Mit einer repräsentativen Studie hat der Kreisjugendring München-Stadt (KJR) die Erfahrungen junger Menschen mit dem öffentlichen Nahverkehr untersuchen lassen. Hohe Wellen geschlagen hat ein Teilergebnis: Knapp 28 Prozent der befragten jungen Frauen zwischen 14 und 27 Jahren haben angegeben, schon einmal im ÖPNV sexuell bedrängt worden zu sein. Sie wurden also zum Beispiel gegen ihren Willen berührt. "Catcalling", also übergriffiges oder sexuell aufgeladenes Hinterherrufen, haben sogar knapp 58 Prozent der jungen Frauen schon einmal erlebt. Was nun also tun mit dieser Erkenntnis?
Forderungen im Stadtrat
Die Diskussion ist auch in der Münchner Politik angekommen. Die Münchner CSU fordert in einer Mitteilung vom Donnerstag, das Sicherheitspersonal an Bahnhöfen und in Zügen zu verstärken. Bereits am Dienstag reichten mehrere Stadtratsfraktionen Anträge für Maßnahmen ein, um das Sicherheitsgefühl vor allem von Frauen im Münchner ÖPNV zu verbessern. Grüne, Rosa Liste und Volt wollen prüfen lassen, inwiefern die App "SafeNow" an Busbahnhöfen, in Bussen und Bahnen eingesetzt werden kann. Mit der App können Anwenderinnen und Anwender unter anderem direkt das Sicherheitspersonal im Bahnhof per Notruf alarmieren.
Linke und Die Partei fordern, dass die Stadt München gemeinsam mit der MVG eine städtische Informations- und Sensibilisierungskampagne initiiert. Außerdem soll laut dem Antrag ein Monitoring-System eingerichtet werden, das regelmäßig Daten zu Belästigungs- und Übergriffserfahrungen im ÖPNV erhebt.
Kritik nach vielen Jahren ohne Sicherheitskampagne
Dass es so eine Sicherheitskampagne bislang nicht gibt, kritisiert der KJR. Dabei sei es schon ein wichtiger erster Schritt, beispielsweise auf den Bildschirmen in der Bahn oder im Bus aufzuklären, was man tun kann, wenn man sich unsicher fühlt. Es ginge, so die Referentin Theresa Baum bei einer Informationsveranstaltung am Mittwoch, um einfache Fragen wie: Darf ich die Notrufknöpfe verwenden oder nicht - und wenn ja, wo finde ich die?
Doch obwohl der KJR seit rund sechs Jahren an einer Sicherheitskampagne arbeite, sei von Seiten der Stadt oder der Verkehrsbetriebe bislang nichts gekommen, so Baum: "Da war niemand dabei, der gesagt hat, da mache ich jetzt sofort was dazu oder da schaue ich jetzt einmal bei mir im Verkehrsbetrieb, wie wir das regeln können. Es ist einfach nichts Konkretes passiert, obwohl wir es wirklich versucht haben."
MVG: Werden uns mit KJR austauschen
Es gebe bereits einige Maßnahmen, um das Sicherheitsgefühl weiter zu verbessern, erklärt der Pressesprecher der MVG, Maximilian Kaltner: "Zum einen haben wir eine transparente Architektur mit heller Beleuchtung umgesetzt. Und wir haben Sicherheitspersonal, die U-Bahnwache, bei uns im Einsatz."
Zu einer möglichen Sicherheitskampagne heißt es schriftlich: "Wir arbeiten aktuell an der Vorbereitung einer solchen Kampagne und sind dazu bereits im Austausch mit Behörden und Mobilitätspartnern. Wir werden auch konkret dazu mit dem KJR austauschen."
Was wünschen sich die Frauen?
Wie mehrere Frauen dem BR gegenüber berichten, tragen besonders die U-Bahnwache und auch die Polizei an den Bahnhöfen zu einem besseren Sicherheitsgefühl bei. "Kameras geben mir an sich zwar ein gutes Gefühl", ergänzt eine der Befragten, "aber die helfen mir nicht direkt." Die Möglichkeit, nach 21 Uhr zwischen den Bus-Haltestellen aussteigen zu dürfen, gibt es bereits - und das nannte eine weitere Frau im Gespräch als wichtige Hilfe für einen sicheren Heimweg.
KJR: Auch Männer können helfen
Theresa Baum vom KJR erklärt, warum auch Männer einen großen Unterschied machen können, wenn sie umsichtig sind. Baum zählt zwei Beispiele auf: "Wenn ich als Mann nachts in einer dunklen Straße hinter einer Frau gehe, dann gehe ich an ihr vorbei, gehe vor ihr und gehe nicht hinterher. Oder ich setzte mich nicht in ein Viererabteil zu einer Frau abends, wenn noch andere Plätze frei sind."
Hinweis: Betroffene können sich im Notfall anonym beim Frauennotruf unter der 089 – 76 37 37 melden. Darüber hinaus listet der Weiße Ring noch weitere Orientierungshilfen auf, um darauf vorbereitet zu sein, wenn man auf dem Heimweg, egal ob draußen oder im Öffentlichen Nahverkehr, belästigt wird (Externer Link).
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