Das Oktoberfest bei Nacht.
Das Oktoberfest bei Nacht.
Bild
(Symbolbild) Eine bekannte Streamerin ist auf dem Oktoberfest belästigt worden.
Bildrechte: picture alliance / SZ Photo | Leonhard Simon
Schlagwörter
Bildrechte: picture alliance / SZ Photo | Leonhard Simon
Bildbeitrag

(Symbolbild) Eine bekannte Streamerin ist auf dem Oktoberfest belästigt worden.

Bildbeitrag
>

Oktoberfest: Influencerin filmt mutmaßliche sexuelle Belästigung

Oktoberfest: Influencerin filmt mutmaßliche sexuelle Belästigung

Eine bekannte Streamerin ist auf dem Oktoberfest belästigt worden: Während einer Live-Übertragung näherte sich ihr ein Mann, ging sie verbal an. Ab wann Belästigung strafbar ist, was Opfer tun sollten und wie häufig Sexualdelikte auf der Wiesn sind.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Die Influencerin spricht gerade durch die Kamera zu ihren Fans, live von der Wiesn. Plötzlich taucht ein stark betrunkener Mann neben ihr auf. Er fasst ihr an die Schultern und belästigt sie mit einem eindeutigen Spruch. Kunshikitty, so der Künstlername der erfolgreichen Streamerin, hält schützend ihren Arm vor ihren Oberkörper und geht weg, der Mann geht ihr hinterher.

Das Video erregte Aufsehen auf Social Media. Später wurde bekannt, dass es keine Anzeige gegeben haben soll, die Polizei aber ermittle. Inzwischen soll sich der Mann bei der Streamerin Medienberichten zufolge entschuldigt haben.

Sexualdelikte auf dem Oktoberfest

Der Fall der Streamerin ist nicht der erste auf der diesjährigen Wiesn, die erst am vorletzten Septemberwochenende eröffnet wurde. Auch zu einer mutmaßlichen Vergewaltigung soll es bereits gekommen sein, bei der eine Frau fest in den Intimbereich gefasst wurde. Dabei wurde nach Einschätzung der Polizei der Tatbestand einer Vergewaltigung erfüllt. Nach einem mutmaßlichen Sexualdelikt hat zudem eine Streife auf der Wiesn einen 41-Jährigen festgenommen. Ersten Ermittlungen nach hatte der Mann einer Bedienung am Mittwoch mehrmals gegen ihren Willen oberhalb der Kleidung an ihr Gesäß gefasst, wie die Polizei mitteilte.

Die Polizei vermeldete am Ende des ersten Wiesn-Wochenendes, dass mehrere Frauen insgesamt sechs Fälle von sexueller Belästigung zur Anzeige gebracht hätten, darunter auch Sanitäterinnen. Bei der Halbzeitbilanz am Sonntag sollen weitere Zahlen bekanntgegeben werden. Im Jahr 2024 verzeichnete die Polizei München 56 Sexualdelikte auf dem Oktoberfest, 2023 waren es 67.

Anwalt: Kein Paragraf für verbale Belästigung ohne Berührung

"Wird jemand sexuell angesprochen und dabei körperlich berührt, liegt in der Regel eine sexuelle Belästigung nach Paragraf 184i StGB vor", weiß Fachanwalt für Strafrecht Claus Erhard. Voraussetzung sei eine körperliche Berührung sexueller Art. "Ob die Schwelle überschritten ist, kann im Einzelfall diskutiert werden. Ein Kussversuch oder das Anfassen am Oberschenkel überschreiten die Grenze eindeutig", erklärt er. Ein Festhalten könne je nach Situation aber auch bereits unter Paragraf 177 StGB fallen. Dieser Paragraf erfasse sexuelle Übergriffe, sexuelle Nötigung und Vergewaltigung.

Nach Paragraf 177 StGB seien insbesondere sexuelle Handlungen strafbar, die gegen den erkennbaren Willen einer Person vorgenommen werden, oder wenn das Opfer bewusstlos beziehungsweise schutzlos ist. "Besonders schwer wiegt es, wenn der Übergriff mit einem Eindringen in den Körper verbunden ist (Vergewaltigung). Das sind also keineswegs Bagatellen, sondern gravierende Delikte", erklärt Erhard.

Für rein verbale Belästigungen gebe es keinen eigenen Straftatbestand. In Betracht kommt hier regelmäßig die Beleidigung (Paragraf 185 StGB), sofern die Äußerung einen sexuellen Bezug hat und als erniedrigend, herabwürdigend oder ehrverletzend einzustufen ist.

"Keine Zeit verlieren": Was Betroffene tun sollten

Bei Sexualdelikten sei es wichtig, erklärt Erhard, frühzeitig Beweise zu sichern. Denn es komme häufig zu "Aussage-gegen-Aussage"-Konstellationen. Deshalb sei es wichtig, möglichst frühzeitig "Zeugen einzubeziehen und die Polizei zu informieren. Gerade wenn man unsicher ist, ob ein Verhalten strafbar ist, sollte man nicht zögern", rät er.

Im Zweifel empfehle es sich, juristische Beratung in Anspruch zu nehmen, um zu prüfen, ob eine Anzeige sinnvoll ist. Grundsätzlich sei es besser, eher zu früh Anzeige zu erstatten als zu spät. "Da solche Taten stark schambehaftet sind, warten viele Betroffene lange – was die Beweislage deutlich verschlechtern kann, etwa wenn Spuren (zum Beispiel DNA) nicht mehr nachweisbar sind", sagt Erhard.

Wo erhält man Hilfe auf der Wiesn?

Bei Belästigung und Übergriffen auf der Wiesn rät das auch Christian Drexler, Polizeihauptkommissar im Polizeipräsidium München: Man solle umgehend die 110 rufen. Dann werde sofort der Standort identifiziert und schnellstmöglich Polizeikräfte hingeschickt. "Befindet man sich aber in einem Festzelt, gibt es auch sehr viele Ordner, die man ansprechen kann oder auch andere Personen, die dann natürlich in Form von Zivilcourage auch unterstützen können", sagt Drexler.

Damit es erst gar nicht zu Vorfällen kommt, empfiehlt er drei Maßnahmen zur Vorbeugung: "Licht, Lärm, Leute" – in beleuchteten Bereichen aufhalten, laut auf sich aufmerksam machen, um Täter abzuschrecken, sowie Passanten ansprechen. Hilfe gibt es zudem auch im "Safe Space" auf dem Oktoberfest, zum Beispiel wenn man befürchtet, K.o.-Tropfen verabreicht bekommen zu haben.

Mit Informationen von dpa

Polizeihauptkommissar Drexler erklärt: Was tun bei Belästigung oder Übergriffen auf der Wiesn?

Ein Plakat mit Hinweisen zu einem Safe-Space für Mädchen und Frauen hängt in einem Festzelt auf dem Oktoberfest.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Leonie Asendorpf
Audiobeitrag

Ein Plakat mit Hinweisen zu einem Safe-Space für Mädchen und Frauen hängt in einem Festzelt auf dem Oktoberfest.

Oktoberfest: Unser BreznBot beantwortet Eure Fragen zur Wiesn

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!