Frank Czaja hat als Gerichtsvollzieher in Nürnberg schon vieles erlebt. Fast 13 Jahre ist er bereits im Dienst. Aber der aktuelle Fall eines Kollegen aus dem Saarland, der durch einen Schuldner bei einer Zwangsvollstreckung mutmaßlich getötet wurde, trifft ihn sehr.
Wie häufig gibt es gewalttätige Übergriffe?
"Wir machen das ja nahezu tagtäglich und kennen diese Situation, vor Ort zu sein und vor allem im Vorfeld nicht wirklich zu wissen, was einen hinter der Tür erwartet. Natürlich wird der nächste Einsatz, die nächste Vollstreckungshandlung mit einem mulmigen und durchmischten Gefühl verbunden sein", sagt er.
Auf die Anfrage, wie viel Gewalt bayerische Gerichtsvollzieher im Dienst erleben, konnte das bayerische Justizministerium keine genauen Zahlen nennen. Zwischen Juli 2022 und Juni 2023 habe es 541 dokumentierte Gewaltvorfälle im Geschäftsbereich des Ministeriums gegeben – zu diesem Bereich gehören auch die Gerichte oder Staatsanwaltschaften. Wie viele Gewaltvorfälle davon explizit gegen Gerichtsvollzieher gingen, ist nicht klar.
Kollegen haben Gewalt erlebt
Und was kann ein Gerichtsvollzieher aus der Berufspraxis dazu sagen? Frank Czaja erinnert sich, er habe zwar einzelne verbale Drohungen erlebt, körperlich aggressiv sei aber noch niemand gegenüber ihm geworden.
In der Regel sei es so, dass Schuldner und Gerichtsvollzieher sich mit Respekt gegenübertreten, so Czaja. Allerdings kenne er zwei drastische Fälle aus seinem Kollegenkreis in der Region. Einmal wurde ein Gerichtsvollzieher mit einer Schreckschusswaffe bedroht, in einem anderen Fall griff ein Mann einen Kollegen mit einem Samurai-Schwert an und verletzte ihn schwer.
Wie können sich Gerichtsvollzieher schützen?
Um auf eine Eskalation vorbereitet zu sein, haben Gerichtsvollzieher mehrere Mittel. Sie werden schon in ihrer Ausbildung darin geschult, im Gespräch zu deseskalieren und sich bei Gewalt sich bis zu einem gewissen Grad selbst verteidigen zu können. Außerdem können Gerichtsvollzieher beispielsweise auf Schutzwesten und Pfefferspray zurückgreifen.
Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit, vorab bei der Polizei zu erfragen, ob ein Schuldner gefährlich sein könnte. Sollte das der Fall sein, können die Gerichtsvollzieher sich von Anfang an im Einsatz von der Polizei begleiten lassen.
Neu: Der Alarmknopf zum Mitnehmen
Bald soll noch ein weiteres Sicherheits-Hilfsmittel dazukommen: ein Alarmknopf zum Mitnehmen, wahlweise als GPS-Notrufgerät oder als Smartphone-App auf dem Diensthandy, so das Bayerische Justizministerium. Damit ließe sich unterwegs, wenn ein Gerichtsvollzieher zunächst nur allein im Einsatz ist und angegriffen wird, schnell und unauffällig die Polizei zur Verstärkung anfordern.
Mit diesen Möglichkeiten sei man zufrieden, sagt der Vorsitzende des bayerischen Gerichtsvollzieherbundes und ehemalige Gerichtsvollzieher, Gregor Weber. "Das bayerische Justizministerium ist bemüht hier für Sicherheit zu sorgen. Aber absolute Sicherheit gibt es halt einfach nicht." Ein Restrisiko könne man niemals verhindern.
So schätzt es auch der Gerichtsvollzieher im Dienst, Frank Czaja, ein. Er sagt: "Es ist eine besondere emotionale Belastung, wenn man sein gewohntes Zuhause verliert." Eine Zwangsräumung bleibe eine Ausnahmesituation für die Betroffenen. Daran würden auch alle Sicherheitsvorkehrungen nichts ändern.
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