Babette ist eine jüdische Frau, die im 19. Jahrhundert in Buttenwiesen gelebt hat. Ob sie tatsächlich Badefrau war, also, ob sie sich um die jüdische Mikwe und die Einhaltung der Regeln in diesem Ritualbad gekümmert hat, ist nicht überliefert. Aber es könnte sein. Denn oft waren es Witwen, die diese Aufgabe übernommen haben - erklären die Experten.
Für die Macher der App "Babettes Mikwe" Grund genug dafür, Babette zur Hauptfigur ihrer App zu machen. Die 75 Jahre alte Witwe in ihrem langen Gewand soll eine Identifikationsfigur sein, erklärt Bettina Hof.
Sie hatte die Idee für die App und die Umsetzung: "Für den Nutzer ist es wichtig, eine Figur zu haben, die ihm Orientierung gibt. Wir wollen ja auch etwas über den Lernort Buttenwiesen [externer Link] vermitteln und da bietet sich Babette Einstein an, weil es zu ihr im Ort noch etwas zu sehen gibt."
Badefrau Babette führt durch die Mikwe
Die Mikwe nämlich: ein jüdisches Ritualbad zur rituellen Reinigung. Das Wasser in der Mikwe muss "lebendiges Wasser", also etwa Regen- Quell oder Flusswasser sein. Wer sich durch die App klickt, sieht Fotos aus der jüdischen Mikwe in Buttenwiesen und bekommt Informationen zu diesem Ritual. Ergänzt wird das Ganze durch Fotos, die Hermann Walz von heutigen Mikwen gemacht hat, etwa in Bamberg und Nürnberg; außerdem durch Interviews mit lebenden Jüdinnen und Juden.
Virtuelle Tour durch ein jüdisches Tauchbad - früher und heute
Dass der Nutzer auf der virtuellen 360 Grad Tour per App [externer Link] durch die Mikwe auch Einblicke in aktuelles jüdisches Leben bekommt, hat einen Grund, erklärt Bettina Hof: "Wir erhoffen uns, dass der Eindruck entsteht, dass das nichts Fremdes ist, das weit weg passiert. Also, dass es klar wird, dass das ein stückweit Alltag hier in Deutschland ist. So dass das zum Kennenlernen der jüdischen Kultur und als Prävention gegen Antisemitismus beiträgt."
Gedacht ist die App insbesondere für Schüler der Oberstufe, also junge Erwachsene, um sich mit dem Thema Judentum zu beschäftigen. Für Grundschüler gibt es eine weitere App, in der Schundra, die Katze des Rabbiners, durch das jüdische Ensemble in Buttenwiesen führt.
Schwabens einzigartiges jüdisches Ensemble
Wie Klaus Wolf, der Vorsitzende des Netzwerks jüdischer Geschichte und Kultur in Bayerisch-Schwaben, betont, sei Buttenwiesen ein "Kronjuwel der schwäbischen Erinnerungsorte" geworden. Dort gebe es nicht nur eine Synagoge, Mikwe und Friedhof, sondern auch gut erhaltene jüdische Geschäftshäuser, so der Professor an der Universität Augsburg. Diese seien Dank des Engagements vieler Beteiligter zu begehbaren Museen geworden, so dass der Alltag der Juden nachvollziehbar werde.
Mehr Wissen - mehr Verständnis
Wenn die Schülerinnen und Schüler in der Realität sähen, so Wolf weiter, dass es hier im bayerischen Schwaben seit mehr als einem halben Jahrtausend jüdische Besiedelung gab, würden sie merken, dass Jüdinnen und Juden schon immer zu Schwaben gehörten. "Und dann bedauert man um so mehr, wenn da Leute umgebracht wurden oder Dinge zerstört wurden," so der Experte für Judentum weiter. Mehr Wissen könne für mehr Verständnis sorgen, so seine Hoffnung.
Sponsoren gesucht
Der Lernort Buttenwiesen ist zu einem Ort geworden, den viele Schulklassen besuchen und an dem junge Menschen in der Realität sowie anhand der digitalen Angebote viel erfahren können - über die Geschichte der Juden, ihr Leben und ihren Alltag. Die Hoffnung sei, so Bürgermeister Hans Kaltner, dass dadurch mehr Verständnis für das Leben der Juden geweckt werde. Denn "nur wenn sich Kulturen verstehen, respektieren und zusammenkommen, können sie sich zu gegenseitiger Blüte verhelfen". Allerdings gibt er zu Bedenken, dass für eine Weiterentwicklung des Lernorts und entsprechender digitaler Anwendungen derzeit die finanziellen Mittel fehlten. Hier hoffe man auf Sponsoren.
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