Jedes Jahr am Ende des Alpsommers werden im Allgäu die Rinder zurück ins Tal gebracht.
Jedes Jahr am Ende des Alpsommers werden im Allgäu die Rinder zurück ins Tal gebracht.
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Kurz vor dem Alpabtrieb soll eine Herde im Oberallgäu von einem Wolf angegriffen worden sein. (Symbolbild)
Bildrechte: BR/Katharina Reichart
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Kurz vor dem Alpabtrieb soll eine Herde im Oberallgäu von einem Wolf angegriffen worden sein. (Symbolbild)

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Mutmaßlicher Wolfsangriff im Allgäu beunruhigt Älpler

Mutmaßlicher Wolfsangriff im Allgäu beunruhigt Älpler

In Wertach soll ein Wolf eine Rinderherde angegriffen haben. Rund 100 Tiere gerieten in Panik - und das kurz vor dem Viehscheid, der von tausenden Zuschauern begleitet wurde. Bauern und Hirten sind beunruhigt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Es muss ein aufregender Morgen für die Rinder, Hirten und Älpler gewesen sein: Es ist der Morgen des Wertacher Viehscheids. Also der Tag, an dem die Rinder nach dem Alpsommer zurück ins Tal getrieben werden. Noch stehen die Tiere auf der Alpweide, tragen aber bereits die traditionellen Zugschellen. Plötzlich bricht Panik in der Herde aus. Rund 100 Tiere brechen durch mehrere Zäune. Die Hirten können sie wieder einfangen und schaffen es, die aufgeregten Tiere wenige Stunden später sicher ins Tal zu bringen. Dort stellen sie bei einem der Rinder eine Fleischwunde fest. So beschreibt Fabian Höß, Geschäftsführer des Alpwirtschaftlichen Vereins im Allgäu, die Vorfälle, die sich vergangene Woche im Bereich des so genannten Großen Waldes am Grünten abgespielt haben sollen.

Immer wieder sind Wölfe am Grünten unterwegs

Die Schlussfolgerung der laut Höß erfahrenen Älpler: Nur ein Wolf kann die Tiere so in Panik versetzt und verletzt haben. Beweise gibt es dafür allerdings nicht. Von der Wunde sei in der Hektik des Viehscheids, den tausende Besucher begleitet haben, kein Abstrich genommen worden.

Vom Landratsamt Oberallgäu heißt es auf BR-Anfrage: "In den letzten Jahren wurde von Sichtungen und Spuren sowie Nachweisen von Wolfspräsenz im Bereich des Großen Waldes berichtet." Es sei also grundsätzlich nicht auszuschließen, dass ein Wolf rund um Wertach anwesend war oder ist.

Seit Sommer keine nachgewiesenen Risse mehr im Allgäu

In der Nachweis-Liste des Landesamtes für Umwelt über durch den Wolf getötete Tiere sind im Allgäu im (Früh-)Sommer die letzten Vorfälle vermerkt worden: Demnach sind Ende Mai im Ostallgäu ein Kalb und im Unterallgäu drei Schafe von einem Wolf gerissen worden. Im Oberallgäu hat der als standorttreu eingestufte Wolf "GW999m" im Juli einen Rothirsch gerissen. Seither gibt es keine Eintragungen mehr, die das Allgäu betreffen.

Rinder durch Wolf "traumatisiert"

Das bedeutet laut AVA allerdings nicht, dass der Wolf nicht da ist. Immer wieder würden Hirten in den Bergen einen Wolf sichten oder beobachten, dass die Herden plötzlich untypisch unruhig sind. Oder dass es Panik gibt, in deren Folge Tiere sogar abstürzten. Die Vermutung: Die Tiere hatten eine Begegnung mit dem Wolf und sind laut Alpwirtschaftlichem Verein dadurch "traumatisiert". "Ich meine, unsere Älpler können das gut beurteilen. Sie arbeiten oft schon seit Jahrzehnten mit Rindern und erst in den vergangenen Jahren treten solche Vorfälle auf", so Fabian Höß.

Ende der Alpwirtschaft auch Ende der Kulturlandschaft

In der Folge würde die Haltung und der Umgang mit den Rindern auf den Weiden erschwert. Außerdem hätten die Älpler stetig ein ungutes Gefühl, weil sie nicht mehr garantieren könnten, die Rinder im Herbst gesund an die Bauern zurückgeben zu können. Sollte es zunehmend Probleme durch den Wolf geben, befürchten die Verantwortlichen des Alpwirtschaftlichen Vereins, dass Bauern ihre Tiere lieber im Stall lassen, als auf die Alpe zu bringen. "Wenn wir am Ende kein Vieh mehr haben, um die Flächen zu beweiden, werden sie ziemlich schnell verbuschen", so Höß. Das würde das Ende der Alpwirtschaft und damit auch der Allgäuer Kulturlandschaft bedeuten.

Forderung: pragmatisches Wolfsmanagement

Der Alpwirtschaftliche Verein erneuert deshalb seine Forderung, die er in der jahrelangen Diskussion immer wieder formuliert hat: Auffällige Wölfe sollen, trotz Schutzstatus, künftig ohne großen bürokratischen Aufwand entnommen werden dürfen. Rückendeckung bekommt er von der Oberallgäuer Landrätin Indra Baier-Müller (FW), die sich ebenfalls für ein pragmatisches und effektives Wolfsmanagement ausspricht.

Erst kürzlich hat die Bayerische Staatsregierung Änderungen im Jagdrecht beschlossen. Demnach soll der Wolf ins Landesjagdrecht aufgenommen werden und somit – zum Schutz von Weidetieren – künftig leichter abgeschossen werden dürfen. Darüber hinaus fordert die Staatsregierung aber eine bundesweite Regelung: "Bayern kann das Problem nicht allein lösen", so Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU).

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