Am Wochenende ist in Weiden in der Oberpfalz die Bayerische Meisterschaft im Tischfußball ausgespielt worden – also im klassischen "Kickern", wie man es aus Wirtshäusern, Freizeiteinrichtungen und Mittagspausen in Unternehmen kennt. Was oft völlig unbekannt ist: Tischfußball ist eine richtige Sportart, ähnlich dem Denksport Schach. In der Oberpfalz gibt es eine Mannschaft, die als einzige aus dem Bezirk im Ligabetrieb spielt: die DJK Weiden.
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Lange Regelliste: Sprechen als Foul
In Sportkleidung, mit einem Golfhandschuh an der Hand und höchster Konzentration stehen Martin, Tom, Fabian und Lukas am Tisch und werfen eine Münze, wer beginnt. Sie nicken sich gegenseitig mit einem "OK" zu, klatschen sich nochmal ab, dann wird der Ball direkt ins Mittelfeld gelegt und es geht los: Maximal 15 Sekunden darf der Ball behalten werden, 360-Grad-Drehungen der Puppen sind nicht erlaubt, sprechen während des Spiels ist ebenfalls ein Foul. Die Liste an Regeln der Internationalen Table Soccer Federation (ITSF) ist lang.
Tischfußball: Vergleichbar mit Denksport
Der Tischfußball im Ligabetrieb ist weit entfernt vom Freizeit-Kickern in dunklen Wirtshausecken. Die Tischfußballer der DJK Weiden vergleichen es mit Denksport: "Schnell-Schach", nennen sie es. Denn gefordert seien "80 Prozent mentale Leistung, 20 Prozent Technik", dazu Schnelligkeit, Präzision und Taktik. Nicht Reagieren, sondern Taktieren. Pin-Shot, Jet, Pull-Shot oder Sling-Shot heißen die Techniken, wie sie geschickt die Stangen drehen, um taktisch zum Erfolg zu kommen.
Die Leidenschaft hat sie alle schon früh gepackt, in ihrer Jugendzeit. "Man kann sich nur steigern", schätzt Tom seit 40 Jahren seinen Sport, während Fabian vor allem das "gedankliche Verarschen" gefällt, also zu erahnen, wie der Gegner denkt.
Bei einer kurzen Unterbrechung juckt es schon wieder in den Handgelenken. Stundenlang spielen die DJK-Tischfußballer oft. "Danach sind wir durchgeschwitzt", deshalb wickelt der ein oder andere schon mal ein Band um den Griff, damit er nicht abrutscht – ähnlich wie bei einem Tennisschläger.
Keine offizielle Sportart – aber seit über 100 Jahren bekannt
Insgesamt gibt es rund 60 Mannschaften in Bayern, sagen die Tischfußballer, obwohl Tischfußball in Bayern offiziell gar nicht als Sportart gilt. Seit 2010 ist es in zwei anderen Bundesländern als gemeinnützig anerkannt, damit fließen dort auch Zuschüsse.
Erfunden wurde das "Kickern" oder "Wuzzeln", wie es in Österreich heißt, in den 1910er-Jahren. Seitdem ist ein Spieltisch mit Stangen und Spielfiguren daran aus keiner Jugendeinrichtung, keinem Partykeller und keinem Wirtshaus mehr wegzudenken. Das Spiel bringt die Menschen aller Altersklassen buchstäblich "an einen Tisch", trainiert die Hand-Auge-Koordination, Reaktionsvermögen und Feinmotorik. Deshalb ist es auch in pädagogischem oder medizinischem Umfeld beliebt.
Acht Meistertitel vergeben
Um vom klassischen Wirtshaus-Kickerspieler zum Experten zu werden, braucht es Training. In erster Linie, um die Schusstechniken zu üben und ein Ballgefühl zu bekommen, sagen die DJK-Tischfußballer.
Bei der Bayerischen Meisterschaft sind rund 200 Teilnehmer angetreten in den Kategorien Herren, Damen und Jugend – im Doppel und Einzel. Die Gewinner, vier im Einzel – unter anderem Topbas Sahin aus Nürnberg bei den Herren und Monika Schließmann aus dem Allgäu bei den Damen – plus vier Paare haben sich damit für die Deutsche Meisterschaft qualifiziert, die Ende Januar in Saarbrücken stattfinden wird.
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