Auf der Suche nach neuen Energiequellen für den Freistaat hat Markus Söder den Blick auf den Nachbarn Tschechien gerichtet. Bei einem Besuch in Prag unterschrieben der bayerische Ministerpräsident und sein Gastgeber, der tschechische Premier Petr Fiala, eine Absichtserklärung für eine strategische Energiepartnerschaft. Demnach nehmen sich Bayern und Tschechien vor, ihre Zusammenarbeit im Energiebereich "zu vertiefen, zu fördern und zu stärken".
Atomstrom aus Tschechien
Für den CSU-Chef heißt das: Atomstrom aus Tschechien. Ob Bayern dereinst Anspruch auf besonders viel oder eher auf günstigeren Strom aus dem Nachbarland haben wird, ist noch offen.
Was die Energiepartnerschaft genau bedeutet, sollen Söder zufolge nun Arbeitsgruppen aushandeln. Der Ministerpräsident kann sich auch eine Beteiligung am Ausbau der tschechischen AKW-Kapazitäten vorstellen. Die Stromnetze beider Länder sollen jedenfalls enger verknüpft werden.
Fiala dämpft Erwartungen
Für Söder steht fest: Bayern braucht viel bezahlbaren Strom, damit die Industrie nicht abwandert. Premier Fiala bekräftigt, Tschechien werde seine Energiewirtschaft "grundsätzlich" stärken. Was dabei für Bayern herauskommt, scheint aber ungewiss: Wie viel Strom Tschechien künftig exportieren könne, "wird sich noch zeigen", sagt Fiala auf Nachfrage.
Zwar will die tschechische Regierung, das Atomkraftwerk in Dukovany um zwei zusätzliche Reaktoren erweitern und erwägt zudem einen Ausbau in Temelín nahe der bayerischen Grenze. Noch sind aber keine Verträge unterschrieben. Und selbst wenn das Milliardenprojekt gebaut werden sollte, soll der kommerzielle Betrieb frühestens 2038 starten.
Söder: Kein Endlager in Grenznähe
Bei seinem Treffen mit Fiala sprach Söder auch die – vor allem in Ostbayern verbreitete – Sorge an, dass Tschechien ein Endlager für Atommüll in Grenznähe bauen könnte. "Wir haben noch mal klar hinterlegt, dass es nicht direkt an der Grenze sein soll", schildert Söder. "Das deckt sich wohl im Moment mit den Plänen, die diskutiert werden, hier in Tschechien." Bayern wolle eingebunden werden, "wie es weitergeht".
Grüne: Bayern nicht zuständig
Für die Opposition ist der neue Atom-Vorstoß des CSU-Chefs ein Fehler. Der grüne Landtagsabgeordnete Toni Schuberl aus Passau weist darauf hin, Bayern habe "als Bundesland schlicht keine Zuständigkeiten für Atomenergie und Außenpolitik". Söder könne keine Vereinbarungen eingehen, "die den europäischen Strommarkt umgehen würden".
Der bayerische SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, Carsten Träger, wirft dem Ministerpräsidenten einen "Atom-Fetisch" vor. Dabei opfere Söder die Sicherheitsinteressen der gesamten ostbayerischen Region.
Im Video: Söder plant Atomabkommen mit Tschechien
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