Blumen und Kerzen am Tatort des Messerangriffs im Park Schöntal in Aschaffenburg
Blumen und Kerzen am Tatort des Messerangriffs im Park Schöntal in Aschaffenburg
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Der Tatort des Messerangriffs im Park Schöntal in Aschaffenburg. Wochenlang erinnerten Blumen und Kerzen an die brutale Attacke.
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Der Tatort des Messerangriffs im Park Schöntal in Aschaffenburg. Wochenlang erinnerten Blumen und Kerzen an die brutale Attacke.

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Prozessbeginn in Aschaffenburg: Messerangreifer vor Gericht

Prozessbeginn in Aschaffenburg: Messerangreifer vor Gericht

Die Tat sorgte deutschlandweit für Entsetzen: Im Januar attackierte ein 28 Jahre alter Afghane eine Kindergruppe im unterfränkischen Aschaffenburg. Er tötete einen kleinen Jungen und einen Familienvater, der zur Hilfe eilte. Nun beginnt der Prozess.

Über dieses Thema berichtet: BR24 TV am .

Am späten Vormittag des 22. Januar 2025 erreicht die Polizei ein Notruf. Im Aschaffenburger Park Schöntal hatte ein Mann eine Kindergartengruppe mit einem Küchenmesser attackiert. Wenig später steht fest: Der 28-Jährige hat zwei Menschen getötet, darunter einen zweijährigen Jungen. Nun muss sich der Täter vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten. Ein Gutachten attestiert ihm eine psychische Erkrankung. In dem Sicherungsverfahren geht es also darum, den beschuldigten Afghanen dauerhaft in einer geschlossenen Abteilung einer Psychiatrie unterzubringen.

Angreifer attackierte erst Kinder, dann Helfer

Über die konkrete Erkrankung ist bislang wenig bekannt. Der Tathergang wirkt weitgehend geklärt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten Mord, versuchten Mord, Totschlag, versuchten Totschlag und Körperverletzungsdelikte vor. Neben dem marokkanischstämmigen Jungen tötete der Angreifer einen Familienvater. Der 41-Jährige war mit seinem eigenen Kind im Park unterwegs und eilte zur Hilfe. Außerdem verletzte der Beschuldigte ein zweijähriges, aus Syrien stammendes Mädchen und einen 73-Jährigen schwer. Auch er war zur Hilfe geeilt. Eine Erzieherin, die mit der Kindergartengruppe im Park unterwegs war, brach sich das Handgelenk.

Geldstrafen und zahlreiche Vorwürfe

Der Täter reiste Ende 2022 nach Deutschland ein. Er war bereits vor dem Messerangriff polizeilich auffällig. In nicht mal zwei Jahren ermittelte die Polizei wegen mehr als 20 verschiedener Vorwürfe gegen ihn. Unter anderem: Sachbeschädigung, Körperverletzung, Angriffe auf Einsatzkräfte. Zwei Mal wurde er zu Geldstrafen verurteilt, fünf Verfahren wurden eingestellt. Weil er eine Geldstrafe nicht zahlte, sollte er ersatzweise ins Gefängnis. Andere Verfahren waren bis Januar noch nicht abgeschlossen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfuhr all das erst nach dem Messerangriff.

Im Sicherungsverfahren am Landgericht Aschaffenburg muss sich der 28-Jährige auch wegen eines Vorfalls im August 2024 verantworten. Fünf Monate vor der Tat im Schöntal-Park soll er eine Mitbewohnerin in einer Asylbewerberunterkunft im unterfränkischen Alzenau gewürgt und mit einem Messer verletzt haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hielt er ihr das Messer an die Kehle. Weil damals kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, muss sich am Ende Oktober auch ein Polizist vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Strafvereitelung im Amt vor.

Angreifer wiederholt in psychiatrischer Behandlung

Bereits vor der Tat im Januar 2025 befand sich der spätere Angreifer in psychiatrischer Behandlung – mindestens dreimal. Dabei gab es keine Möglichkeit, den Mann festzuhalten, erklärte der Bezirk Unterfranken, der mehrere psychiatrische Einrichtungen in Unterfranken betreibt. Die gesetzlichen Hürden sind hoch, um Patienten gegen ihren Willen zu behandeln. Selbst wenn eine psychisch kranke Person andere gefährdet, darf sie nur dann festgehalten werden, wenn die Gefahr nicht durch weniger scharfe Mittel abgewendet werden kann.

Im Vorfeld der Verhandlung am Landgericht legt ein forensisch-psychiatrisches Gutachten nahe, dass der Angreifer wegen einer psychiatrischen Erkrankung zum Tatzeitpunkt schuldunfähig war. Details zum Krankheitsbild hat die Staatsanwaltschaft bislang nicht veröffentlicht. Eine Radikalisierung hatte die Polizei bereits kurz nach der Tat ausgeschlossen. Hinweise darauf ergeben sich auch bei den weiteren Ermittlungen nicht.

Bundesweite Reaktionen im Frühjahr 2025

Die Messerattacke sorgte im Januar für Entsetzen und Asyl-Debatten im Bundestagswahlkampf. Nach Angaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hätte der Flüchtling schon 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Dort hatte er zum ersten Mal EU-Boden betreten. Gescheitert sei dies an einer abgelaufenen Frist. Wobei es unterschiedliche Darstellungen gibt, ob Bundes- oder Landesbehörden dafür verantwortlich waren.

Im Dezember 2024 hatte der Beschuldigte den Behörden mitgeteilt, dass er freiwillig ausreisen wolle. Das BAMF forderte ihn auf, sich beim afghanischen Generalkonsulat die nötigen Papiere zu besorgen, so Herrmann im Januar. Ausgereist ist der Afghane dann aber nicht.

Große Belastung für Opfer und Angehörige

Die Überlebenden und Angehörige der Verstorbenen nehmen als Nebenkläger an der Verhandlung teil. Sie werden nach Angaben des Landgerichtes von insgesamt fünf Anwälten vertreten. Es sei für die Opfer und Angehörigen emotional eine große Belastung, die Taten noch einmal durchleben zu müssen, heißt es aus Reihen der Nebenklage-Vertreter. Das Landgericht hat bis Ende Oktober sechs Verhandlungstage angesetzt.

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