Am frühen Abend des 12. Januars kreisen mehrere Drohnen über dem Militärflugplätz im oberbayerischen Manching – trotz eines strengen Flugverbots. Die Polizei rückt an. Die Polizisten beobachten bis zu zehn verdächtige Flugkörper über dem Gelände. Anzahl und Größe deuteten auf Spionage hin, so das Bayerische Landeskriminalamt (LKA). Schon in den Wochen zuvor hatten Augenzeugen immer wieder verdächtige Drohnen gemeldet. Auch über dem Militärflughafen in Neuburg an der Donau waren Drohnen gesichtet worden.
Massive Zunahme an Drohnenflügen über Militäreinrichtungen
Verena Jackson arbeitet an der Universität der Bundeswehr München am "Center for Intelligence and Security (CISS)" und beschäftigt sich dort mit sicherheitspolitischen Fragen. Sie hat festgestellt, dass bereits seit 2014 – seit der Annektierung der Halbinsel Krim durch Russland – Spionage und Sabotageakte zugenommen haben. In den vergangenen drei Jahren – seit Beginn des Ukrainekriegs – sei es zu einer massiven Zunahme an Vorfällen mit Drohnen gekommen. "Diese Drohnen-Geschichte ist eindeutig was Neues. Und es betrifft nicht nur die Bundeswehrstandorte, sondern auch die amerikanischen (Stützpunkte, Anm. d. Redaktion) wie Rammstein oder Grafenwöhr oder die der NATO. Die haben die gleichen Probleme. Das gab es vorher nicht."
Drohnen dienen einer umfangreichen Aufklärung
Laut Jackson haben Drohnen viele Vorteile bei der Aufklärung. Auch wenn Satellitenbilder sehr exakt seien, könne man mit Drohnen viel umfangreicher aufklären. Satelliten seien immer stationär, Drohnen hingegen könne man flexibel einsetzen: "Ich kann zeitlich und geographisch flexibel agieren." Und man sei bei Drohnen unabhängig von der Witterung: "Mit Satelliten kann ich nur was sehen, wenn die Wolkendecke nicht geschlossen ist, wenn es nicht regnet, wenn es nicht Nacht ist. Bei Drohnen kann ich zudem auch Livebilder übertragen. Ich kann hören, was da gesprochen wird. Ich kann viel weiter aufklären wie mit Satellitenbildern." Der Idealfall sei, beides zu kombinieren.
Dass die Polizei den Drohnenpiloten in Falle von Manching trotz des Einsatzes eines Hubschraubers nicht finden konnte, sei nicht ungewöhnlich, sagt ein Sprecher des LKA: "Man muss davon ausgehen, dass der Pilot viele, viele Kilometer entfernt ist. Möglicherweise sogar im Ausland. Und dann ist es eigentlich unmöglich, diesen Piloten zu identifizieren."
Militärische und psychologische Aspekte
Auffällig sind die Drohnen jedenfalls. Aber das kann auch ein Ziel des Auftraggebers sein. Denn es geht nicht nur um das Auskundschaften und das Ausmachen von möglichen Zielen, sondern auch darum, seine Macht zu demonstrieren. "Man zeigt, was man kann. Das ist ein psychologischer und ein militärischer Aspekt, der da zusammenkommt", meint Sicherheitsexpertin Jackson. Und man könne die Technologie testen und dann mögliche Probleme beheben.
Menschen in Manching besorgt
In Manching sorgt das Thema für viel Diskussion und Sorge. Als bedrohlich empfanden es viele. "Da macht man sich natürlich viele Gedanken, das macht schon Angst", so eine ältere Dame im Gespräch mit BR24. Und die Drohnenüberflüge hinterlassen viele Fragen. "Wie kann man die denn bei uns starten?", will eine andere Frau wissen. Und: "Erschreckend ist, dass nichts getan wird. Das hat unsere Politik wohl verschlafen", meint ein Mann. Und tatsächlich ist der Umgang mit verdächtigen Drohnen ein rechtliches Problem.
Was für einen Abschuss nötig wäre
Bislang darf die Bundeswehr die Drohnen rechtlich nicht abschießen. Die Bundesregierung hat nun eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes in den Bundestag eingebracht. Vor der Wahl im Februar wird sich aber wohl nichts ändern. Und es wären wohl noch weitere rechtliche Fragen zu klären, meint Verena Jackson. Die Gesetzesänderung sei ein erster Schritt. "Wir müssen die Rechtslage schaffen, dass wir richtig und schnell antworten können." Die Bundeswehr selbst müsse ihre Leute gezielt trainieren: "Sodass wir die Drohnen besser aufspüren können, dass wir schneller sehen können, wenn eine Drohne kommt, und dann auch adäquat reagieren können." Dafür müsse es dann einen klar geregelten Ablauf geben.
Zum Hören: Spionage-Drohnen über Manching und Neuburg im Einsatz?
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