150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren angemeldet. Doppelt so viele, gut 300, sind laut Polizei gekommen: Frauen, Männer, Kinder, mit Rikschas und Hochrädern, mit Tandems und E-Bikes. Bunt und fröhlich war die Radl-Tour durch die Rosenheimer Innenstadt.
Es gibt noch Luft nach oben
Sicheres Radfahren auf allen Straßen und Wegen, ein lückenloses Radverkehrsnetz oder der Ausbau attraktiver Fahrradabstellmöglichkeiten – das waren Ziele des Bürgerbegehrens "Radentscheid Rosenheim". Gut fünf Jahre ist es her, dass der Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen hat, diese Ziele zu übernehmen und umzusetzen.
Seither hat sich zwar etwas getan, aber nicht viel genug, finden die Initiatoren des Rosenheimer Radentscheids. Armin Stiegler freut sich, dass dem Aufruf zur Radl-Demo mehrere hundert Menschen gefolgt sind. "Es ist wichtig, dass wir zeigen, dass wir viele sind, die den Radentscheid umsetzen wollen", findet er.
Vor allem am Anfang sei etwas passiert – aber eher die kleinen Maßnahmen, die leicht umzusetzen waren, wie Markierungen auf den Straßen. In letzter Zeit, so Stiegler, "hats ziemlich nachgelassen. Wir wünschen uns, dass die Stadträte unser Anliegen wieder ernst nehmen".
Oberbürgermeister weist Kritik zurück
Der Rosenheimer Oberbürgermeister Andreas März ärgert sich über die Kritik. Denn es sei durchaus viel geschehen, findet er. Sieben Fahrrad-Service-Stationen sind beispielsweise aufgebaut worden, zum Luft aufpumpen und für kleinere Reparaturen. Überdachte Fahrrad-Abstellanlagen gibt es jetzt in Rosenheim, auch mit Gepäckboxen und Lademöglichkeiten für E-Bikes. Der CSU-Politiker betont, dies alles wäre auch ohne den Radentscheid gekommen. Denn die Verkehrsplaner im Tiefbauamt hätten immer alle Verkehrsteilnehmer im Blick, so März.
Für viele, die in Rosenheim radeln und das auch bei der Demo gezeigt haben, fühlt sich das aber anders an. Eine Teilnehmerin erzählt, auf der Fahrt zur Radl-Demo sei beinahe ein Unfall passiert. Ein Autofahrer, der nach rechts abbiegen wollte, habe ihr den Radweg komplett abgesperrt. Sie ist der Meinung, es werde noch immer nicht genug getan für Radler. Der Autoverkehr werde immer noch bevorzugt.
Wirklich fahrradfreundlich geht anders
Ein anderer Radfahrer schwärmt von Städten wie Straßburg, die wirklich fahrradfreundlich seien. Da spüre man einen deutlichen Unterschied zu Rosenheim. "Was bei uns oft ist: Dass man zwar einen als Fahrradweg ausgewiesenen Weg hat, der ist aber steinig und oft auch mit Schlaglöchern besetzt. Das würden die Autofahrer nie hinnehmen."
Den Vorwurf, die Radlerinnen und Radler hätten keine Priorität für ihn und den Stadtrat, möchte der Rosenheimer Oberbürgermeister März entschieden zurückweisen. Natürlich könne aus Sicht einer Interessensgruppe immer mehr gemacht werden. Er als Oberbürgermeister und die Stadträte hätten jedoch die Aufgabe, alle Themen im Blick zu haben. Das Geld sei auch in Rosenheim endlich und könne nicht allein in Investitionen nur für den Radverkehr gesteckt werden. Dennoch werde bei jeder Tiefbaumaßnahme der Radverkehr berücksichtigt, so März.
Warum keine Einbahnstraße?
Laut Armin Stiegler, der auch im Fahrradbeirat der Stadt vertreten ist, liegen ausgearbeitete Straßenprojekte und Verkehrskonzepte vor. Ideen sind dabei beispielsweise Fahrradstraßen oder Einbahn-Regelungen für die Rosenheimer Innenstadt. Doch darüber werde im Stadtrat gar nicht ernsthaft diskutiert, bedauern Stiegler und seine Mit-Radler.
Matthias Dangl findet zum Beispiel: "Am Ende will man ja, dass die Leute freiwillig umsteigen. Man will es ohne Verbote. Und um freiwillig vom Auto aufs Radl umzusteigen, muss man die Angebote schaffen. Dann würde da sicher was gehen in Rosenheim." Michael Schnitker vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) ergänzt, dass das Fahrradfahren vor allem viel Werbung brauche. Damit sich die Staus auflösen und es in der Stadt angenehmer für alle Verkehrsteilnehmer werde. Die meisten Fahrten innerhalb Rosenheim sind, so Schnitker, bis zu fünf Kilometer lang. "Die könnte man gut mit dem Rad machen".
Die Initiatoren des Rosenheimer Radentscheids um Armin Stiegler wollten mit ihrer Demo wieder aufrütteln. Damit auch gut fünf Jahre nach der Absichtserklärung der Stadt noch mehr der Ziele umgesetzt werden können.
Im Video: "Rettet den Radentscheid" - Radl-Demo in Rosenheim
Radl-Demo in Rosenheim
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