Der Rückbau des abgeschalteten Atomkraftwerks Isar 2 bei Landshut ist nach einem Schaden vorübergehend gestoppt worden. Was ist passiert - und wie geht es jetzt weiter? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist bei dem Zwischenfall passiert?
Aktuell werden Einbauten im wassergefüllten Reaktordruckbehälter zerlegt, der früher den Reaktorkern und die darin enthaltenen Brennelemente enthalten hat. Dazu werden unter Wasser Schnittstücke herausgenommen. Ein etwa 800 Kilogramm schweres Teil habe zur Einlagerung in sogenannte Konrad-Behälter transportiert werden sollen, sagte Kraftwerksleiter Carsten Müller dem BR. Dabei sei das Stück aus dem Haltungsinstrument herausgerutscht und in das Becken auf den Boden gefallen. Der Boden sei für diesen Fall präpariert, nicht allerdings die Seitenwände, sagt Müller.
Das heruntergefallene Metallteil sei an die Seitenwand gestoßen und habe hier einen Riss verursacht, es wurde also die innere Auskleidung des doppelwandigen Beckens beschädigt. Durch den Riss seien dann "wenige Kubikmeter Wasser" in den Zwischenraum zwischen der inneren und äußeren Beckenwand gelaufen. Dieser Raum werde überwacht, so Müller.
Das Leck sei abgedichtet worden. Das Wasser wurde über die Gebäudeentwässerung aufgefangen. Der Vorfall habe also keine Auswirkungen auf die Umgebung und die Umwelt gehabt, so Müller: "Hier fließt kein schmutziges Wasser in die Isar." Das Wasser sei lediglich in sehr geringem Maß radioaktiv, also "unbedeutend". Mitarbeiter seien nicht verletzt worden.
Schnittstücks, vergleichbar zu dem, das heruntergefallen ist und den Schaden verursacht hat. Dieses Schnittstück wurde bereits vorher abgetragen.
Welche Folgen hat die Panne?
Die Rückbauarbeiten mussten nach dem Vorfall unterbrochen werden. Wie lange die Baustelle still stehen muss, lasse sich aktuell schwer einschätzen, sagte der Kraftwerksleiter. Vielleicht dauere die Aufarbeitung bis Weihnachten. Inwieweit sich der Vorfall auf das Enddatum des Rückbaus auswirken wird, ist Müller zufolge ebenfalls unklar. Bisher ist geplant, dass die Arbeiten am Kraftwerkskomplex im Februar 2040 beendet sein sollen.
Nach Einschätzung von Bruno Thomauske, Physiker, Kernkraftexperte und langjähriger Mitarbeiter des Bundesamts für Strahlenschutz, geht es darum, die Ursachen des Ereignisses zu untersuchen. Zudem müsse geprüft werden, wie ein solcher Vorfall künftig vermieden werden kann. Dazu gebe es in der Regel eine MTO-Analyse (Mensch, Technik, Organisation). Nach Thomauskes Schätzung erfordert der Ablauf allerdings nicht nur etwa sechs Wochen, sondern mehrere Monate.
Welche Kategorien meldepflichtiger Ereignisse gibt es?
Von den drei Meldestufen ist dieses Ereignis den Angaben nach in die Kategorie "normal" gefallen. Das bedeutet, dass der Vorfall binnen fünf Tagen der Atomaufsichtsbehörde gemeldet werden muss. In der Kategorie "eilt" muss ein Vorfall innerhalb von 24 Stunden und in der Kategorie "sofort" muss er umgehend gemeldet werden. An den bundesweit sieben Standorten von PreussenElektra ist der Vorfall das insgesamt sechste meldepflichtige Ereignis in diesem Jahr.
Wie ist der Stand bei Isar 1 und Isar 2?
Block 1 des Kernkraftwerks Isar in Niederbayern wurde 1979 in Betrieb genommen, Block 2 folgte 1988. Im Zuge des deutschen Atomausstiegs wurde der Meiler Isar 1 im März 2011 zusammen mit bundesweit sieben weiteren Kernkraftwerken abgeschaltet. Er befindet sich seit 2017 im Rückbau. Das Kernkraftwerk Isar 2 ging als eines der letzten der noch laufenden Atomkraftwerke in Deutschland in der Nacht zum 16. April 2023 vom Netz. Damit war der deutsche Atomausstieg vollzogen. Der Rückbau von Isar 2 begann etwa ein Jahr später.
Danach gab es immer wieder Diskussionen um eine Wiederinbetriebnahme. Der Betreiber PreussenElektra betonte aber stets, dass dies nicht möglich sei. Geschäftsführer Guido Knott sagte am Dienstagabend, er wolle einmal mehr betonen, "dass die Messe endgültig gelesen ist".
Im Video: Zwischenfall bei Rückbau von AKW Isar 2
Zwischenfall bei Rückbau von AKW Isar 2
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