Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU)
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"Unfug": Bayern lehnt Vorstoß zu einheitlichen Wahlterminen ab

"Unfug": Bayern lehnt Vorstoß zu einheitlichen Wahlterminen ab

Klares Nein aus Bayern zu bundesweit gebündelten Wahlterminen: Der Vorstoß von Bundestagsvizepräsident Nouripour sei "Unfug" und "höchst befremdlich", sagt Staatskanzleichef Herrmann in München. Andere Länder halten sich bedeckt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Eine Bündelung von allen Landtagswahlen an einem Termin kommt für die bayerische Staatsregierung nicht in Frage. "Klare Aussage: Wir lehnen das ab", sagte Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) mit Blick auf einen entsprechenden Vorschlag von Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour (Grüne). "Der Vorschlag ist Unfug."

Nouripour: Eine Wahl nach der anderen

Nouripour hatte in der "Bild"-Zeitung beklagt, dass in Deutschland ständig Wahlkampf herrsche: "Wir haben eine Landtagswahl nach der anderen. Die maximale Zeit zwischen zwei Wahlkämpfen in Deutschland ist sechs Monate. Weil wir immer Kommunalwahlen haben, Landtagswahlen, Bundestagswahlen oder Europawahlen." Das mache Politik und Parteizentralen "komplett atemlos".

Um bei Reformen auch mal "große Sprünge" machen zu können, schlug der Grünen-Politiker vor, Wahltermine zusammenzulegen: "Also zum Beispiel Bundestags- und Kommunalwahlen. Und zur Hälfte der Periode des Bundestages dann alle Landtagswahlen an einem Tag." In anderen Staaten sei das normal, zum Beispiel in den USA. Zugleich plädierte Nouripour dafür, die Wahlperiode im Bund von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Auf diese Weise gäbe es nach den Vorstellungen des Grünen-Politikers in Deutschland nur alle zweieinhalb Jahre Wahlen.

Staatskanzleichef: "Höchst befremdlich"

Staatskanzleichef Herrmann sagte, ein solcher Vorschlag könne nur von einem grünen Bundespolitiker kommen. Denn er verkenne die Bedeutung und Eigenstaatlichkeit der Bundesländer. "Nur mal zur Erinnerung: Die Länder bilden den Bund und tragen ihn auch und sind nicht untergeordnete Verwaltungseinheiten des Bundes." Es sei "höchst befremdlich", wenn der Bund den Ländern reinreden wolle, wann sie Wahlen durchzuführen hätten.

Würden alle Landesparlamente in der Mitte der Bundestagswahlperiode gewählt, hätte dies laut Herrmann den Charakter von "Midterms" wie in den USA. Landtagswahlen würden somit faktisch zu Bundeswahlen, warnt der CSU-Politiker. "Das ist einfach nicht sinnvoll - das wird nicht dem Anspruch, den wir als Länder haben, gerecht." Zudem wäre eine zentrale Terminplanung Herrmann zufolge auch "höchst unpraktisch". Schließlich komme es immer wieder mal zu verkürzten Legislaturperioden, beispielsweise beim Bruch einer Koalition wie unlängst der Ampel.

Scharf zurückgewiesen hatte den Vorstoß auch CSU-Generalsekretär Martin Huber. "Omid Nouripour entmündigt die Bundesländer", sagte Huber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das sei "typisch grüne" Übergriffigkeit. "Wir Bayern entscheiden selbst über unseren Wahltermin."

Klares Nein auch aus Rheinland-Pfalz

Der BR hat auch andere Bundesländer gefragt, was sie von einer Wahl-Bündelung halten. Zustimmung gibt es in keiner Staatskanzlei. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) sagt, eine Zusammenlegung "kann nicht im Interesse des Föderalismus und damit letztlich auch nicht den Bundes sein". Eine Sprecherin der Brandenburger Regierung verweist auf die hohen Hürden für Nouripours Vorschlag: "Sowohl die Verlängerung der Wahlperiode des Bundestags als auch die Zusammenlegung von Landtagswahlen wären nur über eine Änderung des Grundgesetzes bzw. der Landesverfassungen möglich." Andere Staatskanzleien wollten sich zu der Debatte überhaupt nicht äußern.

Schulze: "Eine simple Anregung"

Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze sagte dem BR mit Blick auf Herrmanns Kritik, es sei "immer wieder erstaunlich, wie aufgeregt man auf eine simple Anregung reagieren kann". Es sei nicht gleich der Untergang des Abendlandes oder der Bundesländer, wenn mal neue Vorschläge eingebracht werden. "Wundern tut es mich allerdings nicht: Von der CSU kommt ja nie was Neues."

Nächstes Jahr gibt es fünf Landtagswahlen an vier Terminen plus Kommunalwahlen in drei Ländern, darunter in Bayern. 2027 wählen fünf weitere Länder ihre Parlamente. Ein neuer Bayerischer Landtag wird im Herbst 2028 bestimmt.

Bündelung von Wahlen seit Jahrzehnten Thema

Neu ist Nouripours Vorschlag nicht, seit Jahrzehnten wird immer wieder mal über eine Bündelung der Wahlen gesprochen. Die Bertelsmann-Stiftung beispielsweise veröffentlichte 2006 eine Studie zu dem Thema (externer Link). Darin kam der Politikwissenschaftler Klaus Detterbeck zum Schluss, dass "die konsekutiv angelegten Landtagswahlen im Vergleich zu den anderen Modellen nicht schlecht abschneiden", wenngleich sie auch Nachteile hätten.

Um der deutschen Politik einen "längeren Atem zu geben", schlug Detterbeck vor, stärker einzelne Landtagswahlen auf einen gemeinsamen Termin zu legen. Eine zu starke Konzentration von Wahlen und damit "Superwahltage" gelte es allerdings zu vermeiden. Es brauche die richtige Balance zwischen dem Eigenwert von Landtagswahlen und längeren Zeiträumen ohne Wahlen.

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