In einem Sitzungssaal des Gerichts sitzt der Hauptangeklagte neben seinem Verteidiger. Im Hintergrund sind Polizisten und Zusehende zu sehen.
In einem Sitzungssaal des Gerichts sitzt der Hauptangeklagte neben seinem Verteidiger. Im Hintergrund sind Polizisten und Zusehende zu sehen.
Bild
Warten auf das Urteil: Der Hauptangeklagte neben seinem Verteidiger.
Bildrechte: Julia Ley/BR
Schlagwörter
Bildrechte: Julia Ley/BR
Audiobeitrag

Warten auf das Urteil: Der Hauptangeklagte neben seinem Verteidiger.

Audiobeitrag
>

Hohe Haftstrafe für Anführer von Schleuser-Netzwerk

Hohe Haftstrafe für Anführer von Schleuser-Netzwerk

Im Prozess um ein Schleusernetzwerk hat das Landgericht Traunstein den Hauptangeklagten zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Auch zwei weitere Angeklagte müssen ins Gefängnis. Die Männer sollen fast 800 Menschen illegal nach Deutschland gebracht haben.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

In einem Prozess um ein Schleusernetzwerk vor dem Landgericht Traunstein sind drei Männer zu Gefängnisstrafen verurteilt worden. Einer der Angeklagten kam hingegen mit einer Bewährungsstrafe davon.

Prozess gegen Schleusernetzwerk: Urteil gefällt

Die vier Angeklagten zeigten keine Regung als der Vorsitzende Richter das Urteil verkündet: zwölf Jahre Haft für den Hauptangeklagten, einen 36-jährigen Syrer. Er gilt als Anführer des Al-Sarawi-Netzwerkes. In fünf Punkten sprach die fünfte Strafkammer des Landgerichts Traunstein ihn schuldig. Dabei geht es um banden- und gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern, in einem Fall mit Todesfolge, bis hin zum erpresserischen Menschenraub und dem Versuch der Anstiftung zum Mord. Der Mann hatte demnach versucht, seine Ex-Frau und deren neuen Mann ermorden zu lassen.

Das Verfahren zeichne sich vor allem dadurch aus, dass es so viele Taten seien, die die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu Tage gefördert hätten, sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Gerade der Hauptangeklagte habe eine große Bereitschaft erkennen lassen, Gewalt anzuwenden. Erschütternd sei aber auch, dass keiner seiner vielen Ansprechpartner, mit denen er diverse Gewalttaten bis hin zum Mord plante, versucht habe, ihn zurückzuhalten.

In einem Punkt allerdings sprach das Gericht den Hauptangeklagten frei: Dass der Mann auch versucht habe, den Vater seiner Ex-Frau ermorden zu lassen, ließ sich nicht nachweisen. Bei Prozessbeginn hieß es noch, der Mann sei in Syrien angeschossen worden und seither gelähmt. Das scheint jedoch nicht passiert zu sein. Nach allem, was man weiß, geht es dem Betroffenen gut.

Angeklagte legten Geständnis ab

Auch die drei weiteren Angeklagten wurden schuldig gesprochen. Zwei der Männer gehörten ebenfalls zum Al-Sarawi-Netzwerk. Sie müssen für sieben Jahre und neun Monate beziehungsweise vier Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Sie waren nach Ansicht des Gerichtes dafür zuständig, Fahrer für Schleusungen zu organisieren, Standorte weiterzugeben und Routen mit den Fahrern abzusprechen. Die Geflüchteten wurden unter teils lebensgefährlichen Bedingungen nach Deutschland gebracht, zunächst meist über die Balkanroute, später oft über Belarus, Lettland, Litauen und Polen. Fast 800 Menschen sollen so zwischen 2022 und 2024 nach Deutschland gebracht worden sein.

Einer dieser beiden weiteren Verurteilen war außerdem an einer schweren Gewalttat beteiligt. Im September 2024 soll er zusammen mit anderen Mittätern den vierten Angeklagten – den "Finanzmann"– in eine Gartenlaube gelockt haben. Dort hätten sie ihn gefesselt, bedroht, hätten auf ihn eingetreten und sexuell gedemütigt, um ihn dazu zu bringen, Gelder herauszugeben.

Zwei Jahre auf Bewährung für den Finanzmann des Netzwerks

Auch wegen dieser Gewalterfahrung, unter der das Opfer bis heute leidet, verurteilte das Gericht den vierten Angeklagten zu einer vergleichsweisen milden Strafe: zwei Jahre auf Bewährung für das Erbringen von Zahlungsdienstleistungen ohne Erlaubnis. Der 44-Jährige galt zunächst auch als Teil des Netzwerkes. Nachweisen konnte das Gericht ihm aber nur, dass er als eine Art externer Dienstleister mit den Angeklagten zusammengearbeitet und inoffizielle Geldtransfers für sie getätigt hatte.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!