Mit schwarzen, nach hinten gegelten Haaren betritt der Mann den Gerichtssaal, am Hals eine knapp sieben Zentimeter lange Narbe, die ihm ein 26-Jähriger Anfang Februar zugefügt hatte. Mit mehreren Messerstichen hatte er sein 41-jähriges Opfer lebensgefährlich verletzt. Seit vergangener Woche muss sich der Angeklagte vor dem Landgericht Ansbach wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung verantworten. Die Staatsanwaltschaft Ansbach spricht von einem versuchten Auftragsmord. Am Mittwoch hat das Opfer selbst vor Gericht ausgesagt.
Opfer bestätigt geschäftliche Beziehungen in die Türkei
Der 26-jährige Tatverdächtige hatte seine Tat beim Prozessauftakt vergangene Woche bereits eingeräumt. Er erklärte, sein französischer Auftraggeber habe ihm gesagt, der 41-jährige TEVEO Mitarbeiter habe den Vorstand eines türkischen Sportclubs aus Bursa durch eine Unterschrift betrogen.
Der 41-Jährige Geschäftsmann, der selbst türkische Wurzeln hat, gab am Mittwoch vor Gericht an, einige Zeit in der Türkei gelebt und dort auch gearbeitet zu haben. TEVEO habe außerdem eine große Zweigstelle in der Türkei und produziere dort Kleidung. Weiter sagte er, in Bursa befinde sich ein Produzent von TEVEO, der auch ehemaliger Vizevorstand des türkischen Vereins gewesen sein soll. Zum Sportverein habe er selbst aber keinerlei Bezug. Die Geschäftsbeziehung zum Produzenten sei hingegen immer noch von Bestand.
Weitere Nachfragen zum möglichen Motiv des Angriffs blockten sowohl das Opfer als auch sein Anwalt ab. Bis heute leidet der Mann körperlich und mental unter den Folgen des Angriffs. Der Tatverdächtige bat den 41-Jährigen um Entschuldigung.
TEVEO reagiert nicht auf BR-Anfrage
Auf mehrfache Anfragen des BR reagierte die Influencer-Marke TEVEO bislang nicht. Auch telefonische Kontaktversuche von Seiten des BR blieben erfolglos. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz im mittelfränkischen Elpersdorf, einem Gemeindeteil von Ansbach. TEVEO wurde 2019 gegründet, setzt stark auf Influencer-Marketing und zählt zu Deutschlands bekanntesten Fitness-Unternehmen.
Wurde der Angeklagte selbst bedroht?
Bei Prozessauftakt hatte der Angeklagte erklärt, den Auftrag habe sein Komplize über Dritte organisiert. Sie verbinde eine Bekanntschaft seit Kindertagen, da sie im selben Ort in der Türkei aufgewachsen seien. Der 26-jährige Tatverdächtige war vor der Tat aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Der Auftraggeber befindet sich laut der Staatsanwaltschaft in Frankreich, wo auch der Prozess gegen ihn stattfinden soll.
Extra nach Heilsbronn gereist
Der Angeklagte und sein Komplize reisten für den geplanten Auftragsmord von Baden-Württemberg nach Heilsbronn, mieteten sich dort in einem Gasthaus nahe der Wohnung des Opfers ein und lauerten dem 41-Jährigen auf. Als der Geschäftsmann aus seiner Wohnung kam, verwickelte der Angeklagte ihn in ein Gespräch und verletzte ihn anschließend lebensgefährlich mit mehreren Messerstichen.
Mit dem Boot nach Großbritannien
Der 26-Jährige und sein Komplize flüchteten zunächst gemeinsam nach Frankreich. Mit dem Boot gelang dem Angeklagten die Flucht nach Großbritannien, wo er wenige Wochen nach dem Angriff festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert wurde. Seit Mitte März sitzt der Mann in Untersuchungshaft. Sein Komplize setzte sich wenige Wochen nach der Tat in die Türkei ab. Diese liefert allerdings keine eigenen Staatsbürger aus.
Für den Prozess sind insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil soll nach aktuellem Stand am 11. Dezember fallen.
Der 26-jährige Angeklagte gestand die Tat zu Prozessbeginn.
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