Sport und Bewegung sind wichtig für das Wohlbefinden - das gilt für alle. Doch Menschen mit Behinderung treiben laut dem Teilhabebericht der Bundesregierung (externer Link) noch deutlich seltener Sport als Menschen ohne Beeinträchtigung. Das liegt vor allem auch daran, dass es für diese Gruppe zu wenige Angebote gibt.
In Erlangen haben sich deshalb unter dem Motto "Gesundheit für alle" Experten und Vertreter von Behindertenverbänden getroffen, um Lösungsansätze zu diskutieren. Vorgestellt wurden dabei auch positive Beispiele aus der Region, etwa eine Yoga- und eine Judo-Gruppe für Menschen mit geistiger Behinderung.
Inklusives Yoga bei der Lebenshilfe
Die Lebenshilfe Erlangen bietet seit Kurzem eine Yoga-Gruppe für Menschen mit und ohne Einschränkungen an. Vier Frauen nehmen an diesem Tag teil, sie entspannen zunächst auf der Matte, dann praktizieren sie Übungen wie den "herabschauenden Hund" - ähnlich wie in jedem anderen Yogakurs auch. Yogalehrerin Felicitas Keefer sagt: "Wir machen etwas leichtere Übungen und alles schön langsam, aber beim Yoga geht es auch nicht um Leistung, sondern um Entspannung und bei sich sein." Die Frauen in dem Kurs sind alle gleichermaßen mit Spaß dabei.
Judo für Menschen mit geistiger Behinderung
Einige Straßen weiter geht es in der Judohalle des TV 1848 Erlangen deutlich lebhafter zu. Zum Aufwärmen laufen 17 Judoka durcheinander, 13 von ihnen haben eine geistige Behinderung. Die sogenannte ID-Judogruppe (ID= intellectual disability) besteht seit rund einem Jahr. Alle haben schon die erste Gürtelprüfung bestanden und trainieren jetzt für die zweite.
Tatsächlich unterscheidet sich dieses Judo-Training kaum von den anderen Trainings mit Menschen ohne Beeinträchtigung, sagt Trainerin Marina Müller: "Judo kann jeder machen! Es gibt beweglichere Athleten und welche, die sind weniger beweglich. Jeder von ihnen hat seine Stärken und Schwächen, wie jeder andere Athlet auch."
Noch bestehen viele Barrieren
Auf der Judomatte gibt es also keine großen Unterschiede, wohl aber beim Drumherum. Es beginnt schon damit, wie die Menschen mit Behinderung von einem solchen Angebot erfahren, erklärt Müller: "Wir haben eine Kooperation mit der Lebenshilfe, dort steht unser Kurs auch im Programm. Aber viele Menschen mit Beeinträchtigung können gar nicht lesen, sie sind auf ihre Betreuer angewiesen, dass die sie anmelden." Auch sonst gilt es viel zu klären: Wie kommen die Menschen zum Sport oder auch zu Wettkämpfen? Sind die Sportstätten barrierefrei, gibt es Behindertentoiletten und Aufzüge? Meistens werden mehr Trainer und Betreuer gebraucht - wer zahlt die oder finden sich Ehrenamtliche?
Bewegung ist für alle gesund und wichtig
Für all diese Fragen haben Experten und Vertreter von Behindertenverbänden in Erlangen unter dem Motto "Gesundheit für alle" nach Lösungsansätzen gesucht. Denn Sport sei für Menschen mit Behinderung mindestens ebenso wichtig wie für alle anderen Menschen, sagt Andrea Wolff von der Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit in Bayern, die die Tagung mitorganisiert hat.
"Bewegung stärkt das Herz-Kreislauf-System, sie stabilisiert das Skelett und hilft so gerade bei Menschen, die schon Einschränkungen haben, weiteren Erkrankungen vorzubeugen. Ganz abgesehen davon, dass Sport auch seelisch und emotional wichtig ist, weil man Teil einer Gemeinschaft ist und so Begegnungsmöglichkeiten geschaffen werden", sagt Wolff.
Auswahl an Sport-Angeboten noch zu gering
Genau das ist es auch, was Trainerin Marina Müller in der Judohalle beim TV 1848 erlebt: "In dem einen Jahr haben sich die Athleten schon so entwickelt, und so ein Gemeinschaftsgefühl ist gewachsen. Man sieht es ja auch im Training, wie respektvoll sie miteinander umgehen und wie sie sich gegenseitig helfen."
Doch bei Menschen mit Einschränkungen gilt genauso wie für alle anderen: Die Lust an der Bewegung kommt nur, wenn man eine Sportart findet, die zu einem passt. Bisher gibt es allerdings wenig Auswahl. Deshalb sollen diese positiven Beispiele nun als Vorbild dienen und anderen Vereinen Mut machen, damit langfristig auch für Menschen mit Behinderung eine deutlich größere Auswahl an Sportmöglichkeiten geschaffen wird.
Beim TV 1848 Erlangen können auch Menschen mit Beeinträchtigung Judo trainieren.
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