Zu sehen ist ein Mensch im Rollstuhl, der über eine Rampe in eine Gondel des Riesenrads fährt.
Zu sehen ist ein Mensch im Rollstuhl, der über eine Rampe in eine Gondel des Riesenrads fährt.
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Die Tür zur Gondel ist breiter, eine Rampe ebnet den Weg hinein. 2019 bekam das Riesenrad die Auszeichnung "Bayern barrierefrei" vom Freistaat.
Bildrechte: BR/Alisa Schröter
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Die Tür zur Gondel ist breiter, eine Rampe ebnet den Weg hinein. 2019 bekam das Riesenrad die Auszeichnung "Bayern barrierefrei" vom Freistaat.

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"Sollte was für jeden sein": So barrierefrei ist die Wiesn

"Sollte was für jeden sein": So barrierefrei ist die Wiesn

Rampen, barrierefreie WCs und Plätze für Menschen im Rollstuhl: Wo steht die Wiesn in Sachen Barrierefreiheit? Das diskutierten Vertreter von Stadt, Festwirten und Schaustellern mit Menschen mit Behinderung – und stellten die neuesten Upgrades vor.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Über das Festgelände strawanzen, Fahrgeschäfte fahren oder im Bierzelt feiern: Das Oktoberfest lockt jährlich Millionen Menschen auf die Theresienwiese. Auch Dennis Bruder zieht es jeden September und Oktober auf die Wiesn – und dann natürlich auch in eins der Festzelte, erzählt er. "Das Schöne ist, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen."

Rollstuhl oder Bierbank? Das Platzproblem in den Festzelten

Aber der Wiesn-Besuch im Rollstuhl war in der Vergangenheit nicht immer nur angenehm, erzählt Bruder, der bei der Stiftung Pfennigparade als Referent für digitale Barrierefreiheit arbeitet. Zum Beispiel lägen die ausgewiesenen Plätze für Menschen mit Behinderung in den Bierzelten oftmals am Rand der Festzelte, "nicht im Mittelschiff, wo man ja eigentlich gerne sitzen würde, wenn man Bock auf die Wiesn hat".

Ein weiteres Problem: Wenn ein Mensch im Rollstuhl am Biertisch sitzen möchte, muss er entweder an den Kopf des Biertischs – wegen der Fluchtwege problematisch – oder die ganze Bierbank muss weg. "Für mich, der jemanden an der Seite braucht, der mir beim Essen und Trinken hilft, ist das schwierig", so Bruder.

Das bietet die Wiesn in Sachen Barrierefreiheit

Genau solche Eindrücke wolle die Stadt München sammeln, um das Thema Barrierefreiheit auf der Wiesn voranzutreiben, erklärte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bei dem Treffen zwischen Vertretern von Stadt und Festwirten sowie Mitarbeitenden der Stiftung Pfennigparade.

Fest steht: In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan in Sachen Barrierefreiheit. Die großen Festzelte müssen verpflichtend barrierefreie Zugänge, barrierefreie Toiletten und mindestens 20 behindertengerechte Sitzplätze im Zelt sowie weitere 20 im Biergarten haben.

Für jedes der großen Zelte gibt es auf der offiziellen Website des Oktoberfests Karten [externer Link], in denen die barrierefreien Zugänge, ausgewiesenen Plätze und barrierefreien WCs eingezeichnet sind. Im Armbrustschützenzelt sei mittlerweile das gesamte Mittelschiff barrierefrei, erzählt Wiesn-Wirtin Katharina Inselkammer und Inklusionsbeauftragte der großen Festzelte. Und noch eine gute Nachricht erfährt Dennis Bruder von der Wiesn-Wirtin: "Die haben jetzt kürzere Bänke angeschafft, sodass man als Person im Rollstuhl auch jemanden neben sich sitzen haben kann."

Im nächsten Jahr soll dann in allen großen Zelten noch ein Upgrade kommen: Die großen Zelte bekämen ab nächstem Jahr sogenannte Beacons, also Geräte, die blinden Menschen bei der Navigation helfen sollen. "Die können dann genau sagen, wo man hingehen kann und wo im Zelt es welche Plätze gibt", erzählt Inselkammer.

Keine verpflichtenden Vorgaben, aber Anreize

Für die kleinen Zelte gibt es bislang keine verpflichtenden Vorschriften. Allerdings hätten heuer einige kleinere Zelte nachgezogen, erklärte Wiesn-Chef Christian Scharpf (SPD). Einen Überblick über das barrierefreie Angebot der kleinen Festzelte liefert ebenfalls die offizielle Website des Oktoberfests [externer Link].

Auch für die Schausteller gibt es bislang keine verpflichtenden Vorschriften zur Barrierefreiheit. Doch die Stadt München berücksichtige bei der jährlichen Vergabe der Plätze auf der Theresienwiese, wie viel die Wiesn-Bewerber für die Barrierefreiheit tun, erzählt Patricia Markt, Platzmeisterin der Wiesn. In diesem Jahr wolle man bei einem Rundgang über das Festgelände auch erstmals nachprüfen, ob alle Geschäfte, die bei ihrer Bewerbung barrierefreie Angebote angegeben haben, dieses Versprechen auch tatsächlich erfüllen, so Markt. Dann soll beispielsweise auch erstmals kontrolliert werden, ob die Steigung der Rampen vor den Fahrgeschäften der DIN-Norm entsprechen.

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Rampen, breitere Sitze und barrierefreie Gondeln

Die Mühe macht sich auf dem Festgelände bemerkbar: Das Kettenkarussell "Der Große Wellenreiter" biete neben einer Rampe auch einen Doppelsitz an, der breiter und besser abgesichert sei, erzählt Betreiberin Franziska Hochhäuser. "Volksfeste sollten was für jeden sein", sagt sie. Ähnlich ist die Einstellung der Betreiber vom Riesenrad: Es bietet zwei barrierefreie Gondeln mit breiten Eingängen, sodass Menschen mit Behinderung besser einsteigen können.

Andere Geschäfte, wie etwa die traditionelle "Krinoline" sind bislang noch nicht barrierefrei ausgebaut. "Es wäre schade, wenn man die Front der Krinoline optisch durch einen Hublift oder Ähnliches beeinträchtigen würde", sagt Inhaber Matthias Niederländer. Man sei aber schon im Austausch mit der Stadt über mögliche Lösungen. Nur: "Ich muss so eine Investition gegenfinanzieren können", sagt er. Dafür hoffe er auf die Unterstützung der Stadt.

Barrierefreiheit auch für ältere Generationen relevant

Fest steht: Das Thema Barrierefreiheit wird in Zukunft wichtiger denn je. Denn nicht nur Menschen mit Behinderung profitieren davon, sondern auch Ältere. "Bei einer alternden Gesellschaft sind Ältere mit Geheinschränkung eine wichtige Kundengruppe", sagt Benedikt Brandmeier, Geschäftsbereichsleiter für Tourismus, Veranstaltungen und Hospitality im Referat für Arbeit und Wirtschaft. Und da helfe die Stiftung Pfennigparade, auch für diese Leute mitzudenken.

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