Plenarsitzung des Landtags
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Wird die AfD benachteiligt? Alles Wichtige zum Eklat im Landtag

Wird die AfD benachteiligt? Alles Wichtige zum Eklat im Landtag

Weil AfD-Rednerin Ebner-Steiner sich über Mahnungen hinwegsetzte, drehte Landtagspräsidentin Aigner ihr das Mikro ab. Durfte sie das? Warum sprach Ebner-Steiner später erneut? Wie geht es weiter? Fragen und Antworten zum Eklat im Landtag.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im BR Fernsehen am .

Der Bayerische Landtag ist mit einem Eklat in die Sommerpause gegangen: Bei den Schlussworten hielt AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner als Oppositionsführerin eine scharfe Rede, in der sie gegen andere Fraktionen und Menschen mit internationalem Hintergrund austeilte. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) forderte Ebner-Steiner mehrmals auf, sich an die Gepflogenheiten zu halten und versöhnliche Töne zu wählen.

Doch diese fuhr unbeirrt fort. Als sie sich auch über die Warnung vor einer Sitzungsunterbrechung hinwegsetzte, drehte Aigner ihr das Mikrofon ab. Später konnte Ebner-Steiner ihre Rede beenden. Seither werfen sich AfD und Aigner gegenseitig vor, für den Eklat verantwortlich zu sein, im Netz wird kontrovers diskutiert. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Durfte Aigner der AfD-Fraktionsvorsitzenden das Mikrofon abdrehen?

Die Schlussworte vor der Sommerpause waren kein offizieller Tagesordnungspunkt der Plenardebatte. Die Geschäftsordnung des Landtags regelt weder, wer Schlussworte halten darf, noch wie sie gestaltet sein sollen. Aigner sagte dazu im Plenum: "Es gibt keine geschriebene Regel in der Geschäftsordnung, sondern es gibt Traditionen und Gepflogenheiten."

Im BR24-Interview betonte Aigner, in manchen Fällen müsse sie als Hausherrin einem Redner oder einer Rednerin das Wort entziehen. "Nämlich dann, wenn die Rednerin in diesem Fall den Ermahnungen der Sitzungsleitung nicht Folge leistet." Ebner-Steiner habe sich viermal über Ermahnungen hinweggesetzt. "Deshalb war es an der Zeit, hier auch das Mikro abzustellen."

Die Geschäftsordnung des Landtags sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, einem Redner das Wort zu entziehen – zum Beispiel bei Überschreitung der Redezeit oder bei "Störung der Ordnung" (nach zweimaligem Ordnungsruf).

Warum hat Ebner-Steiner ihre Rede doch noch gehalten?

Normalerweise halten die Landtagspräsidentin, ein Vertreter der größten Oppositionsfraktion und der Ministerpräsident die Schlussworte – verbindliche Vorgaben gibt es dafür nicht (s.o.).

Eine Anlage zur Geschäftsordnung des Landtags sieht aber vor, dass nach einer Rede des Ministerpräsidenten der oder die Vorsitzende der stärksten Oppositionsfraktion das Wort ergreifen kann. Darauf berief sich die AfD mit einem Antrag, sodass Ebner-Steiner erneut ans Rednerpult kommen konnte. Dort hielt sie dann den Rest ihrer vorbereiteten Rede.

Hat Ebner-Steiner Landtagspräsidentin Aigner gedroht?

Auf Aigners Hinweis, bisher habe sich bei den Schlussworten jeder an Gepflogenheiten gehalten, erwiderte Ebner-Steiner: "Frau Präsidentin, Sie werden sich auch an neue Gepflogenheiten gewöhnen müssen." Es werde nicht mehr lange dauern, "bis die AfD an der Macht ist, und dann werden die Regeln eingehalten".

Selbst wenn man annehmen würde, Ebner-Steiner wollte Aigner damit einschüchtern, handelt es sich nicht um eine Drohung im strafrechtlichen Sinn. Ebner-Steiner hat Aigner nicht, wie vom Gesetz verlangt, mit zum Beispiel körperlicher Gewalt gedroht, sondern eine Aussage über mögliche zukünftige politische Machtverhältnisse getroffen.

Wird die AfD im Landtag anders behandelt?

Ja. Vor allem bei Posten: Die AfD stellt keinen Ausschuss-Vorsitzenden, keinen Vizepräsidenten, kein Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium. Laut Geschäftsordnung hätte sie zwar Anspruch darauf. Aber ihre Kandidaten werden von den anderen nicht gewählt. Rechtlich ist das in Ordnung, weil Abgeordnete nicht zur Wahl gezwungen werden können. Oft ist die AfD isoliert: Niemand will mit ihr kooperieren, etwa gemeinsam Anträge einbringen.

Im laufenden Betrieb aber hat sie dieselben Rechte wie die anderen Fraktionen: Sie kann Anträge einbringen, ihre Redezeiten richten sich nach der Fraktionsgröße. So standen beispielsweise der AfD-Fraktion am Donnerstagvormittag im Plenum 22 Minuten zu, der CSU als stärkster Fraktion 32 Minuten, der SPD als kleinster Fraktion 19 Minuten.

Müssen die Schlussworte versöhnlich sein?

Eine Regel gibt es nicht. Aber eine Tradition, "Gepflogenheiten" laut Ilse Aigner. Seit Jahrzehnten sprechen Landtagspräsident, Oppositionsführer und Ministerpräsident vor Sommer- und Weihnachtspause des Plenums versöhnliche, oft launige Worte. Um die Jahrtausendwende hießen sie noch "Ferienwünsche". Mancher Redner gab Buch- und Spieletipps. Edmund Stoiber (CSU) erntete breite Zustimmung, als er 2000 die ständige Erreichbarkeit durchs Handy beklagte. Oft verzeichnen die Protokolle "allgemeinen Beifall".

Astrein überparteilich waren die Schlussworte nicht immer: Der Sozialdemokrat Franz Maget warf der CSU 2008 vor, ihre Politik "selbstgerecht durchexerziert" zu haben, Katharina Schulze (Grüne) grenzte sich 2023 von der AfD ab, Markus Söder brachte jetzt die CSU-Forderung nach der Mütterrente in seinem Ministerpräsidenten-Schlusswort unter. Alles kein Vergleich zu dem, was Ebner-Steiner sagte.

Will Aigner das Rederecht der AfD beschneiden?

In sozialen Netzwerken kursiert die Befürchtung, Aigner wolle im Herbst das Rederecht der AfD einschränken. Das stimmt nicht. Im normalen parlamentarischen Betrieb sind Redezeiten aller Fraktionen im Verhältnis zu ihrer Stärke auf die Minute genau geregelt. An diesem Rederecht soll sich nichts ändern. Aigner kündigte lediglich Gespräche darüber an, "ob oder wie" es mit der Tradition der Schlussworte weitergeht.

Im Video: Interview mit Landtagspräsidentin Aigner

Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU)
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Ilse Aigner zum AfD-Eklat vor der Sommerpause

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