Erzieher, Eltern und vor allem die Kinder: Alle finden Niko super. Niko Schmid aus Altötting ist der erste Erzieher in der integrativen Kindertagesstätte St. Nikolaus in Emmerting. Vor ihm habe es hier nie einen männlichen Bewerber gegeben, erklärt Einrichtungsleiterin Andrea Joschko: "Der Niko ist ein bisschen Vorreiter und Mutmacher in dem Feld."
Männeranteil: Bayern ist Schlusslicht
Der 18-Jährige macht gerade seine Ausbildung zum Erzieher. Er will damit einen Beruf ergreifen, in dem fast nur Frauen arbeiten. Bundesweit lag der Männeranteil im pädagogischen Leitungs- und Verwaltungsbereich von Kitas oder bei Tageseltern bei 8,1 Prozent. Eine niedrige Zahl - dennoch hat sich der Männeranteil beim Kitapersonal seit 2014 fast verdoppelt. Im Ländervergleich ist Bayern allerdings Schlusslicht: Hier liegt der Männeranteil mit nur 5,7 Prozent deutlich unter den deutschlandweiten Zahlen.
Akademie-Leiterin: Gründe liegen im "veralteten Rollenbild"
In der Fachakademie für Sozialpädagogik Mühldorf lernt Niko Schmid den theoretischen Teil seiner Ausbildung. Die Gründe für den niedrigen Männeranteil sieht Leiterin Kerstin Haider in einem veralteten Rollenbild: "Es war ja ursprünglich ein Frauenberuf. Früher hat man noch Kindergärtnerin gesagt. Es wäre ja undenkbar gewesen, dass ein Mann Kindergärtner ist", erklärt Haider. Die Gesellschaft tue sich schwer, dieses Bild abzulegen.
Alte Rollenklischees überdenken
Andere Gründe, die in den letzten Jahren eine bedeutende Rolle spielten, sieht Haider als überholt. Einer wäre beispielsweise das Gehalt: Die Erziehenden verdienten mittlerweile 3.800 Euro brutto bei einer Vollzeitstelle. Ein anderes Vorurteil sei der sogenannte Generalverdacht. "Männer in der Krippe: Dürfen die wickeln? Was passiert denn da? Das fand ich eine ganz schlimme Zeit", erklärt die Schulleiterin.
Kitas hätten in den letzten Jahren viel an ihrer Transparenz gearbeitet, betont Haider: "Jede Einrichtung hat ein Schutzkonzept. Da ist klar festgelegt, wo Grenzen sind, was in Ordnung ist. Und da halten sich alle dran – egal ob Männer oder Frauen."
Männliche Erzieher: Orientierung und Rollenvorbild
Was sich laut Haider noch verändern sollte: das Ansehen des Berufes in der Gesellschaft. Das Ziel ist für Haider, "dass endlich das Bild 'Es ist ein Frauenberuf' aus den Köpfen rauskommt".
Auch Niko Schmid kennt das Vorurteil, Erziehung sei ein Frauenberuf. "Ich kann nur jedem Mann empfehlen, dass er das auch machen sollte", sagt der Auszubildende mit einem Lächeln im Gesicht. "Da kommen ganz viele Sachen zusammen: Dass man auf die Kinder aufpasst, dass man die Kinder pädagogisch weiterbringt, dass man ihnen den Weg zeigt." Im Freundeskreis und in der Familie habe er bisher nur positives Feedback erfahren.
Fachliteratur weist auf Bedeutung männlicher Erzieher hin
Die besondere Bedeutung von männlichen Erziehern für die Entwicklung der Kinder wird in Fachliteratur und Ratgebern immer wieder betont. Beispielsweise schreibt Autorin Daniela Wagner in einem Fachartikel über Geschlechtsidentität und Geschlechterrollen: "Im Bezug auf Jungen und ihre Suche nach männlicher Identität spielt somit der Erzieher eine große Rolle, da er im Kindergarten als Orientierung und Vorbild fungieren kann." (Kita-Handbuch, externer Link).
"Wenn Kinder lachen, dann wird man selbst positiver"
In der Kita in Emmerting zeigt sich schon jetzt Niko Schmids positiver Einfluss auf die Kinder - und deren Eltern. Eine Mutter sagt: "Mein Sohn ist begeistert, in der Früh ist er immer gleich zum Niko gelaufen." Ein Vater, der auf dem Bau arbeitet, betont: "Ich bin total dafür. Genauso gehören mehr Mädchen auf den Bau."
Auch Kitaleiterin Joschko, die bisher in einem reinen Frauenteam arbeitete, sieht Niko als eine willkommene Abwechslung. Noch ist der 18-Jährige in der Ausbildung und wird auch andere Bereiche ausprobieren. Aber die Arbeit mit Kindern ist für ihn etwas ganz Besonderes, sagt er: "Wenn Kinder lachen, das bleibt einem in Erinnerungen. Diese Emotionen nimmt man auf und wird selbst positiver."
Im Video: Was bringt ein Studium der "Kindheitspädagogik"?
"Kindheitspädagogik" heißt ein Studiengang, der sich mit der Förderung der ganz Kleinen beschäftigt.
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