen Vornamen zu nennen. Feindliche Soldaten könnten noch irgendwo lauern. Die Bundeswehr muss das Gelände erst sichern, bevor die Verwundeten gerettet werden können.
Militärpolizei übt in Bayern
Der Hauptmann gehört zum Leitungspersonal der Übung "Marshal Power". Denn die Szenen, die klingen wie aus einem Kriegsgebiet, sie spielen in einem Steinbruch bei Neustadt an der Donau im Kreis Kelheim.
In Teilen Bayerns üben derzeit rund 500 Feldjäger – also Militärpolizisten – der Bundeswehr. Auf sie warten Situationen wie die im Steinbruch. Für die Übung wurde eigens der Rumpf eines Transporthubschraubers hertransportiert. Auch die Bundeswehr nutzt Maschinen dieses Typs. Im Inneren: Soldatinnen und Soldaten, die die Verwundeten spielen.
Fiktiver Bündnisfall
In der fiktiven Rahmenlage des Manövers wurde der Nato-Bündnisfall ausgerufen, weil ein Nato-Staat angegriffen wurde. Deutschland schickt Truppen zu dessen Verteidigung. Die Militärpolizisten sind hinter der Front eingesetzt und müssen dabei auch mit zivilen Einsatzkräften zusammenarbeiten. Im Steinbruch bei Neuburg sind das Ehrenamtliche des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK). Sie sind neutral, helfen aber bei der Verwundeten-Versorgung. So eine Zusammenarbeit zu trainieren, das ist eines der Ziele der Übung.
Rettung aus der Luft
Beim Rettungshubschrauber, der bald über dem Steinbruch kreist, handelt es sich indes um eine Maschine der Bundeswehr. Sie setzt Luftretter der Bergwacht ab, die Schwerstverletze ausfliegen sollen, erklärt Tobias Eberl, Katastrophenschutzbeauftragter des BRK-Kreisverbandes Kelheim. Denn die Schwerstverletzten müssen als erstes weggebracht werden.
Parallel dazu tragen Soldaten Verwundete in Zelte des Roten Kreuzes. Die Helfer haben einen Behandlungsplatz aufgebaut. Hier wird entschieden, wer wie weiterversorgt wird.
Doch dann plötzlich Schüsse. Feindliche Kräfte feuern auf das Sanitätspersonal. Ein Mann und eine Frau liegen im Dreck und schreien. Die Feldjäger erwidern das Feuer.
Freilaufende Übung
Die Soldatinnen und Soldaten wissen im Vorfeld nicht, was genau sie erwartet. Sie sollen auf Überraschungen reagieren und so dazulernen. Noch dazu ist das Manöver freilaufend – das heißt, das Übungsgeschehen findet in einem großen Gebiet im öffentlichen Raum statt. Im Falle von Marshal Power erstreckt es sich grob von München über Ingolstadt, Neuburg an der Donau, Regensburg, Deggendorf und Landshut.
Wo genau etwas passiert, ist der übenden Truppe vorher nicht klar. Im Manövergebiet ist mit Militärfahrzeugen und Soldaten zu rechnen, die etwa auch Manövermunition, also Platzpatronen, einsetzen können. Geübt wird bis einschließlich Mittwoch.
Vorfall in Erding überschattet Manöver
Weiter offen sind die Details zum Vorfall in Erding, der das Manöver überschattet: Ein Polizist hatte scharf auf einen Soldaten geschossen und diesen leicht verletzt – offenbar, weil die Polizei nichts von dem konkreten Geschehen vor Ort wusste und es falsch interpretierte. Den Beamten war mindestens eine bewaffnete Person gemeldet worden. Die Ermittlungen dazu laufen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU will den Vorfall aufarbeiten lassen. Die Übung "Marshal Power" wird fortgesetzt.
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