Fast 40 Jahre ist der Super-GAU im sowjetischen Atomkraftwerk Tschernobyl mittlerweile her - trotzdem sollte man bei Wildpilzen weiter Vorsicht walten lassen: Wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter mitteilte, sind die Pilze zum Teil immer noch radioaktiv belastet. Besonders aufpassen sollten Pilzsammler den Angaben zufolge auch im Süden Bayerns. Die Region ist vom radioaktiven Niederschlag aus Tschernobyl stärker betroffen als andere Teile des Landes.
Höchstwerte für Nahrungsmittel zum Teil deutlich überschritten
Dort sei es deshalb möglich, auf Exemplare zu stoßen, die erhöhte Werte des radioaktiven Isotops Cäsium-137 aufwiesen. Das stamme aus dem Reaktorunfall oder sogar aus oberirdischen Atomwaffentests des 20. Jahrhunderts, so das BfS. Laut den Fachleuten des Bundesamts liegt der EU-Grenzwert für Pilze im Handel bei 600 Becquerel Cäsium-137. Für Milch und Säuglingsnahrung ist ein Grenzwert von 370 Becquerel pro Kilogramm festgesetzt. Zwischen 2022 und 2024 seien in den Wäldern und Wiesen aber Pilze gefunden worden, die Messungen zufolge zum Teil über 2.000 Becquerel pro Kilogramm Frischmasse aufwiesen.
Pilzarten sind unterschiedlich stark verseucht
Der aktuelle Pilzbericht des BfS zeigt, welche wildwachsenden Pilzarten geringe und welche höhere Werte aufweisen können. Am höchsten belastet waren in den vergangenen drei Jahren demnach unter anderem Semmelstoppelpilze, Rotbraune Semmelstoppelpilze und Elfenbeinschnecklinge. Dagegen enthielten etwa der Braunschuppige Riesenchampignon, der Hasenröhrling und der Riesenporling weniger als fünf Becquerel Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse.
Cäsium-137 ist ein radioaktives Isotop des Elements Cäsium, das nicht natürlich vorkommt. Es entsteht unter anderem bei der Kernspaltung in Atomkraftwerken. Seine Halbwertszeit beträgt etwa 30 Jahre. Das bedeutet, dass die Menge an Cäsium-137, die sich 1986 nach der Explosion von Tschernobyl in Deutschland am Boden ablagerte, bis heute zu rund 60 Prozent zerfallen ist.
Pilzesammeln Ja oder Nein? Auf die Menge kommt es an!
Sollte man also sicherheitshalber auf das bei vielen beliebte Suchen und Ernten von Pilzen verzichten? Das BfS gibt zumindest eine Teil-Entwarnung: "Wenn man selbst gesammelte Pilze in üblichen Mengen verzehrt, ist das aus Sicht des Strahlenschutzes überall in Deutschland unbedenklich", erklärt Behördenchefin Inge Paulini.
"Weil alle Hauptnahrungsmittel nahezu unbelastet sind, erhöht es die eigene Strahlendosis nur geringfügig, wenn man gelegentlich Pilze mit höheren Cäsium-137-Werten isst." Entscheidend ist laut Paulini eben nicht der einzelne Pilz, sondern die Gesamtmenge.
Experten uneins über unbedenkliche Strahlenbelastung
Es ist der übermäßige Verzehr, vor dem gewarnt wird. Das gilt auch vor dem Hintergrund, wonach sich Fachleute nach wie vor nicht ganz einig sind, welcher Grenzwert für radioaktive Strahlung angemessen ist. Das Umweltinstitut München und der Bund Naturschutz etwa empfehlen eine deutliche Absenkung der Höchstwerte (externer Link) auf 30 bis 50 Becquerel pro Kilogramm bei Nahrung für Erwachsene und 10 bis 20 Becquerel pro Kilogramm für Kinder, stillende und schwangere Frauen. Bei Babynahrung sollte demnach sogar auf bis 5 Becquerel pro Kilogramm Cäsium-Aktivität heruntergegangen werden.
Mit Informationen von dpa und epd.
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